Viele massereiche Galaxien im jungen Universum
von Stefan Deiters astronews.com
16. September 2014
Astronomen haben mithilfe des Infrarot-Weltraumteleskops
Spitzer mit der Beobachtung von zwei kleinen und sehr dunklen
Himmelsregionen begonnen, die im Rahmen des Projekts SPLASH insgesamt mehr als
drei Monate lang anvisiert werden sollen. Dabei spürten sie bereits eine
überraschend hohe Zahl von sehr massereichen Galaxien im jungen Universum auf.

Teilansicht des COSMOS-Feldes. Für das Bild
wurden Infrarot-Daten von Spitzer und Daten im
sichtbaren Bereich des Lichts vom Subaru-Teleskop
kombiniert. Bei jedem Punkt handelt es sich um
eine Galaxie.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
"Wenn man diese Durchmusterung mit einem Fischzug nach Galaxien im kosmischen
Ozean vergleicht, dann haben wir bereits deutlich mehr große Fische aus großer
Tiefe an Land gezogen, als wir zuvor erwartet hatten", meint Charles Steinhardt
vom Infrared Processing and Analysis Center (IPAC) der NASA am
California Institute of Technology.
Die jetzt vorgestellten Resultate sind ein frühes Ergebnis des neuen Projekts
Spitzer Large Area Survey with Hyper-Suprime-Cam, kurz SPLASH, das
frühere Hinweise darauf bestätigt, dass die ersten im Universum entstandenen
Galaxien deutlich massereicher waren, als man vermutet hatte. Im Rahmen des
Projekts wurden bereits Hunderte von weit entfernten Galaxien entdeckt, deren
Masse die unserer Milchstraße um das 100-Fache übersteigt und die wir zu einer
Zeit sehen, in der das Universum weniger als eine Milliarde Jahre alt war.
Der Nachweis so vieler massereicher Galaxien im jungen Universum passt nicht
wirklich zu den aktuellen Modellen über die Entstehung und Entwicklung von
Galaxien, nach denen Galaxien durch wiederholte Kollisionen und Verschmelzungen
erst im Laufe der Zeit zu massereichen Systemen geworden sind. "Galaxien wachsen
schneller als wir gedacht haben", unterstreicht Peter Capek vom IPAC, der
verantwortliche Wissenschaftler für SPLASH. "So etwas können wir nur
feststellen, indem wir eine große Anzahl mithilfe von Durchmusterungen wie
SPLASH finden."
Astronomen hatten auch zuvor schon massereiche Galaxien im jungen Universum
aufgespürt, neu ist hingegen die große Anzahl solcher Systeme, die nun mithilfe
von Spitzer aufgespürt werden. Im Rahmen des Projekts SPLASH sollen
zwei kleine Bereiche am Himmel, die als Cosmic Evolution Survey
(COSMOS) und als Subaru/XMM-Newton Deep Field (SXDS) bekannt sind und
schon mit anderen Teleskopen beobachtet wurden, über insgesamt 2.475 Stunden mit
dem Infrarotteleskop Spitzer anvisiert werden.
Die beiden Regionen gehören zu den dunkelsten Regionen am Himmel und liegen
weit von der hellen Scheibe der Milchstraße, also ihrem "Band", entfernt. Durch
lange Beobachtungen in diesem scheinbar leeren Himmelsbereich wurden viele
Millionen Galaxien sichtbar, deren Masse man nun, dank Spitzers
Infrarotblick, besser abschätzen kann.
Schon die ersten Resultate von SPLASH zeigen, wie wertvoll diese
Informationen sind. Die Astronomen müssen nun erklären, wie sich so massereiche
Systeme schon so früh in der Geschichte des Universums bilden konnten. "Es ist
schon sehr schwer, etwas so Massereiches in so kurzer Zeit entstehen zu lassen",
urteilt auch Josh Speagle von der Harvard University. "Es ist durchaus
möglich, dass diese Galaxien seit ihrer Geburt ununterbrochen Sterne gebildet
haben."
Eine andere Möglichkeit wäre, dass die ersten Galaxien noch etwas früher
entstanden sind, als die Astronomen bislang annahmen. Würde man die
Entstehungszeit der ersten Systeme von 500 Millionen Jahren nach dem Urknall auf
rund 400 Millionen Jahre vorverlegen, bliebe wieder ausreichend Zeit, um die von Spitzer beobachteten massereichen Galaxien durch Verschmelzungen
entstehen zu lassen.
Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Wissenschaftler nun von zusätzlichen
Beobachtungen der entfernten Galaxien, die mit dem japanischen Subaru-Teleskop
auf Hawaii geplant sind. Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in der
Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters.
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