Verwandt mit den ältesten Meteoriten?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
30. Juli 2015
Dank eines glücklichen Zufalls konnten Wissenschaftler
interessante Daten über die Zusammensetzung der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
sammeln. Sie nutzten dazu das Massenspektrometer ROSINA an Bord der Sonde Rosetta. Die Werte deuten auf eine Verwandtschaft des
Rosetta-Kometen mit den ältesten bekannten Meteoriten unseres Sonnensystems
hin.

Die Sonde Rosetta mit dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
im Hintergrund. Das Bild, von der Kamera des
Landers Philae gemacht, entstand am 7. Oktober
2014. Der Komet war rund 16 Kilometer von Rosetta
entfernt.
Bild: ESA / Rosetta / Philae / CIVA
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Es war ein glücklicher Zufall, doch genau darauf kommt es in der Forschung
manchmal an: Eigentlich erfassen die beiden Massenspektrometer des
Instruments ROSINA auf der Kometensonde Rosetta ausschließlich
flüchtige Elemente aus der Gashülle des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko.
Unerwartet tauchten bei den Ergebnissen aber auch feste Elemente wie Natrium
auf, die nicht aus der Hülle stammten konnten.
Das ROSINA-Team um Peter Wurz vom Physikalischen Institut und Center for
Space and Habitability (CSH) der Universität Bern vermutete, dass sie von
der Kometenoberfläche stammen und vom Sonnenwind, einem Strom von geladenen
Teilchen der Sonne, praktisch herausgeschlagen wurden und erst dadurch von
ROSINA entdeckt werden konnten.
Um diesen Verdacht zu bestätigen, gingen die Wissenschaftler auf die Suche
nach weiteren festen Elementen, als sich Rosetta in einer Entfernung
von nur zehn Kilometern zum Kometen befand – und wurden tatsächlich fündig.
Damit konnte erstmals belegt werden, dass der Sonnenwind die Oberfläche des
Kometen erreicht und dort Atome herauslöst.
Im Gegensatz dazu kann die Erdoberfläche vom Sonnenwind nicht "beschossen"
werden: Die Erdatmosphäre und das Magnetfeld der Erde schirmen sie von den
geladenen Teilchen ab. Diese werden höchstens am Himmel sichtbar, etwa als
Polarlicht. Auch auf die Kometenoberfläche wirkt der Sonnenwind nur noch kurz
ein: Je näher der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko der Sonne kommt, desto mehr
verdampft von seinem Eis und umso stärker wird seine Ausgasung. Diese wird den
Sonnenwind abbremsen und ablenken, so dass er nicht mehr auf die Oberfläche
gelangt.
Die von ROSINA vorgenommenen Messungen von Elementen aus der Oberfläche wären
zu einem späteren Zeitpunkt also nicht mehr möglich gewesen. Die internationale
Forschergruppe hat nun dieses Zeitfenster mit Einwirkung des Sonnenwinds genutzt
und erstmals Elemente aus der gesamten Kometenoberfläche bestimmt. Für die
Wissenschaftler ist dies ein großer Glücksfall: "Wir müssen immer mit solch
unerwarteten Ergebnissen rechnen, deshalb bleiben unsere Instrumente die ganze
Zeit über eingeschaltet", so Teammitglied Kathrin Altwegg, die
Projektverantwortliche von ROSINA.
Aufgefangen wurden die Oberflächen-Atome aus einer Entfernung von rund zehn
Kilometern. Dabei zeigte sich, dass auf der "Sommerseite" des Kometen, die zur
Zeit der Beobachtungen meistens von der Sonne beschienen wurde, die Ausgasung
von Wasser viel stärker ist als auf der "Winterseite", die größtenteils im
Schatten lag. Auf der Winterseite konnte somit der Sonnenwind ungehindert
auftreffen, weshalb von dieser Seite viel mehr dieser losgelösten
Oberflächen-Atome aufgefangen werden konnten.
Aus allen empfangenen Atomen konnten die Forschenden das durchschnittliche
Auftreten von Elementen auf der gesamten Kometenoberfläche bestimmen. So findet
sich dort Natrium, Silizium, Kalium, Kalzium und Magnesium - Elemente, die aus
der Meteoritenforschung gut bekannt sind. Die Häufigkeit dieser Atome vom
Kometen entsprechen dabei in etwa den Häufigkeiten in Chondriten, der ältesten
Klasse von Meteoriten. "Eine Verwandtschaft zwischen Chury und solchen
Meteoriten ist deshalb naheliegend", urteilt Wurz.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel in
der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics.
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