Salzwasser an Hängen am Äquator?
von Stefan Deiters astronews.com
11. Dezember 2013
Angesichts der faszinierenden Bilder und Daten, die der
Marsrover Curiosity zur Erde funkt, vergisst man schnell, dass andere
Sonden schon seit Jahren den roten Planeten aus dem Orbit erkunden. Diese
Langzeitbeobachtungen machen auch saisonale Veränderungen auf der Oberfläche
sichtbar und zeigen so einen Planeten, der deutlich dynamischer ist als
angenommen.
Ein Beispiel für
eine der dunklen länglichen Strukturen, die immer
im Frühjahr und Sommer erneut an Hängen
auftauchen. Hier ein besonders langes Exemplar.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Univ. of
Arizona [Großansicht] |
Auf Bildern der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter haben
Wissenschaftler eine verblüffende Entdeckung gemacht: An Abhängen in der
Äquatorregion des Planeten zeigten sich regelmäßig dunkle linienförmige
Strukturen, was ein Hinweis auf herabfließendes Wasser an der Oberfläche sein
könnte. Die Beobachtungen wurden jetzt auf der Herbsttagung der American Geophysical Union
in San Francisco vorgestellt.
"Die Oberfläche am Äquator des Mars galt bislang als trocken und frei von
flüssigem oder gefrorenem Wasser", so Alfred McEwen von der University of
Arizona in Tucson, der verantwortliche Wissenschaftler für das Kamerasystem
High Resolution Imaging Science Experiment (HiRISE) an Bord des
Mars Reconnaissance Orbiter. "Aber diese Annahme müssen wir nun
möglicherweise überdenken."
Die Untersuchung von bestimmten, regelmäßig auftretenden Strukturen auf der
Oberfläche des Mars ist ein Beispiel für die Bedeutung von Sonden, die den
Planeten über Jahre kontinuierlich beobachten und so die Veränderungen auf der
Oberfläche im Laufe der Jahreszeiten und damit bei unterschiedlicher
Sonneneinstrahlung verfolgen können.
Verdächtige dunkle Stellen an nach Süden ausgerichteten Hängen in mittleren
Breitengraden des Mars wurden erstmals vor zwei Jahren entdeckt (astronews.com
berichtete). Diese fingerähnlichen Strukturen haben jeweils eine Breite von
weniger als fünf Metern und finden sich an steilen, steinigen Hängen im Frühjahr
und im Sommer. Sie verschwinden im Winter und tauchen dann im nächsten Frühjahr
wieder auf. Neu entdeckte potentielle Fließstrukturen dieser Art haben eine
Länge von bis zu 1.200 Metern.
McEwen und sein Team haben fünf Regionen in den Valles Marineris in der
Äquatorregion des Mars, dem größten Talsystem des Sonnensystems, genauer unter
die Lupe genommen. Die vermeintlichen Fließspuren traten sowohl an nach Norden
als auch an nach Süden ausgerichteten Hängen auf und zwar immer dann, wenn die
jeweiligen Hänge optimal zur Sonne ausgerichtet waren.
"Die Erklärung, die am besten passt ist, dass hier Salzwasser den Hang
hinunterfließt, wenn die Temperatur ansteigt", erklärt McEwan. "Wir haben noch
keinen eindeutigen Beweis für das Vorhandensein von Wasser in diesen Bereichen,
aber auch nichts, was Wasser ausschließen würde." Wasser mit einem hohen
Salzgehalt würde nicht so schnell frieren und verdampfen und könnte daher an den
Hängen auch weitere Strecken zurücklegen.
Hinweise auf Wasser entdeckte man auch mithilfe anderer kontinuierlicher
Beobachtungen der Marsoberfläche: Einschläge kleiner Asteroiden lassen in jedem
Jahr neue Krater auf dem Planeten entstehen. So kommt Material zum Vorschein,
das bislang unter der Oberfläche verborgen war und immer wieder auch helles Eis.
Jetzt wurden 15 weitere neue Krater mit Eis entdeckt, die in ganz verschiedenen
Regionen des Mars liegen.
"Je mehr wir davon finden, desto besser wird unsere globale Karte über die
Verteilung des Eises im Untergrund", erläutert Colin Dundas von U. S.
Geological Survey in Flagstaff. "Wir haben nun Krater mit Eis hinunter bis
zu 39 Grad nördlicher Breite gefunden, das ist schon mehr als der halbe Weg vom
Pol zum Äquator. Das bedeutet entweder, dass das mittlere Klima über viele
Tausend Jahre feuchter ist als gegenwärtig oder aber, dass sich der Wasserdampf
in der heutigen Atmosphäre in der Nähe der Oberfläche konzentriert. Das Eis
könnte während einer feuchteren Periode entstanden sein und sich in Teilen bis
heute erhalten haben. Die Reste verschwinden nun langsam."
Doch trotz der Langzeitbeobachtungen verschiedener Marssonden im Orbit sind den
Wissenschaftlern viele
Aspekte des Klimas auf dem roten Planeten noch immer
rätselhaft. So gilt beispielsweise der Staubkreislauf als eine der
entscheidenden Komponenten des Klimasystems. Warum es aber in manchen Jahren
gewaltige Staubstürme gibt, die den gesamten Planeten einhüllen können, in
anderen Jahren aber nicht, können sich die Forscher noch nicht erklären. Doch
gerade diese Frage dürfte insbesondere für künftige, eventuell bemannte
Marsmissionen nicht unwichtig sein.
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