Schwarzes Loch beginnt Diät
von Stefan Deiters astronews.com
26. Januar 2015
Astronomen konnten erstmals einen Quasar beobachten, der
plötzlich deutlich lichtschwächer wurde. Die Forscher vermuten, dass das
supermassereiche Schwarze Loch kein Material mehr zur Verfügung hat, das es
verschlingen kann. Von dem Fund versprechen sie sich neue Hinweise auf die
Entwicklung von supermassereichen Schwarzen Löchern und den umgebenden Galaxien.

Illustration eines aktiven Quasars.
Bild: Michael Helfenbein / Yale
University
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Quasare zeigen sich am Himmel meist als äußerst helle, punktförmige Objekte.
Inzwischen weiß man, dass es sich bei Quasaren um weit entfernte helle
Galaxienkerne handelt, in denen ein supermassereiches Schwarzes Loch gerade
große Mengen an Material verschlingt. Gas und Staub in der direkten Umgebung des
Schwarzen Lochs werden dabei so stark aufgeheizt, dass sie extrem hell leuchten
und den Rest der Galaxien praktisch vollständig überstrahlen.
Obwohl man bislang viele helle Quasare entdeckt hat und zudem auch unzähligen
Galaxienkerne kennt, in denen das supermassereiche Schwarze Loch weniger aktiv
ist, konnten Astronomen bislang nie zwei verschiedene Aktivitätsphasen bei ein
und demselben Quasar beobachten. Doch genau dies könnte Forschern jetzt gelungen
sein: Bei einem von ihnen untersuchten Quasar ging nämlich die Helligkeit in den vergangenen Jahren um
einen Faktor sechs bis sieben zurück.
"Wir haben schon Hunderttausende von Quasaren untersucht und jetzt
erstmals einen gefunden, der sich praktisch gerade abschaltet", so C. Megan Urry
von der amerikanischen Yale University. "Das könnte uns etwas über ihre
Lebensdauer verraten."
Aufgefallen war der Quasar der Yale-Astronomin Stephanie LaMassa
während einer Untersuchung einer als "Stripe 82" bekannten Himmelsregion entlang
des Himmelsäquators. "Dies ist wie ein Schalter für einen Dimmer", vergleicht
LaMassa. "Die Lichtquelle wurde einfach schwächer. Da der Lebenszyklus von
Quasaren noch zu den großen Unbekannten zählt, ist es schon etwas Besonderes,
einen dabei zu erwischen, wie er sich gerade verändert."
Die Astronomen konnten auch verfolgen, wie sich das optische Spektrum des Quasars gewandelt hat. Verantwortlich dafür ist Gas, das weit genug vom
Schwarzen Loch entfernt ist, um nicht selbst verschluckt zu werden, jedoch durch
die intensive Strahlung in dieser Region noch angeregt wird und dadurch
leuchtet. Die Änderungen in diesem Spektrum waren ein klarer Hinweis darauf,
dass das Schwarze Loch plötzlich weniger Material verschlingt.
Bevor sich die Astronomen in Yale sicher waren, dass sie es tatsächlich mit
einem Schwarzen Loch zu tun hatten, das plötzlich auf Diät gesetzt wurde,
analysierten sie zahlreiche weitere Beobachtungen des Objektes. Es wäre
schließlich auch möglich gewesen, dass sich lediglich eine Gaswolke zwischen der
Erde
und dem entfernten Quasar hindurchbewegt hat und so die beobachtete
Helligkeitsänderung gar nicht real ist. Sie griffen dazu sowohl auf neue
Beobachtungen, als auch auf Archivmaterial zurück.
Aus den nun vorliegenden Daten hoffen die Forscher mehr über das "Leben" von
Quasaren lernen zu können. Insbesondere könnten die Beobachtungen darauf
hindeuten, dass Quasare immer wieder einmal aktive Phasen durchlaufen. Das
Schicksal der supermassereichen Schwarzen Löcher, die man in den Zentren
praktisch aller Galaxien vermutet, ist auch wichtig, um die Entwicklung von
Galaxien insgesamt besser zu verstehen.
Hierbei interessiert die Astronomen auch das Wechselspiel zwischen Wachstum
des Schwarzen Lochs und dem Anwachsen der umgebenden Galaxie. "Astronomen
untersuchen Quasare schon seit über 50 Jahren", so LaMassa, "da ist es schon
toll, dass jemand wie ich, der Schwarze Löcher seit fast einem Jahrzehnt
erforscht, noch etwas vollkommen Neues entdecken kann."
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einer der kommenden
Ausgaben der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal.
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