Zu viel Wasser ist schlecht für Leben
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
28. August 2015
Wasser gilt für die Existenz von Leben - zumindest für Leben,
wie wir es kennen - als unerlässliche Grundlage. Planeten in einer habitablen
Zone um einen Stern, die von einem tiefen Ozean dominiert werden, sollten damit
eigentlich ideale Voraussetzungen für Leben bieten. Ein neue Studie zeigt jedoch
nun, dass dies nicht der Fall sein muss: Zu viel Wasser könnte schlecht für
Leben sein.

Künstlerische Darstellung des vermutlich von
Ozeanen bedeckten Exoplaneten Kepler-69c.
Bild: NASA/Ames//JPL-Caltech [Großansicht] |
Ozeanplaneten sind eine spezielle Klasse von Planeten, welche sich dadurch
auszeichnen, dass sie - im Gegensatz zur Erde - von einem tiefen globalen Ozean
dominiert sind. Sie kommen in unserem Sonnensystem zwar nicht vor, ihre Existenz
wird aber in extrasolaren Planetensystemen vermutet. Ein Team des Berner
Center for Space and Habitability (CSH) um Daniel Kitzmann hat nun zusammen
mit Kolleginnen und Kollegen vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
in Berlin solche Ozeanplaneten auf ihre Lebensfreundlichkeit untersucht – und
kam zum Schluss, dass diese geringer ist, als bislang vermutet.
"Die sogenannte habitable Zone ist der Bereich um einen Stern, in der ein
erdähnlicher Planet über einen längeren Zeitraum flüssiges Wasser auf der
Oberfläche besitzen kann", erläutert Kitzmann. "Auf den ersten Blick bieten
Ozeanplaneten also sehr lebensfreundliche Bedingungen, da ihre Oberfläche
jeweils vollständig mit Wasser bedeckt ist." Das Vorhandensein von flüssigem
Wasser sei nämlich eine zentrale Voraussetzung für die Entstehung und
Entwicklung von Leben, wie wir es kennen. Allerdings hat diese große Wassermenge
auch einen stark negativen Einfluss auf das Klima eines Ozeanplaneten, wie die
Wissenschaftler feststellen mussten.
Bedeckt viel Wasser den Planeten, steigt nämlich der Druck am Grund des Ozeans
so stark an, dass das Wasser dort in Form von exotischem Hochdruckeis
(sogenanntem Eis VII und Eis VI) vorkommt. Es hat eine derart hohe Dichte, dass
es sich auf dem Meeresboden ablagert. Dort bildet es eine Barriere zwischen dem
Gestein auf dem Meeresgrund und dem Wasser darüber - und unterbindet so den
Austausch von Kohlendioxid (CO2) zwischen dem planetaren
Gesteinsmantel und dem Ozean.
Der atmosphärische Gehalt von CO2 übt einen großen Einfluss auf die
Oberflächentemperatur eines Planeten aus und ist somit ein entscheidender Faktor
für dessen Lebensfreundlichkeit, so Kitzmann. In ihrer Studie konzentrierten
sich die Wissenschaftler daher auf den Austausch von CO2 zwischen dem
Ozean und der Atmosphäre.
Im Gegensatz zum gesteinsbasierten sogenannten Carbonat-Silikat-Zyklus, der auf
der Erde den CO2-Gehalt der Atmosphäre reguliert und das Klima
langfristig stabilisiert, hat der rein wasserbasierte CO2-Zyklus auf
einem Ozeanplaneten einen destabilisierenden Einfluss.
Der wasserbasierte CO2-Zyklus ist wesentlich bestimmt durch die
Löslichkeit von CO2 im Wasser, das heißt durch die Aufnahme oder
Abgabe von atmosphärischem CO2 durch den Ozean. Dieser Prozess ist
stark temperaturabhängig: Bei einer Abkühlung der Atmosphäre und des Ozeans -
etwa aufgrund einer Verringerung der Sonnenaktivität - nimmt das Wasser
wesentlich mehr CO2 auf und entzieht der Atmosphäre damit dieses
wichtige Treibhausgas, was sie wiederum weiter abkühlen lässt.
Erwärmen sich die Atmosphäre und der Ozean hingegen, wird zunehmend das im Ozean
gebundene CO2 freigesetzt. Das verstärkt den atmosphärischen
Treibhauseffekt und damit die Erwärmung. Dieser destabilisierende CO2-Zyklus
führt laut Kitzmann zu einer wesentlich kleineren habitablen Zone als
ursprünglich vermutet.
Obwohl ein Ozeanplanet also im Prinzip das für Leben benötigte Wasser in großen
Mengen zur Verfügung habe, so der Forscher, führe gerade dieses dazu, dass die
Wahrscheinlichkeit, dort Leben zu finden, kleiner sei als für erdähnliche
Planeten. "Zusammengefasst kann man sagen: Zu viel Wasser ist schlecht fürs
Leben."
Über ihre Ergebnisse berichteten die Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society .
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