Ein FUor beim Stern HBC 722
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
28. Oktober 2014
Astronomen ist es gelungen, einen seltenen Ausbruch eines
jungen Sterns zu beobachten, der bei der Entstehung von Sternen und Planeten eine
fundamentale Rolle spielt. Sie nutzten die Röntgenteleskope XMM Newton
und Chandra um einen sogenannten FU Orionis-Ausbruch, kurz FUor, bei
HBC 722 im Sternbild Schwan zu verfolgen.
Beim FUor-Ausbruch
erhitzt sich die Scheibe beim Stern sehr stark
und wird um ein Vielfaches heller als der gesamte
Stern. Eine große Menge Gas fließt nun innerhalb
kurzer Zeit zum Stern hinunter.
Bild: ESO/L.
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Bei der Entstehung eines Sterns aus ausgedehnten Gaswolken bilden sich im
Verlauf der ersten Millionen Jahre ausgedehnte Gas- und Staubscheiben um den
langsam wachsenden Stern. Diese Scheiben können so groß wie unser Sonnensystem
werden. Gleichzeitig zieht der Stern von dieser Scheibe Materie an.
Die Beobachtungen von Spektren junger Sterne zeigen, dass ein ständiger
Massestrom für den Aufbau eines Sterns in der Größe unserer Sonne bis zu 10
Millionen Jahre bräuchte. Jedoch bilden sich die Sterne innerhalb weniger als
einer Million Jahre, und die Scheiben verschwinden erfahrungsgemäß bereits nach
wenigen Millionen Jahren.
"Seit langem wird deshalb spekuliert, dass gelegentliche gewaltige
Instabilitäten in den Scheiben sehr große Mengen an Material in kurzer Zeit auf
den Stern hinunter stürzen lassen. Diese episodischen Ereignisse würden sich bei
jedem jungen Stern eventuell nur ein bis zwei Dutzend Mal im Abstand von
Tausenden von Jahren ereignen, aber einen signifikanten Teil der Scheibe
entfernen", erklärt Manuel Güdel, Professor am Institut für Astrophysik der
Universität Wien.
Damit gewinnt nicht nur der Stern an Masse - auch die in den Scheiben
ablaufende Entstehung von Planeten wird dadurch erheblich beeinflusst. Solche
seltenen Ereignisse wurden in den letzten 80 Jahren tatsächlich bei einem
knappen Dutzend Sternen je einmal beobachtet, und jedes Ereignis dauert
Jahrzehnte an. Sie werden nach dem 1937 ausgebrochenen Prototypen auch FU
Orionis-Ausbrüche oder "FUors" genannt. Diese Vorfälle sind spektakulär und
weisen darauf hin, dass die ganze Sternumgebung verändert wird und die sonst
kühlen Scheiben auf Temperaturen wie die der Sonnenoberfläche aufgeheizt werden.
Das Licht des Objektes wird dadurch mindestens zehn bis 100 Mal heller.
Im Jahr 2010 wurde nach langem Warten der jüngste FUor-Ausbruch entdeckt, bei
einem sich bildenden Stern namens HBC 722 im Gebiet des Nordamerikanebels im
Sternbild Schwan. Güdel und sein Team ließen sich die Gelegenheit nicht
entgehen. Sie holten eine Ausnahmebewilligung von der Leitung des XMM-Newton-Röntgenobservatoriums
der ESA ein, damit der Stern schon in seiner Anfangsphase ohne lange Verzögerung
zweimal in den Jahren 2010 und 2011 beobachtet werden konnte.
Dem Team gelang schließlich 2013 mit dem NASA-Röntgenobservatorium
Chandra eine weitere Nachbeobachtung. "Obschon drei früher ausgebrochene
FUors in ihrer späten Abklingphase auch im Röntgenlicht nachgewiesen werden
konnten, gelang es uns jetzt zum ersten Mal, die bewegte Anfangsphase eines
Ausbruchs aufzunehmen", so Armin Liebhart, Doktorand in Güdels Gruppe an der
Universität Wien.
Diese erstmaligen und einzigartigen Beobachtungen zeigten komplett
unvorhergesehene Eigenschaften. Die erste Beobachtung während des anfänglichen
raschen Ausbruchs wies zwar keine Röntgenstrahlung auf - möglicherweise gab es
massereiche Gasströme zwischen Stern und Scheibe, die alles Röntgenlicht vom
Stern absorbierten.
Die zweite Beobachtung ein halbes Jahr später dagegen zeigte eine
Röntgenquelle, wie man sie für einen derartigen Stern erwartet - nämlich eine
heiße Röntgenkorona ähnlich der Sonnenkorona. Die Gasströme waren anscheinend
bereits abgeklungen. Zwei Jahre später hatte sich der Ausbruch jedoch erneut
verstärkt. Die jetzt zehnmal stärkere Röntgenquelle wurde aber durch eine im
Vergleich zu vorher bis zu hundertfach größere Menge an Gas sehr stark
abgeschwächt.
Die Beobachtung zeigte zusätzlich, dass das Gas sehr heiß sein musste, weil
der üblicherweise enthaltene Staub verdampft war. Die bisher vorausgesagten
Masseströme auf den Stern wurden jetzt direkt durch ihre Abschattung des
Röntgenlichtes nachgewiesen. Eine Abschätzung der Gasmenge liefert die
vorhergesagten Ergebnisse. Nicht auszuschließen sind auch Gasströme, die von der
Scheibe in Form eines schnellen Windes ausströmen.
Die neuen Erkenntnisse über diese seltenen Ereignisse seien, so die
Astronomen, für das Verständnis der Stern- und Planetenentstehung von großer
Bedeutung. Da der Ausbruch über viele Jahre weiter andauern dürfte, haben die
beiden Projektleiter bereits wieder neue XMM-Newton-Beobachtungszeit
für zusätzliche Nachfolgebeobachtungen beantragt.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen jetzt in einem Fachartikel
in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics Letters.
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