Detaillierter Radioblick auf Messier 51
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
21. August 2014
Ein europäisches Team von Astronomen hat die Galaxie Messier
51 mit dem LOFAR-Teleskop beobachtet und das bisher empfindlichste Bild von
einer Galaxie bei Frequenzen unterhalb von einem GHz erstellt. Mit der hohen
Empfindlichkeit von LOFAR konnte die Scheibe der Galaxie wesentlich weiter bis
in die Außenbereiche abgebildet werden als zuvor.

LOFAR-Radiokarte
der Galaxie M51 und ihrer Umgebung bei einer
Frequenz von 115 bis 175 MHz. Bild: David Mulcahy et al., Astronomy &
Astrophysics [Großansicht] |
Das Aussehen von Galaxien im Radiobereich ist sehr unterschiedlich zu ihrem
optischen Erscheinungsbild. Während im Optischen das sichtbare Licht von den
Sternen dominiert, zeigen Radiowellen zwei Bestandteile von Galaxien, die von
optischen Teleskopen nicht erfasst werden können, nämlich Magnetfelder und bis
fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigte Elektronen. Welche Rolle sie für die
Stabilität und die Entwicklung von Galaxien spielen, wird verstärkt von den
Experten diskutiert.
Die Elektronen sind Partikel der sogenannten kosmischen Strahlung, die in den
von gigantischen Supernova-Explosionen verursachten Stoßwellen erzeugt werden.
Magnetfelder wiederum entstehen durch Dynamoprozesse, die von der Bewegung des
Gases in der Galaxie angetrieben werden. Wenn Elektronen sich auf spiralförmiger
Bahn um Magnetfeldlinien bewegen, werden Radiowellen abgestrahlt, die auch als
Synchrotronstrahlung bezeichnet werden. Die Intensität der Strahlung steigt
dabei mit der Anzahl und Energie der Elektronen sowie mit der Stärke des
Magnetfeldes an.
Viele Jahrzehnte lang war die Radioastronomie nicht dazu in der Lage, die
Radiostrahlung bei niedrigen Frequenzen unterhalb von 300 Megahertz (MHz)
vollständig auszuwerten, da die Ionosphäre der Erde ein Hindernis speziell für
niederfrequente Radiowellen darstellt (und unterhalb von etwa 10 MHz sogar
komplett undurchlässig wird). Es erfordert ausgeklügelte Methoden der
Datenverarbeitung und superschnelle Computer, um die Störungen der Ionosphäre zu
korrigieren.
Aufgrund dieser technischen Herausforderungen sind Spiralgalaxien bisher nur
sehr selten bei niedrigen Frequenzen untersucht worden. Lediglich Beobachtungen
bei sehr niedriger Winkelauflösung und ohne jegliche Details standen bis jetzt
zur Verfügung. Für seine Doktorarbeit hatte sich David Mulcahy von der
University of Southampton nun die eindrucksvolle Spiralgalaxie Messier 51
als Beobachtungsobjekt ausgewählt, die in einer Entfernung von ungefähr 30
Millionen Lichtjahren im Sternbild Jagdhunde zu finden ist. Sie wird bereits in
einem kleinen optischen Teleskop sichtbar und ist auch unter dem Namen
Whirlpool-Galaxie oder Strudelgalaxie bekannt.
Mit dem internationalen LOFAR-Teleskop haben Mulcahy und andere Astronomen
Messier 51 nun in einem Frequenzbereich von 115 bis 175 MHz beobachtet; das ist
unmittelbar oberhalb des kommerziellen UKW-Bereichs von 88 bis 108 MHz. Das Team
hat damit das bisher empfindlichste Bild überhaupt von einer Galaxie bei
Frequenzen unterhalb von einem GHz erstellt. Mit der hohen Empfindlichkeit des
LOFAR-Teleskops konnte die Scheibe der Galaxie M51 wesentlich weiter bis in die
Außenbereiche abgebildet werden als jemals zuvor. Den Astronomen ist es auch
gelungen, schnelle kosmische Elektronen und Magnetfelder bis in eine Entfernung
von 40.000 Lichtjahren vom Zentrum von M51 hinaus nachzuweisen.
"Radiowellen bei niedriger Frequenz sind deshalb so wichtig, weil sie
Informationen enthalten über Elektronen bei relativ niedrigen Energien, die in
wesentlich größere Abstände von ihren Ursprungsorten in den Spiralarmen gelangen
können, und dadurch die Magnetfelder in den äußeren Bereichen der Galaxien
ausleuchten", erläutert Mulcahy. "Wir möchten gern wissen, ob Magnetfelder von
den Galaxien abgestoßen werden und wie stark sie in den äußeren Bereichen der
Galaxien noch sind."
"Dieses tolle Bild von M51 in Verbindung mit den daraus gewonnenen neuen
Erkenntnissen zeigt den enormen Fortschritt, der bei niedrigen Radiofrequenzen
mit dem LOFAR-Teleskop erreicht werden kann", ergänzt Anna Scaife von der
University of Southampton. "Die Enthüllung der Geheimnisse von
Magnetfeldern ist entscheidend für das Verständnis dafür, wie unser Universum
funktioniert. Viel zu lange konnten die großen Fragen zu den Magnetfeldern
einfach nicht durch Beobachtungen überprüft werden. Diese neue Epoche der
Radioastronomie ist sehr aufregend."
Das Low Frequency Array (LOFAR) wurde entworfen und konstruiert von
ASTRON in den Niederlanden. Es ist ein Radioteleskop völlig neuen Typs, das den
Zugang zu sehr niedrigen Radiofrequenzen ermöglicht. LOFAR erforscht einen
bisher kaum erfassten Frequenzbereich unterhalb von 240 MHz und besteht aus
einer Vielzahl von kleinen Antennen (Dipolen) einfacher Bauart ohne jegliche
bewegliche Teile. LOFAR setzt sich zusammen aus 38 Stationen in den
Niederlanden, sechs Stationen in Deutschland und jeweils einer Station in
Großbritannien, Frankreich und Schweden.
Das neuartige Prinzip besteht aus der Online-Verbindung von Signalen aus
allen Stationen in einem leistungsstarken Computercluster in der Universität
Groningen (Niederlande). Es haben auch bereits Beobachtungen der Galaxie M51 mit
LOFAR bei Radiofrequenzen von 30 bis 80 MHz, also unterhalb des UKW-Bereichs,
stattgefunden.
"Das eröffnet uns ein weiteres neues Fenster zum Universum, und wir wissen
noch nicht, wie die Galaxien in diesem Frequenzbereich aussehen", so Rainer Beck
vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, der das Projekt von Mulcahy
betreut hat. "Vielleicht können wir sogar eine magnetische Verbindung der
Galaxien zum intergalaktischen Raum erfassen. Das wäre ein Schlüsselexperiment
zur Vorbereitung des geplanten Square Kilometre Arrays (SKA), das uns
zeigen könnte, wo und wie kosmische Magnetfelder erzeugt werden."
|