Inkubationszeit von 30 Millionen Jahren
Redaktion
/ Pressemitteilung der Technischen Universität Dresden astronews.com
14. August 2014
30 Millionen Jahre hat es gedauert, bis in der Wolke aus Gas
und Staub, aus der sich unsere Sonne und die Planeten bilden sollten,
tatsächlich die Entstehungsprozesse einsetzten. Das ergab nun eine
detaillierte Analyse von in Meteoriten gefundenen radioaktiven Stoffen. Mit
ihrer Entdeckung hoffen die Forscher auch ein jahrzehntelanges Rätsel gelöst zu
haben.
Unser Sonnensystem: Inkubationszeit vor der
Entstehung von rund 30 Millionen Jahren.
Bild: NASA / JPL |
Wie entstanden die Sonne und das Planetensystem? Diese Frage beschäftigt
nicht nur Forscher auf der ganzen Welt seit Jahrzehnten. Bisher weiß man, dass
die Sonne vor ungefähr 4,6 Milliarden Jahren aus einer gigantischen
interstellaren Wolke, der sogenannten Sonnensystem-Materie, aus Gasen, wie zum
Beispiel Helium und Wasserstoff, und "Staub" aus Eispartikeln und schweren
Elementen, wie Eisen, Gold, Silber, Blei und Platin, entstand.
Auch der bisherige und zukünftige Lebenslauf der Sonne kann mit Hilfe der
Gesetze der Physik und dem Wissen aus kernphysikalischen Prozessen am Computer
simuliert werden. Ein wichtiges Werkzeug bei der Erforschung der
Sonnenentstehung ist die Radioaktivität, durch die kosmische Zeiten sehr genau
gemessen werden können. Das Verfahren ähnelt der Radiokarbon-Datierung in der
Archäologie.
Wichtig für eine Datierung ist es, radioaktive Isotope zu finden, deren
Halbwertszeit in etwa gleich der zu untersuchenden Zeiträume ist. So konnte
bisher bereits das Alter der Erde, die Entwicklung unseres Sonnensystems und das
Alter diverser sehr alter Sterne unserer Galaxie bestimmt werden.
Die Wissenschaftler um Prof. Kai Zuber von der Technischen Universität
Dresden nutzen das Wissen um den Zerfall von radioaktiven Atomkernen, um genau
zu bestimmen, wann die letzten schweren Elemente, wie zum Beispiel Gold, Silber,
Platin, Blei und Seltenerd-Elemente, von Sternen an die präsolare Materie
abgegeben wurden.
"Wir können nun mit Sicherheit sagen, dass das letzte Prozent aus Gold,
Silber und Platin rund 100 Millionen Jahre und das letzte Prozent an Blei und
Seltenerd-Elementen 30 Millionen Jahre vor der Geburt der Sonne von der
Sonnensystem-Materie aufgenommen wurde", erläutert Zuber. "Wir verwendeten die
Daten über schwere radioaktive Kerne, wie zum Beispiel Hafnium, aus Meteoriten,
um diesen Zeitpunkt genau zu bestimmen."
Das Seltenerd-Element Hafnium, das in geringer Konzentration in der
kontinentalen Erdkruste zu finden ist, spielt eine wichtige Rolle bei der
Datierung des Zeitraums vor der Geburt des Sonnensystems. Hafnium kommt auch in
Meteoriten vor, die aus dieser Zeit der Entstehung des Sonnensystems stammen. In
diesen Meteoriten befindet sich ein radioaktives Isotop, das 182Hafnium.
"Durch unsere Arbeiten - basierend auf neuen kernphysikalischen Daten und
gepaart mit modernen Computersimulationen zur Entwicklung von Sternen - konnten
wir zeigen, dass radioaktives Hafnium während der präsolaren Phase anders
entstanden ist, als man bisher angenommen hat. So können wir damit auch die
zeitlichen Abläufe besser einordnen", erklärt Zuber.
Damit werde eine über Jahrzehnte alte Unstimmigkeit in der Datierung
beseitigt. Man wisse nun, so Zuber, dass es nach der letzten Zugabe von schweren
Elementen zur Sonnensystem-Materie eine Art Inkubationszeit gab. "Aus unseren
neuen Berechnungen geht hervor, dass diese Phase nicht länger als 30 Millionen
Jahre gedauert haben kann", so der Wissenschaftler, dessen Arbeit ein wichtiger
Beitrag für das Gelingen des Gesamtprojektes war. Schon etwa 30 Millionen Jahre
vor der Entstehung von Sonne und Planeten war die Sternentstehungsregion, aus
der die Sonne entstehen sollte, damit von seiner Umgebung praktisch
"entkoppelt".
Ein weiteres Ziel des Forschungsteams ist, andere schwere radioaktive Kerne
zu suchen, um ein noch detaillierteres Verständnis für die Vorgeschichte des
Sonnensystems zu erhalten und damit die Genauigkeit und Präzision der
Zeitabläufe zu verbessern.
Über ihre Ergebnisse berichtete das Forscherteam unlängst in der
Wissenschaftszeitschrift Science.
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