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LBT
Blick auf Lavasee auf Jupitermond Io
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie
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4. Mai 2015

Mithilfe des Large Binocular Telescope in Arizona sind nun erste detaillierte Beobachtungen eines Lavasees auf dem Jupitermond Io gelungen. Der See selbst hat nur einen Durchmesser von 200 Kilometern, der Mond ist mindestens 600 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Damit liefert das Doppelteleskop einen Vorgeschmack darauf, was von künftigen Riesenteleskopen zu erwarten ist.

Loki

LBT-Interferometerbild des Lavasees des Vulkans Loki auf dem Jupitermond Io (in orange) in Überlagerung mit einem entsprechenden Bild, aufgenommen von der Raumsonde Voyager (dunkle Schattierung). Bild: LBTO / NASA  [Großansicht]

Io, der Innerste der vier bereits im Jahr 1610 entdeckten Jupitermonde, ist nur wenig größer als der Erdmond, stellt aber das geologisch aktivste Objekt im ganzen Sonnensystem dar. Hunderte von Vulkanen wurden durch Raumsonden auf seiner Oberfläche entdeckt, die überwiegend von Schwefel und Schwefeldioxid überzogen ist.

Der größte dieser Vulkane wurde Loki genannt, nach der nordischen Gottheit, die für Feuer und Chaos steht. Es handelt sich dabei um eine flache vulkanische Vertiefung, auch Patera genannt, in der die dichtere Lavakruste, die sich auf der Oberfläche eines ausgedehnteren Lavasees bildet, in regelmäßigen Abständen in dem Lavasee versinkt. Das führt zu einem Anstieg der Wärmestrahlung aus dieser Region, die regelmäßig von der Erde aus beobachtet werden kann.

Mit einem Durchmesser von nur 200 Kilometern und in einem Abstand von mindestens 600 Millionen Kilometern von der Erde erschien Loki bis jetzt aber viel zu klein, um Details mit Hilfe von optischen oder Infrarotteleskopen vom Erdboden aus abbilden zu können.

Das Large Binocular Telescope (LBT) allerdings verfügt über zwei Einzelspiegel von je 8,40 Metern Durchmesser, die in sechs Metern Abstand voneinander auf einer gemeinsamen Montierung angeordnet sind. Das von den beiden Einzelspiegeln aufgefangene Licht kann interferometrisch überlagert werden, wodurch eine sehr hohe Auflösung erreicht werden kann. Es ist dadurch möglich, die theoretische Auflösung eines Teleskops von 22,80 Metern Durchmesser zu erhalten.

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Das dafür notwendige Instrument hat den Namen Large Binocular Telescope Interferometer (LBTI). Mit dem LBTI-Instrument ist es einem internationalen Team von Astronomen nun erstmals gelungen, den Vulkan Loki von der Erde aus im Detail sichtbar zu machen. "Wir überlagern das von den zwei sehr großen Einzelspiegeln empfangene Licht in kohärenter Weise derart, dass die Spiegel zu einem virtuellen Riesenteleskop verbunden werden", erklärt Al Conrad vom Large Binocular Telescope Observatory. "Auf diese Weise wurde es uns zum ersten Mal möglich, die unterschiedliche Helligkeit unterschiedlicher Regionen des Kratersees von Loki zu vermessen."

Für Phil Hinz, den Leiter des LBTI-Projekts am Steward-Observatorium der University of Arizona, ist es das Ergebnis von nahezu 15 Jahren Entwicklungsarbeit. "Wir haben das LBTI speziell dafür gebaut, um Bilder mit extrem hoher Auflösung zu erhalten. Es ist schön zu sehen, dass das System derart gut arbeitet." Phil betont, dass dies nur eine der einzigartigen Eigenschaften des LBTI darstellt. "Wir haben das Ganze gebaut, um hochaufgelöste Bilder zu erhalten, aber auch dafür, um Staub und sehr lichtschwache Planeten um nahegelegene Sterne zu entdecken. Das aktuelle Ergebnis ist ein großartiges Beispiel für das Potential, das in diesem System steckt."

Die für die Beobachtungen verwendete Kamera LMIRcam ist eine Kamera im Infrarotbereich von drei bis fünf Mikrometern Wellenlänge. Diese Kamera entstand im Rahmen der Doktorarbeit von Jarron Leisenring an der University of Virginia. Für Jarron „sind diese Beobachtungen ein Meilenstein für mich und das ganze Instrumentteam. Mit der interferometrischen Kombination der Spiegel haben wir jetzt den entscheidenden Schritt unternommen, um das volle Potential des LBT auszuschöpfen und eine Fülle von neuen wissenschaftlichen Möglichkeiten anzusteuern."

Damit man ein Bild höchster Auflösung rekonstruieren kann, muss man eine große Zahl von LMIRcam-Rohbildern verarbeiten. "Die aufgenommenen Rohbilder sind von Interferenzmustern überzogen und haben dadurch nur eine begrenzte Bildschärfe", erklärt Gerd Weigelt, Professor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. "Mit modernen interferometrischen Bildrekonstruktionsmethoden, sogenannten Entfaltungsmethoden, ist es uns jedoch möglich, eine wirklich spektakuläre Bildauflösung zu erreichen."

"Es ist sehr wichtig, unterschiedlichen Bildverarbeitungsmethoden zu entwickeln und anzuwenden, damit man feinste Bilddetails mit hoher Zuverlässigkeit rekonstruieren kann," fügt Mario Bertero, Professor für Informationswissenschaften an der Universität von Genua in Italien, hinzu.

"Während wir vorher bereits helles Aufblitzen von Loki über die Jahre hinweg sahen, zeigen diese phantastischen Bilder vom LBTI jetzt erstmals, dass dieses Aufleuchten jeweils gleichzeitig in unterschiedlichen Regionen auftritt", erklärt Imke de Pater, Professorin an der University of California in Berkeley. "Das ist ein starker Hinweis darauf, dass es sich bei der abgebildeten hufeisenförmigen Struktur höchstwahrscheinlich um einen aktiven Lavasee mit variablem Aussehen handelt, wie auch bereits in der Vergangenheit spekuliert wurde."

"Zwei der vulkanischen Io-Strukturen treten an neuen aktiven Plätzen auf", ergänzt Katherine de Kleer, eine Doktorandin an der University of California in Berkeley. "Sie befinden sich in einer Region namens Colchis Regio, wo erst wenige Monate vorher eine enorme Eruption stattgefunden hat und könnten durchaus die Nachwehen dieser Eruption darstellen. Die hohe Genauigkeit des LBTI ermöglicht es uns, die Restaktivität in dieser Region in verschiedenen Bereichen getrennt darzustellen, bei denen es sich um Lavaflüsse handeln könnte."

"Die Untersuchung der sehr dynamischen vulkanischen Aktivität auf Io, die die Oberfläche von Io ständig verändert, gibt Hinweise auf Aufbau und innere Struktur dieses Mondes", so Teammitglied Chick Woodward von der University of Minnesota. "Damit bereiten wir auch den Weg für zukünftige NASA-Missionen wie den 'Io-Observer'. Durch Ios extrem elliptischen Orbit in geringem Abstand um Jupiter wirken extrem starke Gezeitenkräfte, vergleichbar mit dem Quetschen einer reifen Orange, wobei der Saft durch Risse in der Schale herausgedrückt wird."

Für Christian Veillet, den Direktor des Large Binocular Telescope Observatory, „bedeutet diese Untersuchung einen sehr wichtigen Meilenstein für unser Observatorium. Das einzigartige binokulare Design des LBT zeigt jetzt seine Fähigkeit zur Auflösung von Strukturen, die nur ein Einzelteleskop der 23-Meter-Klasse erreichen könnte. Die heute veröffentlichten spektakulären Resultate vom Jupitermond Io sind Anerkennung für viele Mitarbeiter, die an das LBT-Konzept geglaubt und viele Jahre harter Arbeit in seine Realisierung gesteckt haben."

Nach Ansicht von Veillet sind LBT und LBTI damit auch Wegbereiter für die nächste Generation von Riesenteleskopen, die in frühestens einem Jahrzehnt ihren Betrieb aufnehmen werden. Über die aktuellen Beobachtungen berichten die Astronomen in der Fachzeitschrift Astronomical Journal.  

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siehe auch
Jupitermond Io: Die Wärme der Nacht - 25. Juni 2001
Links im WWW
Max-Planck-Institut für Radioastronomie
Large Binocular Telescope Observatory
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