Entstehung eines Saturnmonds beobachtet?
von Stefan Deiters astronews.com
15. April 2014
Astronomen könnten auf Aufnahmen der Saturnsonde Cassini
die Entstehung eines neuen kleinen Saturnmonds beobachtet haben. Sie entdeckten
nämlich am Rande des hellen A-Rings des Planeten verräterische Turbulenzen, die
auf die Anwesenheit eines bislang unbekannten Objekts hindeuten. Die
Wissenschaftler nannten den potentiellen Saturnmond vorläufig Peggy.

Eine Störung am
Rand des A-Rings deutet nach Ansicht der Forscher
auf ein neu entstandenes Objekt hin.
Bild: NASA/JPL-Caltech/Space Science
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Mithilfe der Saturnsonde Cassini könnten Astronomen Zeuge der
Entstehung eines neuen Monds des Ringplaneten geworden sein: Aufnahmen von
Cassini, die vor genau einem Jahr entstanden, zeigen nämlich eigentümliche
Störungen am Rand des A-Rings des Saturn, des äußersten hellen Rings des
Planeten.
Dabei handelt es sich um einen etwa 1.200 Kilometer langen und zehn Kilometer
breiten bogenförmigen Bereich, der etwa 20 Prozent heller erscheint als das
Ringmaterial in der Umgebung. Außerdem entdeckten die Wissenschaftler noch
Störungen am sonst sehr glatten Rand des Rings.
Die Störungen, so die Vermutung der Forscher, lassen sich durch den
gravitativen Einfluss eines Objektes in der Nähe erklären. "Wir haben so etwas
noch nie zuvor beobachten können", freut sich Carl Murray von der Queen Mary
University of London. "Wir könnten hier gerade eine Geburt sehen, bei der
das Objekt die Ringe verlässt und zu einem selbstständigen Mond wird."
Die Astronomen vermuten, dass das Objekt kaum mehr als einen Kilometer
durchmisst. Es ist damit zu klein, um auf diesen Bildern direkt beobachtet
werden zu können. Das Objekt dürfte auch kaum weiter anwachsen und könnte sogar
wieder zerfallen. Trotzdem haben die Wissenschaftler ihm schon einmal einen
Namen gegeben und es "Peggy" genannt.
Die Beobachtung sollte den Wissenschaftlern einiges über die Entstehung der
Monde im Saturnsystem verraten und auch Rückschlüsse darüber zulassen, wie sich
einst die Planeten im Sonnensystem gebildet haben. Die Eismonde des Saturn, so
zumindest eine aktuell diskutierte Theorie, könnten sich aus Partikeln der Ringe
gebildet und nach außen gewandert sein. Dabei sind sie eventuell mit anderen
Monden verschmolzen. Viele Monde des Saturn bestehen zum großen Teil aus Eis und
damit aus dem Material, aus dem auch die Ringe des Planeten bestehen.
"Die mögliche Entstehung eines kleinen Mondes zu beobachten ist ein
faszinierendes und unerwartetes Ereignis", urteilt Cassini-Projektwissenschaftlerin
Linda Spilker vom Jet Propulsion Laboratory der NASA. Nach ihren
Angaben sollte der Mond bis Ende 2016 weiter an den Rand des A-Rings gewandert
sein, so dass er detaillierter untersucht und eventuell sogar fotografiert
werden könnte.
Eventuell handelt es sich bei Peggy sogar um den letzten Mond, der sich
aus dem Ringsystem des Planeten bildete. Die Ringe des Saturn dürften nämlich
aktuell kaum mehr ausreichend Material enthalten, um daraus weitere Monde
entstehen zu lassen. Die Astronomen hoffen daher auf möglichst viele
Beobachtungen dieses Prozesses.
"Die Theorie besagt, dass Saturn vor langer Zeit über ein erheblich
massereicheres Ringsystem verfügte, aus dem auch deutlich größere Monde
entstehen konnten", erklärt Murray. "Die Monde haben durch ihre Entstehung am
Rand der Ringe das Material in den Ringen reduziert und sich dann selbst
weiterentwickelt. Daher findet man die größten Monde heute am weitesten von
Saturn entfernt."
Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Beobachtungen gestern online in der
Fachzeitschrift Icarus.
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