Supernova 1987A als Staubproduzent
von Stefan Deiters astronews.com
7. Januar 2014
Woher kommt der Staub, den man in vielen Galaxien besonders
im jungen Universum beobachtet hat? Schon lange hatten Astronomen
Supernova-Explosionen im Verdacht, doch fehlten bislang Beobachtungen, die dies
definitiv belegen. Mithilfe von ALMA konnte nun eine große Menge Staub im
Überrest der Supernova 1987A nachgewiesen werden - und dies am Ort seiner
Entstehung.

Die Reste der
Supernova 1987A in verschiedenen Wellenlängen.
ALMA-Daten sind rot dargestellt und zeigen den
neu entstandenen Staub. Daten von Hubble (grün)
und dem Röngtenteleskop Chandra (blau) zeigen die
expandierende Stoßwelle der Supernova.
Bild: ALMA (ESO / NAOJ / NRAO) / A.
Angelich. / NASA/ESA (Hubble) / NASA Chandra
X-Ray Observatory [Großansicht] |
Kosmischer Staub, der in der Regel aus Silizium- und Graphitkörnern besteht,
ist in Galaxien allgegenwärtig - insbesondere in den Galaxien im jungen
Universum. Als Quelle des Staubs haben die Astronomen hier vor
allem Supernova-Explosionen in Verdacht, die das Ende im Leben eines
massereichen Sterns darstellen.
Bislang war es allerdings nicht gelungen, diese
Theorie auch durch entsprechende Beobachtungen zu untermauern. Zwar wurde in
jungen Supernova-Überresten Staub entdeckt, doch handelte es sich dabei oft um
relativ geringe Mengen, die den Staubgehalt in manchen Galaxien kaum erklären
konnten.
Neue Beobachtungen mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array
(ALMA), einem Verbund aus zahlreichen Radioteleskopen in der chilenischen
Atacamawüste, haben nun zusätzliche Beweise dafür geliefert, dass Supernovae Staub
tatsächlich in ausreichend großer Menge produzieren können.
"Wir haben eine bemerkenswert große Masse an Staub im zentralen Bereich des
Materials gefunden, das von einer relativ jungen und nahegelegenen Supernova ins
All geschleudert wurde", erklärt Remy Indebetouw vom National Radio
Astronomy Observatory (NRAO) und der University of Virginia im
US-amerikanischen Charlottesville. "Es ist das erste Mal, dass wir tatsächlich
den Ort der Staubproduktion sehen können, was sehr wichtig für das Verständnis
der Entwicklung von Galaxien ist."
Ziel der Beobachtungen der Astronomen war die Supernova 1987A, deren
Explosion in der Großen Magellanschen Wolke man im Jahr 1987 verfolgen konnte. Die
Große Magellansche Wolke ist eine Satellitengalaxie der Milchstraße und rund
160.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Supernova 1987A ist die uns am
nächsten gelegene in der Zeit der modernen Astronomie beobachtete Supernova. Nur
Johannes Kepler hatte im Jahr 1604 eine noch nähere Supernova
beobachten können. Sie befand sich sogar in unserer Milchstraße.
Im Falle von Supernova 1987A hatten Astronomen vorhergesagt, dass sich nach
dem Abkühlen des Gases nach der Explosion große Mengen an Staub in den kälteren
Zentralregionen des Überrests bilden sollten. Beobachtungen in den ersten 500
Tagen nach der Explosion mit Infrarotteleskopen zeigten allerdings lediglich
eine kleine Menge von heißem Staub. Erst Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Herschel hatten 2011 gezeigt, dass es vermutlich deutlich mehr Staub
dort gibt (astronews.com berichtete).
Mit ALMA haben die Astronomen nun nach kaltem Staub gefahndet, der im
Millimeter- und Submillimeter-Wellenlängenbereich zu beobachten ist. Und
tatsächlich entdeckten die Forscher neu entstandenen Staub, der zusammengenommen
etwa ein Viertel der Masse unserer Sonne ausmacht. Zudem konnten sie
signifikante Mengen an Kohlenmonoxid und Siliziummonoxid nachweisen, die sich
auch neu gebildet haben.
"Supernova 1987A ist ein ganz besonderer Ort, weil sich hier noch nichts mit
umliegendem Material vermischt hat, so dass wir erkennen können, was dort
entstanden ist", unterstreicht Indebetouw. "Die neuen ALMA-Ergebnisse, bei denen
es sich um die ersten Daten dieser Art handelt, zeigen einen
Supernova-Überrest, der voll von Material ist, das es vor einigen Jahrzehnten
noch nicht gab."
Ob der nun entdeckte neu entstandene Staub allerdings tatsächlich den
Staubgehalt der Umgebung in größerem Umfang wird anreichern können, muss sich erst noch
erweisen: Die Stoßwelle der Supernova dürfte nämlich irgendwann auf Material treffen,
das der Stern in seiner Roten-Riesen-Phase vor der Explosion abgestoßen hat und
dadurch teilweise wieder zurückgeworfen werden.
"Diese zurückgeworfene Stoßwelle wird schließlich auch auf diese Klumpen aus
neu entstandenem Staub treffen", blickt Indebetouw in die Zukunft. "Es ist
wahrscheinlich, dass dies ein Teil des Staubs nicht übersteht. Es ist schwierig
vorherzusagen, wie viel genau - vielleicht nur wenig, eventuell aber sogar die
Hälfte oder zwei Drittel." Sollte ein signifikanter Teil des Staubs überleben und
es in den interstellaren Raum schaffen, wäre die Supernova ein Beispiel dafür,
wie die großen Staubmengen entstanden sind, die man in Galaxien im
jungen Universum beobachtet hat.
"Galaxien im wirklich jungen Universum sind außerordentlich staubig und
dieser Staub spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Galaxien",
erklärt Mikako Matsuura vom University College London. "Heute wissen wir, dass sich
Staub auf ganz unterschiedliche Weise bilden kann, im jungen Universum jedoch
muss er durch Supernovae entstanden sein. Wir haben nun einen direkten Beweis
dafür, dass diese Theorie stimmt."
Über ihre Beobachtungen des Überrests von Supernova 1987A berichten die
Astronomen in einem Fachartikel in der Zeitschrift Astrophysical Journal
Letters.
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