Satelliten nehmen Gewitter ins Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V. astronews.com
23. Februar 2015
Gewitter können mit Blitzschlägen, Starkregen, Hagel und
Wind für erhebliche Sachschäden sorgen und auch Menschenleben gefährden.
Wissenschaftler untersuchen daher, wie sich ein entstehendes Gewitter besser
vorhersagen lässt. Dabei stützen sie sich auf Daten von Wettersatelliten,
allerdings ist eine Prognose gegenwärtig noch nicht so einfach.
Meteosat-Aufnahme eines Gewitters über dem
Westen Deutschlands am frühen Nachmittag des 23.
Mai 2012.
Bild: TROPOS / EUMETSAT [Großansicht] |
Satellitenmessungen aus dem Weltall könnten künftig dabei helfen,
rechtzeitiger vor Starkregen, Hagel und Blitzschlägen zu warnen. Wissenschaftler
des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) haben dazu die
Temperaturen an der Wolkenoberkante von Gewittern in Mitteleuropa während ihres
Wachstums ausgewertet. Dabei zeigten sich typische Veränderungen bereits eine
halbe bis eine Stunde vor der Gewitterhauptphase.
Um mehr darüber zu erfahren, wie Kumuluswolken zu ausgewachsenen Gewittern
werden, hatten die Wissenschaftler Daten des Wettersatelliten Meteosat-8
analysiert. Meteosat verfügt zwar über eines der modernsten Radiometer
zur Erdbeobachtung. Wegen der großen Entfernung zwischen der geostationären Bahn
des Satelliten und der Erde lässt sich das Wettergeschehen aber trotzdem nur mit
rund drei mal sechs Kilometern pro Pixel auflösen.
Ein großer Vorteil ist aber, dass die Satellitenaufnahmen, sowohl im Bereich
des sichtbaren Lichtes als auch für die Wärmeabstrahlung in mehreren
Spektralbereichen zur Verfügung stehen - und dies alle fünf Minuten. Es bietet
sich damit die einzigartige Möglichkeit die zeitliche Entwicklung von Wolken
genau zu charakterisieren. Mit Hilfe der zeitlichen Veränderung der
Infrarottemperatur an der Wolkenoberkante kann so das vertikale Wachstum von
Kumuluswolken abgeschätzt werden.
Auf diese Weise wurden neun starke Gewitter in Mitteleuropa im Sommer 2012
genauer unter die Lupe genommen, die mit Starkregen, Hagel oder heftigem Wind
für erhebliche Sachschäden sorgten. "Bei der Auswertung haben wir beobachtet,
dass im Schnitt zwischen dem frühest detektierbarem Stadium einer Gewitterwolke
und dem Zeitpunkt des schnellsten Anwachsens eine halbe bis dreiviertel Stunde
vergehen. Dann dauert es noch rund eine weitere halbe Stunde, bis die Wolke
'erwachsen' geworden ist und an der Tropopause, der Oberkante der Troposphäre,
anstößt. Von da an kann das Gewitter gefährlich werden", berichtet Dr. Fabian
Senf vom TROPOS.
Die Beobachtung der Ausdehnung der Wolken per Infrarot aus dem All könnte
also der Schlüssel zu frühzeitigeren Warnungen vor solchen Unwettern sein. Die
jetzt veröffentlichte Studie entstand im Rahmen des OASE-Projektes, das eine
Kooperation zwischen TROPOS, dem Meteorologischen Institut der Universität Bonn
und dem Deutschen Wetterdienst im Rahmen des Hans-Ertel-Zentrums für
Wetterforschung ist.
Die neuartige Analyse wurde auf das Wachstum von Gewitterwolken in Europa
angewendet. Ähnliche Untersuchungen dazu gab es bisher vor allem aus
Nordamerika. Beide Kontinente werden jedoch von unterschiedlichen Satelliten
beobachtet. Nordamerika wird bisher nur routinemäßig im 15-Minuten-Takt
abgescannt. Erst ab 2016 wird der neue amerikanische Satellit GOES-R
aller fünf Minuten ein aktuelles Bild liefern wie es bereits in Europa Standard
ist.
Die nächste Meteosat-Generation, die ab 2020 geplant ist, soll in
diesem Wettrennen den Europäern wieder einen Vorsprung verschaffen. Geplant sind
dann Aufnahmen alle zweieinhalb Minuten mit einer Auflösung von ein mal zwei
Kilometern, was wesentlich mehr Details bietet und damit die Chance bietet, die
Entstehung solcher Unwetter noch genauer zu verstehen.
Bis diese Entdeckung die Wettervorhersagen revolutioniert, wird jedoch noch
einige Zeit vergehen. Vorher gilt es, verschiedene Probleme in den Griff zu
bekommen. Dazu gehört unter anderem auch, dass dünne Zirruswolken über den
Gewitterwolken das Signal verfälschen und die Algorithmen bisher in die Irre
führen können.
Die Wissenschaftler planen, die Entwicklung von Gewittern weiter zu
untersuchen, Regen- und Blitzdaten mit einzubeziehen und hoffen auf diese Weise,
das Verfahren so optimieren zu können, dass damit künftig Kürzestfrist-Vorhersagen
und auch entsprechende Wetterwarnungen möglich werden.
Über ihre Untersuchung berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift
Journal of Applied Meteorology and Climatology.
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