Auch Novae senden Gammastrahlen aus
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Innsbruck astronews.com
7. August 2014
Novae sind
relativ häufig zu beobachtende Helligkeitsausbrüche am Sternenhimmel, bei denen
der betroffene Stern - im Gegensatz zu den gewaltigeren Supernova-Explosionen -
erhalten bleibt, so dass Novae auch wiederholt auftreten können. Jetzt haben
Astronomen festgestellt, dass es auch bei Novae offenbar zu Prozessen kommt, bei
denen
Gammastrahlen ausgesandt werden.
Künstlerische
Darstellung einer klassischen Nova in einem
Binärsystem.
Bild: NASA's Goddard Space Flight
Center/S. Wiessinger [Großansicht] |
Novae haben ihren Namen von der lateinischen Bezeichnung "stella nova" (neuer
Stern) erhalten und stellen eigentlich keine außergewöhnlichen astronomischen
Phänomene dar. Schließlich kommen derartige Ereignisse etwa 30 bis 50 Mal pro
Jahr in unserer Milchstraße vor. Klassische Novae sind auch keine wirklich
"neuen" Sterne, sondern bezeichnen charakteristische Helligkeitsänderungen im
sichtbaren Licht von Doppelsternsystemen, deren eine Komponente ein Weißer
Zwergstern ist, der eine spektakuläre thermonukleare Explosion seiner
Sternoberfläche erleidet.
Grund dafür ist der begleitende heiße Stern, der Materie abgibt und damit dem
eigentlich "ausgebrannten" kompakten Zwergstern wieder Brennstoff zuführt. Der
wird dann auch entsprechend genutzt: Energie aus der Fusionsreaktion und Materie
vom Zwergstern wird freigesetzt und in den Weltraum geschleudert. Das
Sternensystem selbst bleibt dabei erhalten und kann eine derartige Episode nach
Hunderttausenden von Jahren erneut durchleben.
Überraschend war hingegen,
dass mit dem Fermi-Weltraumteleskop vor vier Jahren von einem solchen
System auch hochenergetische Gammastrahlung detektiert werden konnte. "Bis dahin
hatte niemand die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass auch Novae Teilchen in
den Gigaelektronenvolt-Bereich beschleunigen könnten und damit im Lichte der
Gammastrahlung sichtbar sein würden", sagt Olaf Reimer, Professor am Institut
für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck und Mitglied im Team des
Fermi Large Area Telescope. Dies konnte durch die gründliche Analyse
des Nova-Ausbruchs von V407 Cyg in Verbindung mit der optischen
Helligkeitsveränderung und beobachteter Gammastrahlung zweifelsfrei bewiesen
werden (astronews.com berichtete).
Allerdings handelte es sich bei V407 Cygnus vermutlich um den eher seltenen
Fall einer regelmäßig wiederkehrenden Nova mit einem Roten Riesen als
Materiespender. Die Partnersterne umkreisen sich hier viel enger als bei
klassischen Novae, und der Materiefluss zum Zwergstern ist entsprechend höher.
Damit können sich Explosionen auf der Sternoberfläche bereits auf Zeitskalen von
Jahrzehnten wiederholen.
Nun wurden durch Beobachtungen mit dem Fermi
Gammastrahlen-Teleskop in den Jahren 2012 und 2013 noch drei weitere Novae
dieser Art entdeckt, die unter den Namen V1324 Sco (im Sternbild Skorpion), V959
Mon (im Sternbild Einhorn) und V339 Del (im Sternbild Delfin) verzeichnet sind.
Hier handelt es sich aber um die häufigen und vergleichsweise unspektakulären
klassischen Novae.
Für alle drei dieser Beobachtungen sind große Gemeinsamkeiten in den
Parametern zu verzeichnen: Die beobachteten Gammastrahlenspektren sind sehr
ähnlich, fallen bei vergleichbaren Energien (wenige GeV) steil ab, die
Gammastrahlenemission wird typischerweise über zwei bis drei Wochen in täglichen
Beobachtungen detektiert und die Helligkeit im Gammastrahlenbereich vergrößert sich
dabei typischerweise wenige Tage nach der Erstdetektion, erfolgt also später als
in den Wellenlängen des sichtbaren Lichtes. "Wir können nun die Hypothese
wagen", so Reimer, "dass alle klassischen Novae mit hochenergetischer
Gammastrahlenemission einhergehen".
Der große Unterschied zwischen den zahlreichen Beobachtungen im sichtbaren
Licht und den vier Novae im Gammastrahlenbereich über einen Zeitraum von etwa
fünf Jahren Beobachtungszeit mit dem Fermi-Weltraumteleskop erklärt
sich aus der Empfindlichkeit der Teleskope bei verschiedenen Wellenlängen. So
werden die Novae im Gammastrahlenbereich nur aus dem vergleichsweise geringen
Abstand (Lichtlaufzeiten zwischen neun- und fünfzehntausend Jahren) zu unserer
Erde beobachtet, während die typischen Raten von mehreren Dutzend Novae pro Jahr
über die gesamte Milchstraße hinweg zu verzeichnen sind.
Welche
physikalischen Prozesse die Gigaelektronenvolt-Gammastrahlung in Novae
produzieren, lässt sich jedoch noch nicht eindeutig identifizieren. "Wie in
einigen anderen astronomischen Objekten am höchsten Ende des elektromagnetischen
Spektrums ist die Emission sowohl über hadronische als auch leptonische Prozesse
erklärbar", erläutert Reimer. "In beiden Varianten kann genügend Energie in die
Teilchenbeschleunigung gehen, die dann entsprechende Gammastrahlenproduktion
nach sich zieht."
Lediglich die speziellen Bedingungen im Doppelsternsystem wie beispielsweise
die Magnetfeldstärke oder Intensität der Strahlungsfelder setzen die Präferenz
für die Dominanz oder gar Exklusivität eines physikalischen Prozesses. "Leider
kennen wir diese Bedingungen aber nicht gut genug oder beobachten noch nicht
präzise genug, um dies bereits entscheiden zu können", so Reimer. Mit den
jüngsten Beobachtungen des Fermi Gammastrahlen-Teleskops hat allerdings
der exklusive Klub der extremen Hochenergiequellen im All recht unkapriziöse
neue Mitglieder erhalten.
Über ihre Beobachtungen berichteten die
Astronomen in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Science.
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