Strahlungsausbrüche in Jets lokalisiert
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
22. Mai 2014
In aktiven Galaxien verschlingt ein supermassereiches
Schwarzes Loch große Mengen an Material. Ein Bruchteil davon wird jedoch in
gebündelten Teilchenstrahlen wieder mit hoher Geschwindigkeit ins All
geschleudert. In diesen Jets kommt es immer wieder zu starken
Strahlungsausbrüchen, doch wo diese genau entstehen, wusste man bislang nicht.
Neue Beobachtungen lieferten nun wichtige Hinweise.

Künstlerische Darstellung der Zentralregion
einer aktiven Galaxie. Bild:
NASA / JPL-Caltech |
Bestimmte Arten von weit entfernten aktiven Galaxien zeigen extreme Phänome
in ihrem innersten Bereich. In der Nachbarschaft eines rotierenden
supermassereichen Schwarzen Lochs mit einer Masse von mehreren Milliarden
Sonnenmassen werden enorme Energiemengen freigesetzt, und das sehr oft in der
energiereichsten Strahlungsform, nämlich Gammaphotonen im Mega- oder sogar
Gigaelektronenvolt-Bereich.
Derartige Energiemengen können nur dadurch erzeugt werden, dass das Schwarze
Loch sozusagen mit Sternen aus der Umgebung, mit Gas und Staub "gefüttert" wird.
Die Materie bewegt sich innerhalb einer Scheibe, der sogenannten
Akkretionsscheibe, auf spiralförmigen Bahnen in Richtung des zentralen Schwarzen
Lochs, wobei ein Teil des einfallenden Gases durch starke Magnetfelder gebündelt
in zwei energiereichen Plasmajets senkrecht zur Akkretionsscheibe fast bis auf
Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wird und aus dem Zentrum herausschießt.
Ein Teil der damit verbundenen physikalischen Prozesse ist immer noch nicht
im Detail verstanden, wie etwa die Produktion der hochenergetischen
Gammaphotonen und der Ort ihrer Entstehung oder der Ursprung starker
Strahlungsausbrüche in diesen Galaxien, die entlang des gesamten
elektromagnetischen Spektrums beobachtet werden. Neue Instrumente sowie
Beobachtungsprogramme, mit denen eine korrelierte Beobachtung von
unterschiedlichen Wellenlängen- oder Energiebereichen im Spektrum möglich wird,
haben jetzt neue Einsichten in die extreme Physik dieser aktiven Galaxienkerne
ermöglicht.
Dies geschah im Rahmen des F-GAMMA-Programms (Fermi-GST AGN Multi-frequency
Monitoring Alliance), bei dem drei Weltklasse-Teleskope in ihrem jeweiligen
Frequenzbereich kombiniert wurden: das 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg, das
30-Meter-IRAM-Teleskop auf dem Pico Veleta in Spanien und das
12-Meter-APEX-Teleskop in Chile. Dies erlaubte die gleichzeitige Untersuchung
von elf unterschiedlichen Radiofrequenzbändern.
Das Forscherteam war damit in der Lage, die regelmäßig auftretenden
Strahlungsausbrüche von insgesamt 60 leuchtkräftigen aktiven Galaxien über viele
Jahre hinweg systematisch zu überwachen. "Seit dem Einsatz des EGRET-Detektors
an Bord des Compton-Gammastrahlensatelliten in den 1990er Jahren wurde
diskutiert, ob die beobachteten Radiostrahlungsausbrüche in einer physikalischen
Verbindung mit den ähnlich erscheinenden Gammastrahlenausbrüchen stehen",
erinnert sich Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie
(MPIfR) und Fermi-assoziierter Wissenschaftler. "Mit unserer
systematischen Kombination von Radiodaten aus dem F-GAMMA-Programm und
Beobachtungsdaten mit dem Fermi-Gammastrahlensatelliten sowie
speziellen Analysetechniken können wir es jetzt endlich bestätigen!"
Zusätzlich zu den Radiodaten im Rahmen des F-GAMMA-Programms hatten die
Forscher Hochenergiedaten von dem 2008 gestarteten Fermi–Gammastrahlen-Weltraumteleskop
der NASA zur Verfügung und nutzten neue statistische Methoden, um eine Vielzahl
von Strahlungsausbrüchen in beiden Wellenlängenbereichen aufzuaddieren.
"Es war schon aufregend, zu sehen, wie das statistische Rauschen in unseren
gemittelten Daten runterging, und die Korrelation zwischen Radio- und
Gammabereich immer deutlicher sichtbar wurde", erklärt Stefan Larsson von der
Universität Stockholm in Schweden. "Das zeigt letztendlich, das es eine
signifikante Verbindung zwischen beiden gibt, die sogar für die
unterschiedlichen Radiofrequenzen bestehen bleibt."
Die Studie zeigt auch, dass die Ausbrüche im Radiobereich zeitlich später im
Teleskop zu sehen waren als die entsprechenden Ausbrüche im Gammabereich, wobei
die mittleren Verzögerungen zwischen etwa 10 und 80 Tagen liegen. "Wir können
außerdem zum ersten Mal sehen, dass die Verzögerungen im Radiobereich zu höheren
Frequenzen hin immer kleiner werden", fügt Emmanouil Angelakis vom MPIfR hinzu.
"Da wir bei höheren Radiofrequenzen immer tiefer in den Jet schauen, ist somit
klar, dass die Photonen der Gammastrahlung tatsächlich aus dem allerinnersten
Bereich des Jets kommen."
Mit Hilfe der gemessenen Zeitverzögerungen war das Team schließlich in der
Lage, Abstände von weniger als einigen 10 Lichtjahren zwischen den Regionen im
Jet abzuschätzen, in denen die Radio- bzw. Gammastrahlungsausbrüche stattfinden.
"Auf der Basis unserer Verzögerungsmessungen können wir für die Galaxie 3C
454.3, eine der hellsten Gammastrahlungsquellen am Himmel, sogar abschätzen, wie
weit von dem zentralen Schwarzen Loch selbst die meisten der Gammaphotonen
erzeugt werden. Wir sprechen dabei über einen Abstand von nur wenigen
Lichtjahren - das ist sehr nahe zum Fußpunkt des Jets und zum Zentralobjekt",
berichtet Lars Fuhrmann vom MPIfR, der die Untersuchung leitete. "Das hat
schwerwiegende Auswirkungen auf die physikalischen Prozesse, durch die die
Gammaphotonen erzeugt werden", fügt er hinzu.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler jetzt in der
Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
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