Drei einsame Supernovae
von Stefan Deiters astronews.com
8. Juni 2015
Hubble-Beobachtungen haben gezeigt,
dass sich drei vor einigen Jahren entdeckte Supernova-Explosionen in großer
Einsamkeit abgespielt haben müssen: Die explodierten Sterne waren offenbar nicht
Teil einer Galaxie, sondern befanden sich mitten im intergalaktischen Raum. Der Nachthimmel auf einem potentiellen Planeten
dort muss recht
eintönig gewesen sein.

Einsame Explosion einer Supernova vom Typ Ia
im intergalaktischen Raum.
Bild: Dr. Alex H Parker, NASA und der SDSS
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Supernovae beobachtet man in der Regel in fernen Galaxien. Von den vielen
Milliarden Sternen in diesen Systemen sollte in etwa alle 100 Jahre ein Stern
als Supernova explodieren. Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble haben
nun gezeigt, dass sich drei bereits zuvor entdeckte Supernovae im praktisch
leeren Raum zwischen den Galaxien ereignet haben müssen. Die jeweiligen Regionen
lagen allerdings inmitten von Galaxienhaufen. Die Vorgängersterne der Supernovae dürften vor
Millionen oder gar Milliarden Jahren aus ihrer Heimatgalaxie hinausgeschleudert
worden sein.
Die drei Supernovae waren in den Jahren 2008 und 2010 im Rahmen einer
Himmelsdurchmusterung entdeckt worden. Anders als bei den meisten Supernovae
konnte man bei ihnen allerdings keine Galaxie identifizieren, zu der sie
gehören. Eine detaillierte Untersuchung mit dem Weltraumteleskop Hubble
bestätigte nun, dass die Sterne tatsächlich im leeren Raum zwischen den Galaxien
explodiert sein müssen.
Sie befanden sich allerdings alle in einem Galaxienhaufen, also einer
gewaltigen Ansammlung von Galaxien. In solchen Gebilden üben die einzelnen
Galaxien oft starke Anziehungskräfte aufeinander aus, was dazu führt, dass rund
15 Prozent der Sterne aus ihren Galaxien in den intergalaktischen Raum gerissen
werden. Diese Sterne sind allerdings zu lichtschwach, um sie zwischen den hellen
Galaxien erkennen zu können - es sei denn, sie explodieren als Supernova.
Melissa Graham von der University of California in Berkeley hat mit ihren
Kollegen nach genau solchen hellen Supernovae in Galaxienhaufen gesucht, um mehr
über die unsichtbare Population von Sternen zwischen den Galaxien eines Haufens
zu erfahren. Diese Daten liefern den Astronomen wichtige Informationen über die
Entstehung und Entwicklung der Galaxienhaufen, die die größten gravitativ
gebundenen Strukturen im Universum darstellen.
"Wir konnten jetzt den bislang besten Beweis dafür vorlegen, dass solche
Sterne im intergalaktischen Raum in Galaxienhaufen tatsächlich als Supernovae
vom Typ Ia explodieren" so Graham. "Damit wurde auch bestätigt, dass Supernovae
ohne Muttergalaxie zur Untersuchung dieser Population von Sternen dienen können.
Das ist wichtig, um diese Technik auch auf weiter entfernte Galaxienhaufen
anwenden zu können."
Die Vorgängersterne der drei entdeckten Supernovae waren auch für kosmische
Verhältnisse relativ einsam: Hätte es um sie herum Planeten gegeben, dürfte
deren Nachthimmel sehr langweilig gewesen. "Es wäre wirklich ein sehr dunkler
Himmel gewesen, an dem nur hin und wieder die hellsten und nahegelegensten
Galaxien des Haufens als verwaschener Lichtfleck zu sehen gewesen wären", so
Graham.
Das Team konnte auch zeigen, dass eine vierte "einsame" Supernova offenbar doch in einer kleinen Galaxie oder gar in einem Kugelsternhaufen
stattfand. Alle vier untersuchten Supernovae ereigneten sich in einer
Entfernung von rund einer Milliarde Lichtjahren.
Supernovae vom Typ Ia entstehen nach Ansicht der Astronomen in einem
Doppelsternsystem, so dass alle Sterne während ihres gesamten stellaren Lebens
einen Partner gehabt haben müssen. "Das war allerdings keine Liebesgeschichte",
so Graham. "Der Begleiter war entweder ein Weißer Zwerg niedriger Masse, der
seinem Partner irgendwann zu nahe gekommen und schließlich zerbrochen ist und
von diesem teilweise kannibalisiert wurde, oder aber ein normaler Stern, von dem
der Weiße Zwerg Material abgezogen hat. In beiden Fälle sorgte das Material der
Partner dafür, dass der Weiße Zwerg instabil wurde und als Supernovae vom Typ Ia
explodiert ist."
Über die Ergebnisse berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheinen wird.
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