Die Geburt eines Vierfach-Sternsystems
Redaktion
/ Pressemitteilung der ETH Zürich astronews.com
13. Februar 2015
Mithilfe des Very Large Array, eines Verbunds von
Radioteleskopen in den USA, haben Astronomen eine komplexe Gasansammlung
entdeckt, aus der sich vermutlich innerhalb der nächsten 40.000 Jahre ein
Vierfach-Sternsystem entwickeln wird. Stabil dürfte die Konfiguration allerdings
nur kurze Zeit sein, so dass wohl letztlich nur ein Doppelsternsystem
zurückbleibt.
Der Komplex B5, aus dem sich gerade ein
Mehrfachsternsystem entwickelt.
Bild: Bill Saxton, NRAO/ AUI / NSF [Großansicht]
Künstlerische Darstellung des B5-Komplexes
heute (links) und in 40.000 Jahren, wenn ein
Vierfach-Sternsystem entstanden ist (rechts).
Bild: Bill Saxton, NRAO/ AUI / NSF [Großansicht] |
Ein internationales Team von Astrophysikern glaubt Zeuge eines besonderen
Ereignisses geworden zu sein: Im Sternbild Perseus beobachteten die
Wissenschaftler erstmals die Entstehung eines Sternensystems aus vier
Komponenten, das sich aus weit auseinanderliegenden Fragmenten einer
fadenförmigen Gaswolke bildete. Das Sternensystem besteht aus einem noch jungen
Stern, der sich in einer frühen Entstehungsphase befindet, und aus drei
kondensierenden Gaswolken, die durch Gravitationskräfte rasch verdichtet werden.
Berechnungen der Astrophysiker zufolge wird sich jede der Gaswolken in 40.000
Jahren zu einem Stern formieren. Die Sterne dürften relativ klein sein und nur
rund ein Zehntel der Masse unserer Sonne erreichen. Der Abstand zwischen den
einzelnen Sternen beträgt mehr als das Tausendfache der durchschnittlichen
Distanz zwischen Sonne und Erde.
Die Astronomen berechneten, dass die beiden Sterne mit der kürzesten Distanz
zueinander ein stabiles Doppelsystem bilden, während die beiden anderen weiter
entfernten Sterne nach rund einer halben Million Jahren ins All
hinausgeschleudert werden. "Sternensysteme mit mehr als drei Mitgliedern sind
instabil und störungsanfällig", erklärt Jaime Pineda vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik in Garching bei München. So sei das wahrscheinlichste
Szenario, dass der Quadrupol zerfallen und nur "kurze" Zeit Bestand haben werde.
Die Forscher konnten nicht nur erstmals die Entstehung eines multiplen
Sternensystems aus einer fragmentierten Gaswolke beobachten. Ungewöhnlich ist
auch, wie schnell sich das System bildet. Die veranschlagten 40.000 Jahre seien
für astronomische Verhältnisse "außergewöhnlich rasch", betont Pineda. Auch
konnte bislang noch nie jemand beobachten, dass sich Sternensysteme aus Teilen
einer fadenförmigen Gaswolke bilden. "Zuerst dachten wir, dass die Fragmente
nicht miteinander in Wechselwirkung treten würden." Oftmals würden sich nur
Dreiersysteme bilden.
Pineda ist Mitglied einer Forschungskollaboration, die das Sternensystem
beobachtete sowie dessen Entstehung und Entwicklung simulierte. Er arbeitete zur
Zeit dieser Entdeckung als Postdoc am Institut für Astronomie der ETH Zürich in
der Gruppe von Professor Michael Meyer, genauso wie Richard Parker, ein weiteres
Teammitglied, der am Computer die Stabilität des Sternensystems bestimmte.
An der Arbeit beteiligt waren Astrophysiker mehrerer amerikanischer und
europäischer Hochschulen. Ihre Beobachtungen machten das Team mit einem Very
Large Array (VLA) in den Vereinigten Staaten. Damit wiesen sie die von
Ammoniummolekülen (NH3) ausgehenden Emissionen nach. Ammonium ist ein
Bestandteil der Gaswolken. "Mehrfach-Sternensysteme sind an sich in unserer
Galaxie sehr häufig", erläutert Meyer.
Die meisten Forscher hätten sich jedoch auf die "Geburt" und Entwicklung
einzelner Sterne konzentriert, da dies nicht so komplex sei. Außerdem würden
sich diejenigen Wissenschaftler, die Mehrfachsysteme analysierten, mehr auf das
Endresultat der Sternenbildung konzentrieren. "Deshalb ist diese Entdeckung auch
etwas ganz Besonderes."
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in der aktuellen Ausgabe der
Wissenschaftszeitschrift
Nature.
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