Verräterisches Farbenspiel in der Atmosphäre
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
13. März 2014
Wissenschaftler haben mithilfe der Sonde Venus Express
erstmals eine sogenannte Glorie in der Atmosphäre der Venus beobachten können.
Diese Lichterscheinung in der Art eines ringförmigen Regenbogens, den manchmal
auch Flugreisende zu Gesicht bekommen, ist nicht nur schön, sondern kann den
Forschern auch einiges über die Zusammensetzung der Atmosphäre des Planeten
verraten.
Glorie der Venus in Falschfarben. Das
Zentrum der konzentrischen, farbigen Kreise ist
der blassgelbe Fleck in der linken Bildhälfte.
Die Glorie erstreckt sich über mindestens 1.200
Kilometer. Die Daten wurden am 24. Juli 2011
aufgenommen. Nicht nur sichtbares Licht, sondern
alle Wellenlängen tragen zur Glorie bei. Um auch
die ultravioletten und infraroten Beiträge
sichtbar zu machen, wird in dieser
Falschfarbendarstellung jeder Wellenlänge in den
Kameradaten eine Farbe zugeordnet.
Bild: ESA/MPS/DLR/IDA |
Über den Wolken werden Flugreisende gelegentlich Zeuge einer sogenannten
Glorie: einer Lichterscheinung wie eine Art ringförmiger Regenbogen.
Verantwortlich für dieses Phänomen sind die Tröpfchen in den Wolken, die das
Sonnenlicht streuen. Wissenschaftler unter Leitung des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung (MPS) haben nun erstmals eine Glorie auf einem fremden
Planeten, der Venus, aufgenommen. Sie werteten dafür Bilder der ESA-Raumsonde
Venus Express aus. Die Kameradaten zeigen zudem, dass die ätzende
Schwefelsäure in den Wolken der Venus möglicherweise zusätzlich reinen Schwefel
oder Eisenchlorid enthält - und könnten so helfen, eines der ältesten Rätsel der
Venusforschung zu lösen.
Der Schleier aus Wolken, der die Venus umgibt, ist ebenso schön wie
lebensfeindlich: Ätzende Schwefelsäure bildet ihren Hauptbestandteil. Zusammen
mit der dichten Atmosphäre, die in erster Linie aus Kohlendioxid besteht, sorgt
die Wolkendecke für einen extremen Treibhauseffekt: Auf der Oberfläche des
Planeten herrschen Temperaturen von mehr als 400 Grad Celsius.
Die genaue Zusammensetzung der cremig-gelben Wolken ist noch immer unklar.
Bereits vor fast 90 Jahren hatten bodengebundene Beobachtungen gezeigt, dass die
Wolken ultraviolettes Licht bestimmter Wellenlängen schlucken. Schwefelsäure
allein kann für diesen Effekt nicht verantwortlich sein. Mögliche Kandidaten für
den unbekannten Stoff gab es seitdem reichlich: Bromwasserstoffsäure, amorpher
Schwefel, gasförmiges Chlor und sogar Bakterien wurden ins Spiel gebracht. Doch
Gewissheit gab es nicht.
Hilfe kommt nun von der Venus selbst. Denn die Glorie, die sich deutlich in
den Daten des Kamerasystems Venus Monitoring Camera der ESA-Raumsonde
Venus Express abzeichnet, kann nur unter sehr speziellen Bedingungen
entstehen: So müssen die Tröpfchen (oder möglicherweise festen Kristalle) in den
Wolken absolut kugelförmig und von einheitlicher Größe sein. Die Breite der
konzentrischen Ringe sowie ihre relativen Intensitäten erlauben dann
Rückschlüsse auf Brechungseigenschaften und Größe.
Die wichtigste Voraussetzung, um eine Glorie zu beobachten, sei der richtige
Beobachtungsstandort, erklärt Dr. Wojciech Markiewicz vom MPS, Erstautor der
neuen Studie. Das gelte sowohl auf der Erde als auch auf der Venus. Der
Beobachter müsse sich genau auf einer Linie zwischen Wolke und Sonne befinden.
Die Tröpfchen in den Wolken streuen das Licht der Sonne zurück; dem Beobachter
zeigt sich der eigene Schatten auf der Wolkendecke umgeben von farbigen,
konzentrischen Kreisen.
Seit April 2011 wurde die Raumsonde Venus Express, die seit 2006 um
unseren Schwesterplaneten kreist, mehr als zwölfmal an einen geeigneten
Beobachtungsstandort manövriert. "Auch in unserem Bild würde sich im Zentrum der
Glorie eigentlich der Schatten des Beobachters, also der Raumsonde, zeigen",
erklärt Markiewicz. Allerdings trennten ungefähr 6.000 Kilometer Sonde und
Wolkendecke. Aus dieser Entfernung erscheint der Schatten der nur wenige Meter
großen Sonde so klein, dass die Kamera ihn nicht auflösen kann.
Das Bild ist nicht nur eindrucksvoll, sondern auch von hohem
wissenschaftlichem Wert. Am Computer simulierten die Forscher die optischen
Vorgänge, welche die Glorie entstehen lassen, und versuchten so, die Erscheinung
genau zu rekonstruieren. Dabei variierten sie Parameter wie Größe und
Brechungsindex der Tröpfchen.
"In unseren Rechnungen lässt sich die Glorie, die wir beobachtet haben, mit
reiner Schwefelsäure nicht reproduzieren", so Markiewicz. Die Rechnungen zeigen,
dass ein weiterer Stoff im Spiel sein muss. Möglicherweise ist dies der seit
langem gesuchte unbekannte UV-Absorber. Besonders Schwefelsäure-Tröpfchen mit
einem Kern aus Eisenchlorid oder einer äußeren Schicht aus reinem Schwefel
erwiesen sich als vielversprechende Kandidaten.
Venus Express ist eine Mission der europäischen Weltraumagentur ESA.
Die Raumsonde startete 2005 ins All und erforscht seit 2006 die Venus. Mit an
Bord befindet sich die Venus Monitoring Camera, die unter Leitung des
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung entwickelt und gebaut wurde.
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