Heftige Sternentstehung im jungen Universum
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
30. Januar 2014
Durch Auswertung von Beobachtungen im sogenannten
COSMOS-Feld haben Astronomen nun die Entstehungsgeschichte der massereichsten
Galaxien rekonstruiert. Danach gab es bald nach dem Urknall zunächst einen
regelrechten Boom an Sternentstehung, auf den jedoch rasch eine Stagnation
folgte. Anschließend wuchsen die Galaxienriesen auf Kosten anderer Systeme.

Ausschnitt des COSMOS-Felds in einer Aufnahme
des ESO-Teleskops VISTA.
Bild: ESO / UltraVISTA team /
TERAPIX / CNRS / INSU / CASU |
Der Blick ins All zeigt: Die Sterne sind nicht gleichmäßig verteilt, sondern
sammeln sich in zahlreichen Galaxien, die in einigen wenigen Fällen - wie etwa
im Fall der Andromedagalaxie - sogar schon mit dem Fernglas zu erkennen sind.
Die Ansammlungen aus Sternen, Planetensystemen sowie Gas- und Staubwolken haben
sich seit dem Urknall vor etwa 13,7 Milliarden Jahren jedoch nicht
kontinuierlich entwickelt.
"Wir sehen im sehr frühen Universum vor zehn bis elf Milliarden Jahren
bereits sehr massereiche und kompakte Galaxien, die ihr rapides Wachstum rasch
beendet haben", erklärt Dr. Alexander Karim vom Argelander-Institut für
Astronomie der Universität Bonn. Die Wissenschaft rätselte bislang darüber, wie
diese frühen Galaxien entstanden sind und wie sie sich weiterentwickelt haben.
Eine Antwort auf diese Frage versucht nun die Studie eines internationalen
Forscherteams zu geben, an der Karim und weitere Bonner Astromnomen beteiligt
waren. Zur Rekonstruktion der Galaxienentwicklung nutzten die Wissenschaftler
die Aufzeichnungen von rund einem Dutzend der weltweit führenden Teleskope,
darunter auch des Weltraumteleskops Hubble. Sämtliche Teleskope visierten dabei
einen ganz bestimmten kleinen Himmelsauschnitt aus, das sogenannte COSMOS-Feld.
"Mit zusätzlichen Teleskop-Messungen konnten wir dort sogar besonders tief ins
Verborgene des frühen Universums blicken", so Karim.
Was auf den ersten Blick wie ein wildes Durcheinander verschiedener
Himmelstrukturen aussieht, lösten die Forscher in einzelne Bilder auf, die
jeweils die Galaxien in einem bestimmten Abstand zur Erde zeigen. Dabei gilt: Je
weiter eine Galaxie entfernt ist, desto länger war auch ihr Licht zu uns
unterwegs, so dass jede Galaxie für die Astronomen stets ein Fenster zu einem
bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit des Universums darstellt.
Anhand der COSMOS-Daten untersuchten die Astronomen jeweils die Struktur, die
Entfernung und das Alter der Galaxien und ordneten sie verschiedenen
Entwicklungsstadien zu. "Wenn wir diese Einzelbilder aus unterschiedlichen
Epochen des Universums hintereinander betrachten, können wir die Entwicklung der
Galaxien wie in einem Daumenkino nachvollziehen", vergleicht Karim.
Dabei zeigte sich, dass es rund eine bis anderthalb Milliarden Jahre nach dem
Urknall tatsächlich genügend Galaxien gab, die in der Lage waren, in einer
kosmisch kurzen Zeitspanne von ein bis zwei Milliarden Jahren so große Mengen an
Sternen zu produzieren, dass sie sich anschließend zu den massereichen und
kompakten Galaxien entwickeln konnten, die wir heute in unserer Nachbarschaft
sehen.
Diesen "kosmischen Babyboom" führen die Astronomen darauf zurück, dass es in
dieser frühen Phase kollisionsreiche Begegnungen jeweils zweier sehr gas- und
staubreicher Galaxien gab. "Während solcher kosmischer Elefantenhochzeiten
herrschen ideale Voraussetzungen für die Geburt von Sternen", so Karim.
Auf die Boom-Phase folgte offenbar rasch die Stagnation: Die "Geburtsrate" in
diesen frühen Galaxien ließ stark nach. Die schon massereichen, aber noch
kompakten Galaxien sind aber im Lauf der Jahrmilliarden erwachsen geworden. Auch
heute wachsen viele dieser großen Galaxien noch - allerdings nicht mehr
vorrangig durch "eigenen Nachwuchs". "Diese inzwischen passiv gewordenen großen
Galaxien verleiben sich kleinere Galaxien ein und werden durch diese 'kosmischen
Raubzüge' immer größer", so Karim.
Über ihre Analysen berichten die Wissenschaftler jetzt in einem Fachartikel
in der Zeitschrift Astrophysical Journal.
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