Eine nahe Brücke aus Dunkler Materie?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) astronews.com
14. Juli 2015
Die Satellitengalaxien der Andromedagalaxie sind in einer
flachen Scheibe angeordnet. Diese Entdeckung, die Astronomen vor zweieinhalb
Jahren machten, passt nicht zu den aktuellen Modellen über die Entwicklung von
Galaxien. Jetzt glauben Forscher aber eine Erklärung dafür gefunden zu haben: Für die
Verteilung könnte eine Brücke aus Dunkler Materie ganz in unserer Nähe
verantwortlich sein.

Die Bewegungsmuster von Zwerggalaxien
entlang von Brücken aus Dunkler Materie Richtung
des Virgo-Galaxienhaufens im Umkreis der
Milchstraße, Andromeda und Centaurus A.
Bild: Noam Libeskind / Leibniz-Institut für
Astrophysik Potsdam (AIP) [Großansicht] |
Mithilfe neuester Beobachtungsdaten haben Noam Libeskind vom Leibniz-Institut
für Astrophysik Potsdam (AIP) und sein Team eine genaue Karte der Bewegung naher
Galaxien in unserer kosmischen Nachbarschaft erstellt. Darin entdeckten sie eine
Brücke aus Dunkler Materie, die sich von der Lokalen Gruppe, unserem
Heimatgalaxienhaufen, bis hin zum Virgo-Galaxienhaufen erstreckt.
Die Karte zeigt auch, dass der Virgo-Galaxienhaufen, eine riesige Ansammlung von
fast 2.000 Galaxien in rund 50 Millionen Lichtjahren Entfernung, von gewaltigen,
galaxienlosen Hohlräumen umgeben ist. Beide Entdeckungen könnten helfen, das
rund 40 Jahre alte Problem der Verteilung von Zwerggalaxien zu lösen.
Zwerggalaxien umgeben scheinbar gleichmäßig verteilt größere Galaxien. Da sie
sehr leuchtschwach sind, ist es schwer sie zu beobachten, so dass sie bisher
fast ausschließlich in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft gefunden
wurden.
Betrachtet man jedoch die Bewegung der Zwerggalaxien in der Nähe unserer Milchstraße
und um unsere Nachbargalaxien Andromeda und Centaurus A ergibt sich ein
faszinierendes Bild: die Zwerggalaxien sind nicht gleichmäßig verteilt, sondern
zu einer riesigen, flachen, wahrscheinlich sogar rotierenden Scheibe verdichtet.
Solche Strukturen sind nicht ohne Weiteres mit Standardmodellen zur
Galaxienentwicklung erklärbar und stellen daher eine Herausforderung für die
gegenwärtige astronomische Forschung dar. Denkbar ist etwa, dass diese kleinen
Galaxien die Geometrie größerer Strukturen spiegeln.
"Zum ersten Mal konnten wir über Beobachtungsdaten nachweisen, dass sogenannte
'super highways' die Zwerggalaxien durch den gesamten kosmischen Raum über
Brücken aus Dunkler Materie leiten", erläutert Libeskind. Diese kosmischen
"Schnellstraßen" dienen den vorbeiziehenden Satelliten als Startrampe über die
sie Richtung Milchstraße, Andromeda oder Centaurus A geschossen werden.
"Es ist beeindruckend, wie sehr diese galaktischen Brücken die Zwerggalaxien
beeinflussen", fährt Libeskind fort. "Insbesondere, wenn man den
Größenunterschied bedenkt: die Scheibe, auf der die Zwerggalaxien sich sammeln
hat in etwa ein Prozent der Größe der galaktischen Brücke Richtung Virgo-Galaxienhaufen."
Über ihre Entdeckung berichten die Astronomen jetzt in einem Fachartikel, der in
der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erschienen ist.
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