Sonde bestätigt fließendes Salzwasser
von Stefan Deiters astronews.com
29. September 2015
Auf dem Mars gibt es tatsächlich saisonal auftretendes
Salzwasser, das an optimal zur Sonne ausgerichteten Abhängen in Erscheinung
tritt und dort für dunkle Fließspuren sorgt. Über die Herkunft dieser Spuren,
die erstmals vor fünf Jahren entdeckt worden waren, hatte man lange Zeit gerätselt. Die
entscheidenden Daten lieferte nun ein Spektrometer an Bord der Sonde Mars
Reconnaissance Orbiter.

So stellen sich die Wissenschaftler die
Region vor, in der es saisonal zu fließendem
Salzwasser an den Hängen kommen kann. Die Ansicht
beruht auf Beobachtungen aus dem Orbit und einem
Geländemodell der entsprechenden Region.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Univ. of
Arizona [Großansicht] |
Am Donnerstag der vergangenen Woche kündigte die NASA für gestern Abend eine
Pressekonferenz an, auf der man ein "Geheimnis des Roten Planeten Mars für
gelüftet erklären" wollte. Die Formulierung und das Fehlen von Hinweisen,
um welches Geheimnis es sich wohl handeln könnte, führte im Vorfeld der
Pressekonferenz zu zahlreichen Spekulationen.
Die Ergebnisse, die nun gestern im
NASA-Hauptquartier in Washington vorgestellt wurden, sind in der Tat alles andere als
uninteressant - nur wohl nicht die Lösung eines wirklich spektakulären "Marsgeheimnisses",
auf die viele
gehofft hatten. Immerhin konnte man aber zeigen, dass auf dem Roten Planeten
unter gewissen Umständen tatsächlich noch fließendes Wasser existiert.
Es geht dabei um dunkle, linienförmige Strukturen, die man in verschiedenen
Regionen an optimal zur Sonne ausgerichteten Hängen jeweils im Frühjahr und im Sommer
ausgemacht hatte, die dann aber im Winter nicht mehr zu sehen waren. Erstmals
war im Jahr 2011 darüber berichtet worden, in den folgenden Jahren fand man dann weitere
Strukturen dieser Art (astronews.com berichtete). Möglich wurde diese
Entdeckung erst durch die Langlebigkeit der NASA-Marssonden im Orbit. Nur
dadurch kann es nämlich gelingen, solche sich jahreszeitlich verändernden Phänomene
überhaupt aufzuspüren.
Schon damals hatten die Wissenschaftler für die Linienstrukturen eine bevorzugte
Erklärung parat: Ursache für die Linien war Salzwasser, das hier den Hang
hinunterfließt, wenn die Temperatur ansteigt. Sie sind an Stellen zu sehen, wo
die Temperatur an warmen Tagen über minus 23 Grad liegt. Wasser mit einem hohen Salzgehalt
würde nicht so schnell frieren und verdampfen und könnte daher an den Hängen
auch längere Strecken zurücklegen. Allerdings fehlte für diese These bislang ein
konkreter Beweis.
Und genau diesen hat nun die Sonde Mars Reconnaissance Orbiter dank
ihres Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars geliefert -
und somit das "Geheimnis" um die dunklen Linien an den Marshängen gelöst: Man
entdeckte an mehreren Stellen die spektralen Signaturen von Salzen in
diesen Strukturen. "Wir haben diese hydratisierten Salze nur sehen können,
als die saisonalen Strukturen am ausgeprägtesten waren", so Lujendra Ojha
vom Georgia Institute of Technology in Atlanta. "Das deutet darauf hin, dass
entweder die dunklen Streifen selbst oder aber der Prozess, der sie entstehen
lässt, dafür verantwortlich ist. In jedem Fall zeigt die Entdeckung, dass Wasser
offenbar eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Streifen spielt."
Mit dieser Entdeckung scheint somit geklärt, dass es auf dem Mars unter gewissen
Bedingungen auch heute noch fließendes Wasser gibt - allerdings handelt es sich
dabei um fließendes Salzwasser. Bei den nachgewiesenen Salzen handelt es sich um
sogenannte Perchlorate. Sie können den Gefrierpunkt von Wasser bis auf minus 70
Grad Celsius absenken.
"Wenn die meisten Menschen über Wasser auf dem Mars sprechen, meinen sie in der
Regel urzeitliches Wasser oder gefrorenes Wasser", so Ojha. "Jetzt wissen wir,
dass die Geschichte komplexer ist. Dies ist der erste spektrale Beweis dafür,
dass diese dunklen Linien durch fließendes Wasser entstanden sind." Unklar ist
allerdings noch, woher das Wasser stammt, das hier in jedem Frühjahr erneut
wieder an die Oberfläche gelangt - vielleicht ein Thema für die nächste
Pressemitteilung der NASA in Sachen Mars.
Über ihre Beobachtungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
gestern in der Zeitschrift Nature Geoscience erschienen ist.
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