Der Tag der Landung
von Stefan Deiters astronews.com
12. November 2014
Gespanntes Warten bei der ESA in Darmstadt, beim DLR in Köln
und anderswo: Der kleine Lander Philae befindet sich auf dem Weg zur Oberfläche
des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. Die Trennung vom Rosetta-Orbiter erfolgte
wie geplant um 9.35 Uhr MEZ. Eine Bestätigung für die Landung wird gegen 17 Uhr
MEZ erwartet.
Aktuelle
Updates in unserem Landelog!
Der
entscheidende Moment: Philae setzt auf der
Kometenoberfläche auf. Kann sich der Lander dort
verankern oder wird er wieder abprallen und ins
All abdriften?
Bild: ESA/ATG medialab [Großansicht] |
Der Tag, auf den manche Wissenschaftler mehr als zehn Jahre hingearbeitet
haben, ist endlich da: Der kleine Lander Philae soll auf der Oberfläche von
67P/Churyumov-Gerasimenko aufsetzen und bislang einmalige Daten über Kometen
sammeln. Diese gelten als Überreste von der Entstehung des Sonnensystems und
ihre Untersuchung könnte den Forschern einiges über den Ursprung der Planeten,
der Erde und auch des Lebens verraten.
Eine Landung auf einem Kometenkern ist bislang noch nie versucht worden.
Entsprechend groß sind die Risiken. Der Rosetta-Projektmanager Fred Jansen hatte
gestern die Chance für eine erfolgreiche Landung auf etwa 75 Prozent geschätzt. Man
weiß schließlich gar nichts darüber, wie die Oberfläche des Kometen beschaffen
ist und kann auch in den nächsten Stunden kaum in die vorprogrammierten Abläufe
eingreifen. Allein die Zeit, die die Kommunikation zwischen Erde und Rosetta
benötigt, macht dies unmöglich: Ein Signal braucht fast 30 Minuten zu uns.
So kann also vieles schiefgehen, wenn Philae langsam auf die Oberfläche des
Kometen fällt. Der Orbiter könnte auf einem Felsen landen und umkippen, er
könnte genau an einem Abhang aufsetzen und abrutschen oder einer anderen
Geländeunebenheit zum Opfer fallen. Mit der sorgfältigen Auswahl des
Landeplatzes hat das Team aber versucht, möglichst viele dieser Gefahren zu minimieren.
Ein Restrisiko bleibt aber immer.
Die heiße Phase der Landung begann gestern Abend mit einer Reihe von kritischen
Entscheidungen, ob alle Systeme bereit für die Landung sind. Dabei lief nicht
alles nach Plan: Schon bei der Aktivierung von Philae in der Nacht
zuvor gab es ein Problem
und der Lander konnte erst nach einem Reset vollständig aktiviert werden.
Das Team war aber zuversichtlich, das Problem verstanden zu haben und sollte
Recht behalten: Philae konnte gestern Abend erfolgreich aktiviert werden.
In der Nacht gab es dann Probleme mit einem für die Landung eventuell
entscheidenden System: Das Active
Descent System ließ sich nicht aktivieren. Mit dessen
Hilfe soll Philae nach dem Aufsetzen auf die Oberfläche des Kometen gedrückt
werden, um ein Abprallen der Sonde zu verhindern. Die Anziehungskraft des
Kometenkerns ist nämlich so gering, dass der Lander einfach wieder ins All
verschwinden könnte. Das System besteht aus einer Düse auf der Oberseite des
Landers. Unklar ist, ob wirklich die Düse oder das System dahinter nicht funktioniert oder
ob eventuell nur ein Sensor defekt ist, mit dessen Hilfe der Druckaufbau in dem
System festgestellt werden kann.
Sollte die Düse nicht arbeiten, ist Philae allein auf die Harpunen
angewiesen, um die Sonde auf der Oberfläche zu halten. Die Landung wird dadurch
gefährlicher, insbesondere dann, wenn die Oberfläche sehr uneben ist. Die
Entscheidung mit der Landung fortzufahren sei auch gefallen, so das Team, weil
es kaum zu erwarten ist, dass sich das Problem mit dem Active
Descent System noch beheben lassen
wird. Eine Landung zu einem späteren Zeitpunkt würde zudem zusätzliche Gefahren
bedeuten: 67P/Churyumov-Gerasimenko wird mit der weiteren Annäherung an die
Sonne immer aktiver, so dass es auf der Oberfläche ganz neue Risiken für Philae
geben könnte.
Nun wartet man in den Kontrollzentren von ESA und DLR gespannt auf die
Ereignisse der nächsten Stunden. Die Abtrennung von Philae vom Orbiter um 9.35
Uhr MEZ wurde inzwischen bestätigt. Kurz nach 12.00 Uhr erreichte dann das erste Signal von Philae
das Kontrollzentrum in Darmstadt, ein Signal über die erfolgreiche Landung wird
gegen 17 Uhr erwartet. Erste Bilder von der Oberfläche des Kometen soll es - wenn
alles geklappt hat - gegen 19 Uhr geben.
Die ESA überträgt die Ereignisse in
einem Livestream im Internet, der über die Rosetta-Seiten der ESA aufrufbar ist. astronews.com berichtet in einem
Landelog
und auch bei Twitter. Eine
Zeitleiste mit den wichtigsten Ereignissen der Landung gibt es auf unseren
Rosetta-Missionsseiten.
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