Strahlung verrät metallische Asteroiden
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
2. April 2014
Durch Auswertung von Datensätzen des
NASA-Infrarot-Weltraumteleskops WISE haben Astronomen nun eine wichtige
Entdeckung gemacht: Metallische Asteroiden geben weniger Wärmestrahlung ab als
Gesteinsasteroiden. Die Forscher hoffen nun, dank dieser Erkenntnis deutlich
mehr dieser Brocken zu identifizieren, die für die Erde besonders gefährlich
sein können.
Fragment eines metallreichen
Asteroiden, der in Südafrika gefunden wurde.
Bild: DLR |
Tausende von Datensätzen des NASA-Infrarot-Weltraumteleskops Wide-field
Infrared Survey Explorer (WISE) haben Planetenforscher des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ausgewertet und sind so den metallischen
Asteroiden auf die Spur gekommen: Die Schwergewichte unter den Asteroiden
bleiben erstaunlich kühl und geben anscheinend weniger Wärmestrahlung als die
Gesteinsasteroiden ab, wenn man sie mit einem Infrarot-Teleskop beobachtet.
"Das war für mich eine große Überraschung", betont Prof. Alan Harris vom
DLR-Institut für Planetenforschung. "Unsere Ergebnisse deuten auf eine höhere
Anzahl von metallischen Objekten im Sonnensystem hin, als wir bisher vermutet
haben." Das Aufspüren von metallreichen Asteroiden ist aus mehreren Gründen
wichtig: Sie sind besonders gefährlich, wenn sie auf die Erde einschlagen
würden, und sind zugleich potenzielle Rohstofflieferanten für die Industrie in
der Zukunft.
Metall leitet Wärme besser als Gestein - dieses Prinzip der unterschiedlichen
thermischen Leitfähigkeit machten sich Harris und seine Kollegin Line Drube
zunutze. Die Sonnenenergie dringt in die Oberfläche eines metallreichen
Asteroiden tiefer ein und wird dort absorbiert. Bei Infrarotbeobachtungen
erscheinen die Oberflächen dieser Asteroiden deshalb dann als kühler als die der
steinartigen Asteroiden.
Belegt werden konnte dies durch den Vergleich von Reflexionsmessungen im
Radar und Messungen der infraroten Wärmestrahlung von bekannten metallischen
Asteroiden. Bisher gibt es nur etwa 40 Asteroiden, die als metallreich
identifiziert werden konnten; mit der neuen Infrarot-Methode der
DLR-Wissenschaftler wird diese Zahl um einiges steigen. "Im Katalog der
WISE-Beobachtungen weisen noch viele Asteroiden Anzeichen von einem hohen
Metallgehalt auf", betont Harris.
Der Asteroidenforscher leitet das internationale Projekt NEOShield, in dem
unter anderem die Eigenschaften von Asteroiden, aber auch die Verhinderung von
Asteroideneinschlägen auf der Erde untersucht werden. Seit Januar 2012
untersuchen Wissenschaftler die Eigenschaften der "Near Earth Objects", die
erdnahen Objekte, die bei einem Einschlag große Zerstörung anrichten könnten.
"Metallreiche Asteroiden haben eine höhere Dichte, eine höhere Masse - und sind
besonders gefährlich, wenn sie die Erde erreichen würden."
Der etwa 20 Meter große Asteroid, der im Februar 2013 in 20 bis 30 Kilometern
Höhe über Russland nahe der Stadt Tscheljabinsk mit der Wucht von 500 Kilotonnen
TNT zerbarst, war ein steinartiges Objekt. Ein Asteroid derselben Größenklasse
aus Metall wäre bei seinem Flug durch die Lufthülle der Erde vermutlich viel
widerstandsfähiger gewesen und hätte tiefer in die Atmosphäre eindringen
können. Die Schäden wären dadurch noch erheblich schlimmer ausgefallen.
Die von der Europäischen Union geförderte Forschungsarbeit im Rahmen des
NEOShield-Projekts hilft den Asteroidenforschern bei der Einschätzung solcher
Gefahren: "Es ist wichtig, die Zusammensetzung potenziell gefährlicher
Asteroiden möglichst früh festzustellen." Nur wenn man den Aufbau eines
Asteroiden kennt, kann man ihn beispielsweise effektiv mit einem Einschlag von
seiner Flugbahn in Richtung Erde ablenken.
Eine Katalogisierung von metallreichen Asteroiden könnte aber in Zukunft noch
einen weiteren Nutzen bringen: für den Abbau von wertvollen Rohstoffen für die
Hi-Tech-Industrie wie Osmium, Irdium, Platin oder Palladium. "Das betrifft zwar
frühestens die nächste oder übernächste Generation, ist mittlerweile aber nicht
mehr komplett unrealistisch", schätzt Harris. "Amerikanische Privatfirmen
arbeiten ernsthaft an der Möglichkeit, Asteroiden als Rohstoffquellen zu
erschließen. Und die NASA plant, einen etwa sechs Meter großen Asteroiden
einzufangen, ihn in eine Umlaufbahn um den Mond zu bringen und dort zu
erforschen."
Eines der Probleme derzeit ist es aber noch, geeignete Objekte unter den
Asteroiden dafür zu finden. Harris‘ und Drubes Methode der Infrarot-Beobachtung
bietet eine neue Möglichkeit, metallreiche Kandidaten unter den erdnahen
Objekten herauszufiltern.
Letztendlich ist die Erforschung metallreicher Asteroiden aber vor allem
eines: ein Blick zurück auf die Entstehungsprozesse von Planeten. Die meisten
Asteroiden im heutigen Sonnensystem sind die Überbleibsel von gewaltigen
Kollisionen im Weltall vor 4,6 Milliarden Jahren. Über ihre Eigenschaften im
Allgemeinen weiß man aber noch zu wenig. "Deshalb forschen wir im NEOShield-Projekt
zurzeit gemeinsam mit zwölf Partnern aus Forschung und Industrie und bündeln
unser Wissen", sagt Asteroidenforscher Harris. Neben der nun entdeckten Methode,
mit der metallreiche Asteroiden identifiziert werden können, liegen nun auch
bereits erste Ergebnisse für Computer-Modellierungen und Messdaten für
Einschlagsszenarien auf einem Asteroiden vor.
Über ihre Resultate berichten die Wissenschaftler jetzt in der
Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters.
|