Weitere Auszeichnung für Neutrinoforscher
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der RWTH Aachen astronews.com
12. November 2015
Für Neutrinoforscher ist 2015 ein wahrhaft ausgezeichnetes
Jahr: Nach dem Physik-Nobelpreis, der für die Lösung des Neutrinoproblems
verliehen wurde, erhielten jetzt auch fünf internationale Gruppen aus
Neutrinoforschern mit
dem angesehenen Breakthrough Prize for Fundamental Physics eine
hochdotierte Auszeichnung. Darüber freuen sich unter anderem auch
Wissenschaftler aus Aachen.

Eines der jetzt ausgezeichneten Experimente:
Das Sudbury Neutrino Observatory in Kanada.
Bild: SNO Collaboration [Großansicht] |
Nachdem zwei Wissenschaftler für die Erforschung von Neutrinos mit dem
Physik-Nobelpreis 2015 ausgezeichnet wurden, geht nun ein weiterer hochdotierter
Wissenschaftspreis in die Neutrinophysik. Der relativ neue, aber dennoch schon
renommierte "Breakthrough Prize for Fundamental Physics" wurde für die
bahnbrechende Entdeckung der Neutrino-Oszillationen verliehen, die das
Standardmodell der Teilchenphysik revolutionieren könnten.
Der mit drei Millionen US-Dollar dotierte Preis geht zu gleichen Teilen an fünf
internationale Forschergruppen: Daya Bay (China), KamLAND (Japan); K2K/T2K
(Japan), Sudbury Neutrino Observatory (Kanada) und Super-Kamiokande (Japan). Zu
den fünf Teams gehören insgesamt mehr als 1.300 Wissenschaftler, darunter auch
sieben Forscher des III. Physikalische Institut der RWTH Aachen, die am
T2K-Experiment beteiligt sind.
Der Preis wurde im Rahmen einer Gala im NASA Ames Research Center im
kalifornischen Moffett Field an die Leiter der einzelnen Forschergruppen
übergeben. Die Stifter des Breakthrough-Preises sind neben anderen der
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der Internet-Unternehmer Yuri Milner sowie
Alibaba-Chef Jack Ma.
Neutrinos sind Elementarteilchen, die nur mit hohem Aufwand nachgewiesen werden
können. Im T2K-Experiment nutzt man hierfür beispielsweise einen Detektor, der
mit 50.000 Tonnen hochreinem Wasser gefüllt ist. Dieser Detektor, genannt Super-Kamiokande,
befindet sich in der japanischen Provinz Kamioka tief unter der Erdoberfläche in
einem Bergwerk, um vor Störungen durch die kosmische Höhenstrahlung geschützt zu
sein.
Man weist damit Neutrinos nach, die an einem Beschleuniger im Forschungszentrum
J-PARC an der japanischen Ostküste erzeugt wurden. Der Neutrinostrahl wird über
eine Entfernung von rund 300 Kilometern quer durch Japan zum Super-Kamiokande
geschickt. Auf dem Weg wandelt sich ein Teil der ausgesandten Myon-Neutrinos in
andere Neutrino-Arten um, was man als Neutrino-Oszillation bezeichnet. Vorher
wird der ausgesandte Strahl mit Hilfe eines Nah-Detektors untersucht und
vermessen.
Im Forschungszentrum J-PARC waren die Aachener Wissenschaftler unter Leitung von
Privatdozent Dr. Stefan Roth am Aufbau des Nahdetektors beteiligt und tragen nun
zu seinem Betrieb bei. Er besitzt drei große Driftkammern, die Teilchenspuren
aufzeichnen und rekonstruieren können. Roth baute mit seiner Gruppe unter
anderem ein System zur kontinuierlichen Kalibration dieser Kammern auf. Das
System ist in Japan installiert, wird aber von Aachen aus betrieben. An der RWTH
werden die Daten ausgewertet und in eine Datenbank in Japan übertragen.
Auch die Analyse der Neutrino-Wechselwirkungen innerhalb des Nahdetektors ist
ein wichtiges Thema, mit dem sich die Aachener Teilchenphysiker befassen. "Nach
dem Nobelpreis für die Neutrino-Oszillationen zeigt diese weitere Würdigung, wie
bedeutsam diese Ergebnisse für die Physik insgesamt sind", kommentiert Roth den
Breakthrough-Preis. "Wir sind jetzt hoch motiviert für die anstehenden
Messprogramme in den nächsten Jahren."
Die Entdeckung der Neutrino-Oszillationen zeigt nämlich den Weg zu einem
weiteren wichtigen Projekt der Neutrinophysik auf, der Untersuchung der
Materie-Antimaterie-Symmetrie im Universum. Seit kurzem untersucht T2K daher
auch die Oszillation von Anti-Neutrinos. Sollten sich hier Unterschiede zu den
Neutrinos zeigen, wäre dies eine mögliche Antwort auf die Frage, wieso das
Universum nur aus Materie und nicht aus Antimaterie besteht.
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