Vulkanüberwachung aus dem All
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
10. September 2014
Islands Vulkane sind Flugreisenden spätestens seit dem
Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010 ein Begriff. Jetzt brodelt es wieder
unter dem Eis der Gletscher Islands. Wissenschaftler beobachten die Aktivität
der Vulkane auch aus dem All. Eine besondere Rolle spielen dabei
Radarsatelliten, die Landschaftsveränderungen unabhängig von Wetter und
Tageszeit erfassen können.

Holuhraun ist ein Lavafeld im isländischen
Hochland nördlich des Vatnajökull-Gletschers und
gehört zum Bardarbunga-Vulkansystem. Auf diesem
Bild des deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X ist
die frisch ausgetretene Lava in der rechten
Bildhälfte gut zu erkennen.
Bild: DLR [Großansicht] |
Er ist einer der größten Vulkane Europas, befindet sich unter dem größten
Gletscher Europas und ist seit Mitte August 2014 wieder aktiv - der Bardarbunga
auf Island. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR)
haben ihn und das dazugehörige Vulkansystem, ein gewaltiges Netz aus
unterirdischen Magmakanälen, Schloten und Kratern, schon seit einigen Jahren
genau im Blick.
Der deutsche Erdbeobachtungssatellit TerraSAR-X lieferte nun
wichtige Daten von der jüngsten Aktivität des Vulkans. Ein heute vom DLR
veröffentlichtes Bild deckt eine Fläche von circa 30 Kilometern mal 50
Kilometern ab, die kürzlich geförderte Lava bedeckt dabei eine Fläche von etwa
zehn Quadratkilometern. Die helleren Bereiche im Bild, die zur besseren
Sichtbarkeit zusätzlich rötlich markiert sind, zeigen eine Veränderung in der
Amplitude - der Helligkeit des Radarsignals, das zum Satelliten zurückkommt.
Denn die raue Oberfläche frisch erkalteter Lava streut sehr stark zurück und
erscheint dadurch hell, gut zu erkennen am Lavastrom rechts unten im Bild oder
an den beiden Bögen am rechten Bildrand (dem Nordrand des Vatnajökull-Gletscher).
Glatte Oberflächen wie beispielsweise Wasser reflektieren den einfallenden
Radarstrahl vom Satelliten weg und erscheinen daher auf den Bildern dunkel. Der
See in der Caldera des Vulkans Askja ist deshalb als schwarze Fläche in der
unteren Bildhälfte zu sehen. An diesem Vulkan ist es vor kurzem zu einem
Hangrutsch gekommen, der im See einen Tsunami mit bis zu 30 Meter hohen Wellen
auslöste. Auf dem TerraSAR-X-Bild erkennt man, dass das wassernahe
Areal dunkler gefärbt ist, als das höher gelegene Gebiet, was mit der
Überflutung zusammenhängen könnte.
Seit Mitte August ist das Bardarbunga-Vulkansystem unter dem Vatnajökull-Gletscher
aktiv. Es begann mit Erdbeben, sogar bis zu einer Magnitude von 5,7, die ein
Zeichen dafür sind, dass sich Magma im Untergrund bewegt oder sogar aufsteigt.
Am 27. August entdeckten Vulkanologen südlich der Caldera des Bardarbunga
mehrere neu entstandene Mulden im Eis mit einer Tiefe von bis zu 15 Metern. Auch
dies ist ein Zeichen dafür, dass unter dem Eispanzer des Gletschers eine
Hitzequelle vorhanden ist.
Am 29. August trat aus einem Riss am Holuhraun-Feld nördlich des Gletschers,
also auf eisfreiem Gebiet, ein Lavastrom aus. Am 31. August kam es dort zu einer
zweiten Eruption. Das Lavafeld am Holuhraun ist mittlerweile auf etwa 19
Quadratkilometer angewachsen. Würde die Lava direkt unter dem Eis austreten und
sich einen Weg an die Oberfläche bahnen, käme es zu einer starken
Dampfexplosion, die die Lava in winzige Aschefetzen zerreißen und eine
Aschewolke bilden würde. Genau das ist 2010 beim Ausbruch des Eyjafjallajökull,
eines anderen Gletschervulkans dieser Region, passiert, und führte damals zu
einer erheblichen Beeinträchtigung des Luftverkehrs.
Die Vulkansysteme auf Island stehen schon seit einigen Jahren im Fokus der
Forschungen von Wissenschaftlern des DLR-Instituts für Methodik der
Fernerkundung. Ziel ist es, vulkanische Prozesse genauer zu verstehen und neue
Methoden zur Früherkennung von Ausbrüchen zu entwickeln. Radarsatelliten liefern
dazu umfassende und hochgenaue Daten, unabhängig von Wetter und Tageszeit. Das
Verfahren zur Erfassung von Erdbewegungen, die Radar-Interferometrie, ist am DLR
für den Satelliten TerraSAR-X speziell optimiert worden.
Die Fernerkundungsexperten werden nun weitere Radaraufnahmen des Bardarbunga
erstellen und die Veränderungen der Erdoberfläche während des gesamten Prozesses
analysieren. Verfahren zur Früherkennung von Vulkanausbrüchen erprobt das
DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts
IsViews (Iceland subglacial Volcanoes interdisciplinary early warning
system). Ein Frühwarnsystem kann helfen, die Auswirkungen von Vulkanaktivitäten
auf den Luftverkehr und die lokale Bevölkerung einzuschränken.
Zudem verfolgt das Institut die Entwicklung eines umfassenden Vulkan-Monitoringsystems,
das europäische Projekt FUTUREVOLC. Beide Forschungsteams nutzen hochauflösende
Fernerkundungsdaten, unter anderem von TerraSAR-X und TanDEM-X.
Forschungsarbeiten zu den Auswirkungen von Vulkanasche auf den Luftverkehr
bündelt das DLR im Projekt VolcATS (Volcanic ash impact on the Air
Transport System). Dieses Projekt umfasst ein satellitengestütztes Verfahren,
das kurzfristig die Ascheverteilung in der Luft bestimmt und vorhersagt sowie
Beiträge für ein flexibles Luftverkehrsmanagement, mit dem aschefreie und damit
sichere Bereiche für den Flugverkehr freigegeben werden können.
Außerdem untersuchte man am DLR auch die bislang unzureichend bekannten
Folgen von Vulkanasche für Flugzeugtriebwerke. Während des Ausbruchs des
Eyjafjallajökull 2010 konnte auf Grundlage von Messflügen mit einem DLR-Flugzeug
vom Typ Falcon der gesperrte Luftraum über Deutschland wieder
freigegeben werden. Die Falcon ist das einzige Forschungsflugzeug in
Europa, das in der Lage ist in großen Höhen und über längere Distanzen in
Vulkanaschewolken einzufliegen.
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