X-Flare könnte zu Polarlichtern führen
von Stefan Deiters astronews.com
11. September 2014
In der Mitte der Sonnenscheibe hat es gestern Abend einen
starken Strahlungsausbruch gegeben, einen sogenannten Flare. Er war offenbar
auch mit einem koronalen Massenausbruch verbunden. Solche Ereignisse kommen
immer wieder vor und führen unter Umständen zu spektakulären Polarlichtern auf
der Erde. In diesem Fall könnten sie in der Nacht auf Sonnabend zu beobachten
sein.
Der vom Solar Dynamics Observatory am
Mittwochabend beobachtete X-Flare.
Bild: NASA / SDO [Großansicht] |
Die Vorhersage des sogenannten Weltraumwetters, also der "Umweltbedingungen"
im All rund um die Erde, ist nicht weniger komplex, als die Wettervorhersage auf
der Erdoberfläche. Das Weltraumwetter wird hauptsächlich von der Aktivität der
Sonne beeinflusst. Auf dieser kommt es immer wieder zu Ausbrüchen, die - wenn
sie stark genug und zudem noch in Richtung Erde gerichtet sind - die Erde
treffen können.
Auf der Erdoberfläche sind wir vor den Folgen solcher Ausbrüche durch die
Atmosphäre und das Magnetfeld unseres Heimatplaneten geschützt. Allerdings
können die Partikel in der Atmosphäre für einige Turbulenzen und für ein
farbenprächtiges Phänomen sorgen: Elektrisch geladene Teilchen von der Sonne
werden durch das Magnetfeld der Erde zu den magnetischen Polen hin abgelenkt und
können hier in die Atmosphäre der Erde eintreten, wo sie dann durch Zusammenstoß
mit den dortigen Atomen für ein Leuchten sorgen - für die sogenannten
Polarlichter.
Gestern Abend beobachtete das NASA-Sonnenobservatorium Solar Dynamics
Observatory einen intensiven solaren Flare in der Mitte der Sonnenscheibe.
Diese Strahlungsausbrüche werden entsprechend ihrer Energie im Röntgenbereich in
die Klassen A, B, C, M und X unterteilt und die Intensität innerhalb der Klassen
noch einmal mit einem Wert zwischen 1,0 und 9,9 festgelegt. Der Flare von
gestern Abend ist mit X1,6 klassifiziert, zählt also zur energiereichsten
Klasse.
Weitere Beobachtungen zeigten, dass der Flare auch mit einem koronalen
Massenauswurf verbunden war. Plasma von der Sonnenoberfläche wurde also ins All
geschleudert und bewegt sich nun mit einer Geschwindigkeit von rund 1.400
Kilometern pro Sekunde in Richtung Erde. Die Modelle der Fachleute gehen davon
aus, dass uns dieses Material im Laufe des morgigen Tages erreichen wird, so
dass in der Nacht von Freitag auf Sonnabend Polarlichter auftreten könnten, die
eventuell auch noch im Norden Deutschlands zu sehen sind.
Welche Farbe ein Polarlicht hat, hängt mit der Zusammensetzung der
Luftschicht zusammen, in der die Partikel von der Sonne auf die Teilchen der
Atmosphäre treffen. Diese werden durch einen solchen Treffer angeregt, nehmen
also Energie auf. Diese Energie strahlen sie dann kurze Zeit später wieder ab
und zwar in einer typischen Farbe. Welche Farbe genau, hängt auch davon ab, wie
das Atom oder Molekül die aufgenommene Energie wieder abstrahlt.
In recht großer Höhe (über 300 Kilometer) finden sich meist Sauerstoffatome,
die bei Kollisionen ein rötliches Licht aussenden, was allerdings recht selten
vorkommt. Das gelblich-grüne Licht stammt von Kollisionen mit Sauerstoffatomen
in niedriger Höhe (100 bis 300 Kilometer). In etwa 100 Kilometer Höhe sorgen
Stickstoffatome für ein rötliches Leuchten. Leichtere Gase in größerer Höhe wie
Wasserstoff oder Helium können für bläuliche und lila Farben sorgen, was aber
nicht immer mit bloßem Auge zu sehen ist.
Treffer von der Sonne dieser Art können allerdings nicht nur für spektakuläre
Polarlichter sorgen, sondern auch zu Störungen bei der Kommunikation und bei
anderen satellitengestützten Diensten führen. Da unsere moderne Zivilisation
immer abhängiger von diesen Technologien geworden ist, spielt die Vorhersage des
Weltraumwetters eine immer wichtigere Rolle. Satelliten wie das Solar
Dynamics Observatory liefern dafür wichtige Daten.
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