Lücken nicht immer Hinweis auf Planet
von Stefan Deiters astronews.com
5. November 2015
In Scheiben aus Gas und Staub um junge, gerade entstandene
Sterne lassen sich hin und wieder dunkle Lücken beobachten. Diese könnten, so
der Verdacht der Astronomen, auf einen bislang unentdeckten Planeten hindeuten,
der sich in der Scheibe gebildet hat. Eine neue Studie zeigt nun, dass die
Lücken aber auch eine Art optische Täuschung sein können.
Deuten Lücken in Staubscheiben um junge
Sterne (hier eine künstlerische Darstellung)
wirklich auf Planeten hin?
Bild: NASA / JPL-Caltech / T. Pyle (SSC) [Großansicht] |
"Wenn wir kein von der Scheibe gestreutes Licht sehen können, muss das
nicht unbedingt bedeuten, dass dort tatsächlich nichts ist", fasst Til Birnstiel
vom Max-Planck-Institut für Astronomie die Ergebnisse der Studie zusammen, die
er gemeinsam mit Kollegen in seiner Zeit am Harvard-Smithsonian-Center for
Astrophysics durchgeführt hat. Die Astronomen interessierten sich dabei für
Scheiben, die bei Beobachtungen im sichtbaren Bereich des Lichts und im nahen
Infrarot zu sehen sind.
Dabei sieht man das Licht, das von Staubpartikeln in der Scheibe gestreut wird
und nicht etwa die Strahlung, die von den Staubpartikeln der Scheibe selbst
abgegeben wird. Diese ist etwa bei Beobachtungen im Radiobereich zu
sehen. Für die Streuung des Lichts sind winzige Partikel der Größe
verantwortlich, wie sie sich beispielsweise auch im Zigarettenrauch befinden.
Diese Partikel sind anfangs überall verteilt, können sich aber im Laufe der
Zeit verändern.
So ist es etwa möglich, dass kleine Teilchen verklumpen und daraus schließlich
größere Objekte und letztlich sogar Planeten entstehen. Allerdings müssen
Partikel bei einer Kollision nicht unbedingt zusammenkleben, sondern können auch
wieder auseinanderbrechen. Außerdem kommt es auch vor, dass Partikel innerhalb
der Scheibe wandern - etwa in
Bereiche, die weiter vom Zentralstern entfernt sind oder näher an ihn
heran. Genau diese Prozesse hat das Team um Birnstiel nun auf einem
Supercomputer simuliert.
"Wachstum, Wanderung und Zerstörung können alle deutlich beobachtbare Effekte
haben", so Sean Andrews vom Harvard-Smithsonian-Center for Astrophysics.
"Insbesondere können diese Prozesse eine sichtbare Lücke entstehen lassen, auch wenn größere
Partikel noch weiter vorhanden sind - einfach dadurch, dass die kleineren
Partikel, die Licht streuen, verschwinden."
"Wenn man einen Stein in die Luft wirft, wird dadurch meine Sicht nicht
behindert", vergleicht Birnstiel. "Wenn ich aber eine Handvoll Staub in die Luft
werfe, ist das anders. Ganz Ähnliches passiert in der Scheibe, wenn die kleinen
Partikel in einigen Bereichen größer werden und unseren Blick nicht mehr
behindern. Diese Regionen erscheinen dann leer."
Um nun herauszufinden, ob in einer bei Beobachtungen im optischen Bereich
des Lichts oder im nahen Infrarot sichtbaren Lücke tatsächlich kein Material mehr
vorhanden ist oder ob sich dort in Wirklichkeit nur größere Partikel befinden, muss man
Beobachtungen in längeren Wellenlängenbereichen machen, in denen die Strahlung
der größeren Partikel messbar ist.
Das Team will
daher mit dem Radioteleskopverbund ALMA Beobachtungen des jungen
Sterns TW Hydra durchführen, in dessen Staubscheibe man eine solche Lücke
beobachtet hat (astronews.com berichtete). Sollte sich dabei herausstellen, dass sich in der Lücke größere
Partikel befinden, dürfte dies eher gegen einen Planeten sprechen. Wenn die
Lücke allerdings tatsächlich leer ist, wäre das ein deutlich stärkerer Hinweis
auf einen bislang unentdeckten Planeten.
Über ihre Untersuchungen berichteten die Astronomen jetzt in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal Letters.
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