Entfernte Galaxie mit ersten Sternen
von Stefan Deiters astronews.com
17. Juni 2015
Mithilfe des Very Large Telescope der ESO und
anderer Großteleskope haben Astronomen die bislang hellste Galaxie im jungen
Universum aufgespürt. Sie fanden zudem Hinweise darauf, dass sich in dieser
Galaxie Sterne der ersten Generation befinden. Diese Sonnen waren dafür
verantwortlich, dass im Universum
die ersten schweren Elemente entstanden.
So stellt sich ein Künstler die entfernte
helle Galaxie CR7 vor, in der Sterne der
Population III entdeckt wurden.
Bild: ESO / M. Kornmesser
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Über die erste Generation von Sternen konnten Astronomen bislang praktisch
nur theoretische Überlegungen anstellen. Sie bezeichnen diese ersten Sonnen, die
nach dem Urknall aufleuchteten, als Sterne der Population III. Sie müssen sich
ausschließlich aus dem Material gebildet haben, das direkt nach dem Urknall
vorhanden war - also aus Wasserstoff, Helium und Spuren von Lithium.
Schwerere Elemente, wie sie beispielsweise zur Entstehung von Planeten oder
auch Leben nötig sind, wurden erst im Inneren dieser ersten Sonnen und in
späteren Sternengenerationen gebildet. Sterne
der Milchstraße mit einem vergleichsweise hohen Anteil von schwereren Elementen
bezeichnen Astronomen als Sterne der Population I, Sterne im Halo oder Bulge der
Galaxie, mit einem niedrigen Anteil schwerer Elemente werden als Population II
bezeichnet.
Sterne der Population III müssen, so die Theorie der Wissenschaftler,
gewaltige Ausmaße erreicht haben und dürften die hundert- bis tausendfache Masse
unserer Sonne gehabt haben. Sie müssen extrem hell geleuchtet haben und bereits
nach rund zwei Millionen Jahren wieder als Supernova explodiert sein. Dabei
reicherten sie das Material in ihrer Umgebung mit den in ihrem Inneren
erzeugten schwereren Elementen an. Trotz dieser schlüssigen Theorie war es den
Astronomen aber bislang nicht gelungen, die Existenz dieser Sterne auch zu
beweisen.
Mit dem Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte ESO haben
David Sobral von der Universität Lissabon und der Sternwarte in Leiden nun ins
entfernte und damit junge Universum geblickt, um Galaxien zu untersuchen, die rund 800 Millionen
Jahre nach dem Urknall existierten. Sie konzentrierten sich dabei nicht auf
einen nur sehr kleinen Bereich am Himmel, sondern versuchten eine möglichst
umfassende Durchmusterung der entferntesten Galaxien vorzunehmen. Dabei setzten
sie auch auf Daten des Keck-Observatoriums, des Subaru-Teleskops und des
Weltraumteleskops Hubble.
Das Team entdeckte so eine Reihe überraschend heller und sehr junger
Galaxien. Eine davon, CR7 genannt, erwies sich dabei als ein ganz besonderes
Objekt: Es war die mit Abstand hellste Galaxie, die man bislang in dieser Epoche
des Universums beobachtet hatte - sie war drei Mal heller als andere bekannte
helle Galaxien in dieser Entfernung.
Doch damit nicht genug: Beobachtungen mit dem VLT zeigten eine starke Emission
von ionisiertem Helium in CR7, allerdings keine Hinweise auf irgendwelche
schwereren Elemente in einem sehr hellen Bereich der Galaxie. Nach Ansicht der
Astronomen ist dies ein starkes Indiz dafür, dass sie es hier mit einem Haufen
aus Sternen der Population III zu tun haben, die mit ihrer Strahlung das Gas der
Galaxie ionisiert haben.
"Diese Entdeckung übertraf unsere Erwartungen von Anfang an", so Sobral. "Wir
hatten nämlich nicht damit gerechnet, eine so helle Galaxie zu finden. Dann, als
wir die Eigenschaften von CR7 Stück für Stück enthüllten, wurde uns klar, dass
wir nicht nur die mit Abstand leuchtkräftigste entfernte Galaxie gefunden
hatten, sondern dass sie alle Merkmale aufwies, die man von Sternen der
Population III erwarten würde. Das sind diejenigen Sterne, die die ersten schweren
Atome gebildet haben, die unsere Existenz praktisch erst ermöglichten. Eine
noch aufregendere Entdeckung kann man kaum machen."
Innerhalb von CR7 konnten die Forscher bläulichere und rötlichere Ansammlungen von
Sternen unterscheiden, was eventuell ein Hinweis darauf ist, dass die Entstehung
von Population-III-Sternen tatsächlich - wie theoretisch vorhergesagt - in Wellen
ablief. Das Team beobachtete offenbar die letzte Welle von Sternen der Population
III. Das deutet darauf hin, dass diese Sterne vielleicht leichter zu finden
sind, als bislang angenommen, da man sie auch zwischen normalen Sternen in
helleren Galaxien findet und nicht nur in den kleinsten und lichtschwächsten
Galaxien, die sehr schwer zu untersuchen sind.
"Ich habe mich immer gefragt, woher wir stammen. Schon als Kind wollte ich
wissen, wo die Elemente herkommen: das Kalzium in meinen Knochen, der
Kohlenstoff in meinen Muskeln, das Eisen in meinem Blut", so Jorryt Matthee von
der Sternwarte in Leiden. "Ich fand heraus, dass diese erstmals gleich zu Beginn
des Universums von der ersten Generation von Sternen gebildet wurden.
Bemerkenswerterweise sehen wir mit dieser Entdeckung solche Objekte tatsächlich
zum ersten Mal."
Die Astronomen planen weitere Beobachtungen von CR7, um zusätzliche Beweise dafür
zu sammeln, dass es sich tatsächlich um Sterne der Population III handelt und um
nach weiteren Beispielen für solche Objekte zu suchen. Über ihre Beobachtungen berichten die
Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift The
Astrophysical Journal erscheinen wird.
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