Raumstation am Morgen teilweise evakuiert
von Stefan Deiters astronews.com
14. Januar 2015
Die Internationale Raumstation ISS ist heute Morgen
teilweise evakuiert worden: Nach einem Alarm verließen die Astronauten den
amerikanischen Teil der Station, verschlossen die Luke und zogen sich in den
russischen Bereich der ISS zurück. Befürchtet worden war ein Leck im Kühlsystem,
durch das hochgiftiges Ammoniak austreten könnte. Sehr wahrscheinlich handelte es sich
aber um einen Fehlalarm.
Die
Internationale Raumstation ISS in einer Aufnahme
aus dem Jahr 2011.
Foto: NASA [Großansicht] |
Der Alarm im US-amerikanischen Teil der Internationalen Raumstation ISS wurde
gegen 10 Uhr MEZ ausgelöst: Im Kühlsystem der Raumstation war in einem Wasserkreislauf
ein ungewöhnlicher Druckanstieg beobachtet worden und wenig später auch ein
leichter Druckanstieg in der Raumstation selbst. Eine mögliche Ursache dafür
kann im schlimmsten Fall ein Ammoniak-Leck sein. Ammoniak ist ein hochgiftiges
Gas, das im Kühlkreislauf der ISS verwendet wird.
Man ging deshalb auf Nummer sicher: Die Astronauten mussten Gasmasken anlegen
und sich in den russischen Teil der ISS zurückziehen. Die Verbindungsluken
zwischen dem US-Teil und dem russischen Teil wurden geschlossen. Die Sektionen
verfügen über getrennte Lebenserhaltungssysteme, so dass die Besatzung hier
sicher ist. Nach einer Messung der Raumluft konnten die Astronauten dann die
Gasmasken wieder abnehmen.
Die Nachrichten von der teilweisen Evakuierung wegen eines Ammoniak-Lecks
machten schnell die Runde. Am frühen Nachmittag informierte die NASA dann über
den letzten Stand der Dinge und betonte dabei, dass es - entgegen mancher
Berichte in den Medien - keine harten Fakten geben würde, die auf ein
Ammoniak-Leck hindeuten. Insbesondere hätte man kein Ammoniak in der Atemluft
des US-Teils der ISS gemessen. Stattdessen würde es sich bei der Evakuierung um eine
reine Vorsichtsmaßnahme handeln.
Im Kontrollzentrum in Houston und auch vom russischen Segment der ISS aus
versuchte man nun hinter den Grund für die Messwerte zu kommen, die zu dem Alarm
geführt hatten. Bald verdichteten sich die Hinweise, dass es offenbar kein Leck
gab, sondern ein defekter Sensor oder ein fehlerhafter Computerbaustein für die
verdächtigen Anzeigen verantwortlich sein könnte.
In einem weiteren Update zur Situation am späten Nachmittag bestätigte die NASA
die bisherige Einschätzung, dass es kein Ammoniak-Leck gibt. Man hoffe, dass die
Besatzung noch im Laufe des Abends in den US-Teil der Raumstation zurückkehren
kann.
Auf der Raumstation halten sich gegenwärtig sechs Personen auf. Vor dem Alarm
standen weitere Arbeiten zum Entladen des Raumfrachters Dragon auf dem Tagesplan, der
zu Beginn der Woche an die ISS angedockt war. Nach dem Alarm war dieser Plan
natürlich erst einmal hinfällig.
Im russischen Teil der ISS befindet sich ausreichend Proviant, so dass die
gesamte Besatzung weit über eine Woche hier leben könnte. Der amerikanische und
russische Teil funktionieren dabei weitgehend unabhängig voneinander. Im
schlimmsten Fall könnten die Astronauten mit den hier angedockten beiden
Sojus-Raumkapseln die ISS auch verlassen und zur Erde zurückkehren.
Update (14. Januar 2015, 22 Uhr): Kurz nach 21 Uhr wurde die
Verbindungsluke zum US-Teil wieder geöffnet und die Astronauten nahmen, zunächst
noch mit Atemschutzmasken ausgerüstet, Luftmessungen vor. Man fand aber keine
Spuren von Ammoniak in der ISS-Luft und geht daher von einem Computerfehler aus,
der zu dem Fehlalarm führte.
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