Wetterkamera entdeckt größten frischen Krater
von Stefan Deiters astronews.com
23. Mai 2014
Mit einer Wetterkamera an Bord der Sonde Mars
Reconnaissance Orbiter haben Wissenschaftler den bislang größten frischen
Krater auf dem Mars entdeckt, der mit einem Vorher-Nachher-Bild dokumentiert
werden kann. Er hat einen Durchmesser von knapp 50 Metern. Dem Einschlag dürfte
eine Explosion vorausgegangen sein, die einen weitaus größeren Bereich
beeinflusste.
Die frischen
Krater (Bildmitte) in einer HiRISE-Aufnahme vom
9. Mai 2014. Der größte Krater hat einen
Durchmesser von 48,5 Metern.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Univ. of
Arizona [Großansicht] |
Die NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter ist vor allem wegen der
eindrucksvollen und detaillierten Bilder des Kamerasystems High Resolution
Imaging Science Experiment (HiRISE) bekannt. An Bord der Sonde befindet
sich aber auch der Mars Color Imager (MARCI), der zur Wetterbeobachtung
eingesetzt wird. Bruce Cantor von Malin Space Science Systems wertet
seit März 2006 die Aufnahmen von MARCI aus und sucht darauf nach Hinweisen auf
Staubstürme und andere Wetterphänomene.
Auf Grundlage dieser Beobachtungen und des daraus erstellten "Wetterberichts"
kann etwa das Betriebsteam des Marsrovers Opportunity künftige
Aktivitäten des Rovers besser planen. Ein Staubsturm beispielsweise würde die
Energieversorgung von Opportunity erheblich behindern, so dass man auf
ein solches Wetterphänomen besser vorbereitet ist.
Vor etwa zwei Monaten entdeckte Cantor aber auf einem Bild etwas Ungewöhnliches
- einen eigentümlichen schwarzen Fleck in der Nähe des Äquators. "Das war nicht
das, wonach ich gesucht hatte", erinnert er sich. "Ich habe meine ganz normalen
Wetterbeobachtungen gemacht und das fiel mir irgendwie auf."
Cantor suchte dann ältere Aufnahmen dieser Region heraus und stellte fest,
dass dieser dunkle Fleck bereits vor einem Jahr vorhanden war, nicht aber vor
fünf Jahren. Es gelang ihm schließlich, das Erscheinen des Flecks genau zu
datieren: Der Fleck fand sich auf keinem der Bilder bis zum 27. März 2012 und
ist dann ab dem 28. März 2012 zu sehen.
Damit war klar, dass es sich tatsächlich um eine neu entstandene Struktur auf
der Oberfläche des Roten Planeten handelte. Die Region wurde daher mit zwei
weiteren Kameras an Bord der Sonde anvisiert - mit der Context Camera
(CTX) und der leistungsfähigsten Kamera HiRISE. CTX hatte die betreffende Region
bereits im Januar 2012 fotografiert. Auf einer Aufnahme von April 2014 waren nun
zwei neue Einschlagkrater zu sehen.
Auf den HiRISE-Bildern war schließlich zu erkennen, dass in der Umgebung der
beiden größeren Krater noch rund ein Dutzend weitere kleinere Krater entstanden
waren. Sie dürften sich durch Material gebildet haben, dass bei Entstehung der
beiden größeren Krater weggesprengt wurde. Auch waren in einem Umkreis von etwa
acht Kilometern Hangabrutschungen zu sehen, wodurch die Abhänge dunkler
erscheinen. Eine zweite HiRISE-Aufnahme aus dem Mai 2014 ermöglichte dann auch
die Berechnung von dreidimensionalen Informationen.
"Der größte Krater ist ungewöhnlich, weil er im Vergleich zu anderen frischen
Kratern, die wir gesehen haben, sehr flach ist", erklärt Alfred McEwen von der
University of Arizona, der verantwortliche Wissenschaftler für HiRISE.
Der Krater hat eine leicht ovale Form und misst 48,5 mal 43,5 Meter.
Das Einschlagereignis dürfte in etwa mit dem vergleichbar sein, was sich im
letzten Jahr über der russischen Stadt Tscheljabinsk ereignete. Vor dem
Einschlag gab es eine Explosion in der Atmosphäre, so dass größere Bereiche rund
um die zentralen Krater in Mitleidenschaft gezogen wurden.
McEwen schätzt, dass der Brocken einen Durchmesser von drei bis fünf Metern
hatte. Das ist deutlich weniger als die Größe, die man für den
Tscheljabinsk-Meteoriten annimmt. Allerdings ist die Marsatmosphäre auch
deutlich dünner, so dass bereits sehr viel kleinere Brocken die Oberfläche
erreichen können.
Die Wissenschaftler haben auf der Marsoberfläche bereits rund 400 frische
Einschlagkrater entdeckt, der jetzige Fund ist jedoch der erste, der auf die
Wetterkamera des Mars Reconnaissance Orbiter zurückgeht und
gleichzeitig auch der größte frische Krater, der durch Vorher-Nachher-Bilder
dokumentiert ist.
Die Untersuchung von neu entstandenen Kratern auf der Marsoberfläche verrät den
Wissenschaftlern etwas über die Einschlagrate von Meteoriten auf der
Marsoberfläche und im inneren Sonnensystem. Zudem wird durch Einschläge Material
im Untergrund freigelegt, was zuvor nicht so einfach zugänglich war.
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