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Während das Philae-Team noch immer hofft, bald wieder eine stabile Verbindung zu ihrem Kometenlander herstellen zu können, präsentierten Wissenschaftler jetzt die Ergebnisse von Auswertungen der Messungen, die Philae im November auf dem Rosetta-Kometen gemacht hat. Dabei gab es durchaus Überraschungen: So war die Oberfläche äußerst hart und man könnte Lebensbausteine gefunden haben.
Bereits während des langsamen Abstiegs des Landers Philae am 12. November 2014 zum Kometen 67P/Churymov-Gerasimenko starteten die ersten Instrumente an Bord mit Messungen. Drei Mal setzte Philae im Laufe der spektakulären ersten Landung auf einem Kometen auf, streifte noch einen Kraterrand und kam schließlich um 18.31 Uhr MEZ am ungeplanten Landeplatz Abydos zur Ruhe. "Wir hätten es wohl nie gewagt, eine Landung in einem so rauen Gelände wie Abydos zu versuchen", so Philae-Projektleiter Dr. Stephan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Doch so konnten die Instrumente an zwei unterschiedlichen Stellen des Kometen messen. Und was Philae seinen Wissenschaftlern am Boden mit den ersten jemals auf einer Kometenoberfläche erfassten Daten mitteilte, bestätigte zum Teil das bisherige Bild von Kometen - zum Teil ließ er die Wissenschaftler aber auch staunen: Eine Oberfläche, die mit grobem Material bedeckt ist, ein überraschend harter Untergrund, der es der Hammersonde MUPUS schwer machte, und Moleküle, wie man sie bisher noch nicht in der Umgebung von Kometen festgestellt hatte. "Die Experimente direkt vor Ort haben zu neuen, zum Teil unerwarteten Einsichten in die Natur des Kometen geführt", fasst DLR-Planetenforscher Dr. Ekkehard Kührt, der den wissenschaftlichen DLR-Anteil an der Mission betreut, zusammen. "Manches lässt sich eben nur messen, wenn man ganz nah dran ist."
Den ersten - und besten - Ausblick auf Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko hatte die Kamera ROLIS (Rosetta Lander Imaging System), die an der Unterseite des Landers Philae montiert ist, und bereits im Landeanflug alle zehn Sekunden ein Bild der Kometenoberfläche aufnahm. "Niemals zuvor wurde eine kometare Oberfläche in einer so hohen Auflösung von bis zu einem Zentimeter pro Bildpunkt aufgenommen", erklärt Dr. Stefano Mottola vom DLR-Institut für Planetenforschung, der wissenschaftliche Leiter der ROLIS-Kamera. Die Kamera blickte am ersten Landeplatz Agilkia dabei nicht auf die erwarteten Staub-Ablagerungen, sondern vielmehr auf eine Oberfläche mit grobem Schutt, Kies und Felsen mit Abmessungen von einigen Zentimetern bis zu fünf Metern. Die Regolith-Partikel der Kometenoberfläche sind dunkel und absorbieren in einem hohen Maß das Licht. Zudem ist die Verteilung der Partikel-Größen auf dem Kometen identisch mit der Verteilung der vom Kometen ins All geschleuderten Partikel. "Es gibt also einen wechselseitigen Austausch von Partikeln zwischen Oberfläche und Koma, das heißt der Gas- und Staubhülle des Kometen", so Mottola. An Hindernissen wie dem Fünf-Meter-Brocken nahe Agilkia bilden sich zudem kleine "Wind tails", das sind Anhäufungen, die der Wind nicht abgetragen hat - vergleichbar mit Formationen auf dem Mars. "Auf Churyumov-Gerasimenko geschieht dies allerdings überraschenderweise ohne Wind und Atmosphäre - es muss ein anderer Mechanismus dafür verantwortlich sein." Eine Ursache für diese "Wind tails" auf dem Kometen sind höchstwahrscheinlich Staub und gröbere Teilchen, die bei den Gas-Ausstößen des Kometen mitgerissen werden, in größerer Entfernung wieder zurückfallen und wie ein "Partikel-Hagel" die Oberfläche abschleifen - es sei denn, es besteht ein Schutz beispielsweise hinter größeren Brocken. Dies berechneten die DLR-Planetenforscher mit Computermodellen. "Die Beobachtungen mit der ROLIS-Kamera deuten darauf hin, dass es auf Kometen großflächige Bewegungen des Materials gibt, die durch die Kometen-Aktivitäten ausgelöst werden." Auch die vergeblichen Versuche der Hammersonde des Experiments MUPUS (Multi-Purpose Sensors for Surface and Sub-Surface Science), sich in den Kometenboden zu hämmern, ergeben für die Wissenschaftler wertvolle Daten: "Wir sind auf eine deutlich härtere Oberfläche gestoßen, als wir uns vorgestellt haben", sagt Prof. Tilman Spohn, Planetenforscher am DLR und wissenschaftlicher Leiter des MUPUS-Teams. Unter einer vermutlich wenige Zentimeter dünnen Staubschicht stieß die Sonde auf poröses, aber dennoch festes Eis. "Ähnlich wie Firn auf der Erde, also wie alter, fester Schnee, der verdampft und wieder gefroren wurde." Bei diesen Sinterprozessen "verbacken" zuvor lockere Bestandteile miteinander. Vergleichbar ist das Material auch mit Glasschäumen, die in der Bau-Industrie zum Dämmen verwendet werden. "Vielleicht kann man es als die größte Überraschung des Kometen bezeichnen, dass Abydos einen so harten Boden hat", so Spohn. "Die gemessenen vier Megapascal sind der höchste Wert, der je für Kometen gemessen wurde." Die Temperaturmessungen, die MUPUS vorgenommen hat, liegen zwischen minus 180 und minus 140 Grad Celsius - und bestätigen die Erwartungen. "Wir sind ja auch in einer dunklen, kalten Ecke gelandet." Die Wärmeleitfähigkeit des Bodens, das heißt das Vermögen, Wärmeenergie durch das Material zu leiten, scheint etwas höher zu sein als vermutet - liegt aber im Rahmen dessen, was die Wissenschaftler von Kometen und Asteroiden erwarten. Abydos könnte eventuell eine etwas staubigere oder porösere Oberfläche haben als der übrige Komet. Die erstaunliche Festigkeit des Kometen bestätigt auch das Team des Lander-Kontrollzentrums des DLR in Köln. "Man kann diese Festigkeit der Oberfläche nicht aus der Ferne messen, sondern muss tatsächlich vor Ort sein", sagt Dr. Jens Biele vom DLR-Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC). Vor der Landung auf Churyumov-Gerasimenko war unter den Kometenforschern die fast einhellige Meinung, der Lander würde auf recht weichen Kometenboden treffen. "Stattdessen sind wir mehrfach abgeprallt, nachdem die Harpunen des Landers nicht auslösten, um den Lander im Boden zu verankern", so Biele. Mit den Daten des Landers und den Daten der bereits im Flug aktiven Instrumente rekonstruierte ein Team um Biele den Weg, den Philae nach dem ersten Abprallen genommen hat sowie die Festigkeit des ersten Landeplatzes. Zum Verständnis der Entstehung von Kometen lieferte auch ROMAP (Rosetta Lander Magnetometer and Plasma Monitor) wichtige Daten: Das Instrument registrierte bereits während des Abstiegs auf den Kometen, dass dieser kein eigenes, messbares Magnetfeld besitzt. "Das bestätigt uns, dass bei der Bildung von Kometen aus dem solaren Nebel die vorhandenen Magnetfelder nicht stark genug waren, um die einzelnen Staubteilchen magnetisch auszurichten und im Kometenmaterial eine dauerhafte Magnetisierung zu erzeugen", erklärt Kührt. "Keine überraschende, aber eine wichtige Erkenntnis für die Entstehungsmodelle." Das Instrument COSAC (Cometary Sampling and Composition) hat in die Vergangenheit des Sonnensystems "hineingeschnüffelt". Eventuell könnten sogar kleine Staubteilchen in die an der Bodenplatte des Landers installierten Rohre gelangt sein und dort ausgegast haben. Insgesamt 16 organische Molekülarten spürte COSAC auf - darunter vier, die noch nie zuvor in Kometen festgestellt wurden. "Einige davon sind präbiotische Moleküle, also Bestandteile, die eine Rolle bei der Entstehung von Leben spielen", so Ulamec, der auch Mitglied im COSAC-Team ist. "Das Datenmaterial bietet einen klaren Hinweis darauf, dass die gefundenen Moleküle kleinere Fragmente von im Boden enthaltenen Aminosäuren sein dürften", ist sich Professor Wolfram Thiemann von der Universität Bremen sicher, der auch zum COSAC-Team gehört. Aminosäuren sind entscheidende Bausteine der Proteine oder der Eiweiße, die wiederum Grundbausteine aller Zellen und damit Ursprung allen uns bekannten Lebens sind. Allerdings würden die vorliegenden Daten noch nicht ausreichen, um diese "lebensstiftende" Materie außerhalb der Erde zweifelsfrei nachzuweisen, unterstreichen die Wissenschaftler. Sie hoffen nun, dass COSAC weitere Bodenproben auch aus tieferen Schichten entnehmen und dann weitere Daten darüber senden wird. Neben der ROLIS-Kamera war zudem mit CIVA (Comet Infrared and Visible Analyzer) ein Panorama-Kamerasystem im Einsatz, das die direkte Umgebung von Philae an seinem eher ungemütlichen Landeplatz abbildete. Der "Rundumblick" von CIVA sieht unter anderem auf die Risse in der Kometenwand, an der der Lander nun steht. Dabei zeigt das Kometenmaterial eine komplexe Struktur und unterschiedliche Korngrößen. Erkennbar sind auch weiße Flecken, die auf eine unterschiedliche Zusammensetzung hinweisen. Der Verlauf der Landung und die Messungen der verschiedenen Instrumente werden nicht nur die Vorstellung der Forscher von Kometen verändern und auf den neuesten Stand bringen, sondern auch bei der Planung zukünftiger Missionen helfen. "Wir haben auf jeden Fall eines mit dieser ersten Kometenlandung gelernt: Das Abprallen ist ein größeres Problem als das mögliche Versinken im Boden", fasst Ulamec zusammen. Über die Ergebnisse der Auswertung der Philae-Daten wird in einer heute erscheinenden Sonderausgabe der Zeitschrift Science berichtet.
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