Der geheimnisvolle Fluch des Vollmonds
von Stefan Deiters astronews.com
12. Februar 2014
Dem Vollmond werden viele Effekte nachgesagt, über die
Astronomen meist nur lachen können. Doch in den vergangenen Jahren hatten auch
sie es mit einem Vollmondfluch der ganz eigenen Art zu tun: Bei der Messung der
Mondentfernung gab es nämlich immer gerade bei Vollmond besondere
Schwierigkeiten. Inzwischen kennen die Astronomen den Grund.
Die Theorie über
die Ursache des Vollmondfluchs wurde während der
Mondfinsternis vom 21. Dezember 2010 verifiziert.
Bild: NASA/Bill Ingalls |
Während der Apollo-Mondmissionen haben die Astronauten koffergroße
Reflektoren auf der Oberfläche zurückgelassen. Mithilfe dieser Spiegel kann man
seitdem die Entfernung des Monds von der Erde mit großer Genauigkeit bestimmen.
Dazu richtet man einen Laserstrahl auf die entsprechende Stelle der
Mondoberfläche und misst dann exakt den Zeitpunkt, zu dem man dessen Reflektion
auf der Erde erkennen kann.
Auf diese Weise hat man beispielsweise festgestellt, dass sich der Mond ganz
langsam von der Erde entfernt und konnte zudem auf seinen inneren Aufbau
schließen. Allerdings wurden die Signale, die von den Reflektoren zur Erde
zurückgeworfen werden, im Laufe der Zeit immer schwächer. Ein Grund dafür könnte
feiner Mondstaub sein, der sich inzwischen auf den Spiegeln abgesetzt hat. Er
könnte etwa durch Einschläge von Meteoriten oder durch elektrostatische Kräfte
auf die Reflektoren geraten sein.
Doch Tom Murphy von der University of California in San Diego, der mit
seinem Team vom Apache Point Observatory aus regelmäßig Messungen mit
dem Laser durchführt, stieß noch auf ein ganz anderes Phänomen: Während schon an
normalen Tagen deutlich weniger Photonen registriert werden als man eigentlich
erwarten müsste, nimmt deren Anzahl jeweils zu Vollmond noch einmal deutlich ab.
Das Team hat das Phänomen zunächst scherzhaft "Vollmondfluch" genannt, so
Murphy. "Eine Zeit lang dachten wir, dass wir einfach nur Pech hatten, aber der
Trend war in jedem Monat wieder deutlich zu erkennen."
Das ließ den Wissenschaftlern natürlich keine Ruhe und sie überlegten, was die
Ursache für das Vollmond-Phänomen sein könnte. Bald hatten sie einen Verdacht:
Wärme. Die Reflektoren stehen in Zylindern, in die die Sonne nur dann scheinen
kann, wenn sie direkt über den Reflektoren steht. Da die Reflektoren aber zur
Erde ausgerichtet sind, ist dies genau bei Vollmond der Fall. Die Erwärmung
könnte dann für Temperaturunterschiede in dem Reflektor sorgen und diese für
schlechtere optische Eigenschaften, wodurch weniger Photonen Richtung Erde
zurückgeworfen werden sollten.
Diese Theorie hatte einen entscheidenden Vorteil: Sie lässt sich von der Erde
überprüfen. Alles was man dazu tun muss, ist die Sonne für kurze Zeit
"auszuschalten", damit sich der Reflektor wieder abkühlen kann. Es sollten dann
relativ schnell wieder mehr Photonen auf der Erde eintreffen.
Natürlich kann niemand die Sonne so einfach abschalten, doch kann man warten,
bis die Erde sich genau zwischen Sonne und Mond schiebt und so den Mond
verdunkelt. Während einer solchen Mondfinsternis am 21. Dezember 2010 führten
Murphy und sein Team dann erneut Messungen durch. Und tatsächlich: Sobald das
Sonnenlicht verschwunden war, konnten sie bald ähnlich viele Photonen empfangen
wie zu Zeiten, in denen kein Vollmond war. Das Geheimnis dieses besonderen
Vollmondfluchs war gelüftet.
Über ihre Untersuchungen berichteten die Wissenschaftler jetzt in der
Fachzeitschrift Icarus.
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