(K)ein Gammablitz aus der Andromedagalaxie
von Stefan Deiters astronews.com
28. Mai 2014
Der NASA-Satellit Swift hat in der Nacht für
Aufregung gesorgt: Er registrierte nämlich ein Ereignis, bei dem es sich um
einen Ausbruch von hochenergetischer Gammastrahlung gehandelt haben könnte - und
dies in der Andromedagalaxie, also in unserer unmittelbaren kosmischen
Nachbarschaft. Inzwischen stellte es sich aber heraus, dass es falscher Alarm
war.
Der
NASA-Satellit Swift.
Bild: Spectrum Astro |
Die moderne Kommunikation hat auch die Erforschung astronomischer Ereignisse
revolutioniert: Wird nämlich irgendwo auf der Erde oder im All etwas
Ungewöhnliches beobachtet, lassen sich andere Astronomen und Teleskope in
Windeseile verständigen. So kann es gelingen, dass innerhalb kürzester Zeit
zahlreiche Teleskope eine bestimmte Himmelsregion anvisieren, um Daten in
verschiedenen Wellenlängenbereichen und ohne Unterbrechung aufzunehmen.
Besonders wichtig ist dies bei der Erforschung sogenannter Gamma-ray Bursts.
Diese plötzlichen Ausbrüche im Gammastrahlenbereich wurden erstmals 1967 von
militärischen Satelliten entdeckt, die eigentlich nach Spuren unerlaubter
Atombombentests suchen sollten. Mit immer empfindlicheren Instrumenten kann man
inzwischen ungefähr zwei dieser Blitzte pro Tag nachweisen.
Da die Blitze aber zu jedem Zeitpunkt irgendwo am Himmel auftauchen können,
sind sie nicht so ohne weiteres zu entdecken. Und hier kommt nun der Satellit
Swift ins Spiel: Seine wichtigste Aufgabe ist es, Gamma-ray Bursts zu
entdecken und ihre genaue Position am Himmel festzustellen. Diese Informationen
werden dann an andere Teleskope übermittelt, die dann unmittelbar mit
Beobachtungen beginnen können. Swift verfügt auch selbst über ein
kleines Teleskop, mit dem Beobachtungen im Röntgenbereich, im Optischen und
Ultravioletten gemacht werden können.
Gestern Abend um 23.24 Uhr MESZ schlug das Burst Alert Telescope
(BAT) von Swift wieder Alarm. Bei der fraglichen Region handelte es
sich um die Galaxie M31, also die Andromedagalaxie. M31 ist mit einer Entfernung
von rund 2,5 Millionen Lichtjahren die uns am nächsten gelegene größere Galaxie.
Swift begann wenige Minuten nach dem Alarm mit Beobachtungen mit seinem
Röntgenteleskop.
Gamma-ray Bursts werden in zwei Varianten beobachtet: kurze und lange Bursts.
Genauere Informationen über einen Burst erhält man durch das Studium des
Nachglühens, etwa im Röntgenbereich oder auch im Optischen. Lange Gamma-ray
Bursts, so die aktuelle Lehrmeinung, entstehen durch den Kollaps eines
massereichen Sterns am Ende seines nuklearen Lebens.
Die kurzen Gamma-ray Bursts bereiten den Forschern größeres Kopfzerbrechen.
Man vermutet aber, dass sie entstehen, wenn zwei kompakte Objekte, etwa zwei
Neutronensterne oder ein Neutronenstern und ein Schwarzes Loch, kollidieren und
verschmelzen. Auch für den potentiellen Burst in der Andromedagalaxie wäre die
Kollision von zwei Neutronensternen als Ursache infrage gekommen.
Da ist es nicht verwunderlich, dass sich die Nachricht über einen so
nahegelegenen Gamma-ray Burst rasend schnell verbreitete: Auf dem
Kurznachrichtendienst Twitter, auf anderen Plattformen und Webseiten wurde die
Entdeckung diskutiert: Konnte der Burst vielleicht auch von Neutrinoteleskopen
erfasst werden und könnten sogar Gravitationswellen des Ereignisses zu messen
gewesen sein?
Im Laufe des heutigen Vormittags stellte sich dann aber heraus, dass es sich
um einen falschen Alarm handelte und Swift keinen Gamma-ray Burst in
M31 entdeckt hatte. Offenbar befand sich am Ort des Ereignisses, das den Alarm
ausgelöst hatte, eine bereits bekannte Röntgenquelle, die jedoch zunächst als
heller eingeschätzt wurde als normal, weswegen anfangs alles auf einen Ausbruch
hindeutete.
Grund dafür, so schreibt Swift-Wissenschaftler Phil Evans von der
University of Leicester auf seiner Webseite, war, dass durch einen
Fehler anfangs nur vergleichsweise schlechtes Datenmaterial zur Verfügung stand.
Warum jedoch gleich überall von einem Gamma-ray Burst die Rede war, kann sich
Evans nicht erklären. Offiziell hat es eine solche Meldung vom Swift-Team
nämlich nicht gegeben. "Vermutlich haben einige enthusiastische Astronomie-Fans
zwei und zwei zusammengezählt und fünf herausbekommen", vermutet er. Diese
Schlussfolgerung hat sich dann auf Twitter und anderen sozialen Medien wie ein
Lauffeuer verbreitet.
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