Planetensuche durch Ausschlussverfahren
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
14. November 2013
Astronomen haben inzwischen mehr als Tausend extrasolare
Planeten entdeckt. Doch bei welchen davon handelt es sich tatsächlich um
bewohnbare Welten? Dies herauszufinden, ist extrem schwierig. Ein Forscher der
Universität Bern ist deswegen den umkehrten Weg gegangen und hat untersucht,
auf welchen Planeten es bestimmt kein Leben wie wir es kennen geben kann.

Künstlerische Darstellung des vom
Weltraumteleskop Kepler entdeckten Planeten
Kepler-22b. Ob dieser ein erdähnlicher Planet ist
oder nicht, könnte das Verhältnis zwischen seiner
Masse und seinem Radius verraten.
Bild: NASA/Ames/JPL-Caltech |
Extrasolare Planeten kennt man inzwischen zur Genüge. Nun suchen die
Astronomen nach einem Planeten um einen fernen Stern, der tatsächlich Leben
beherbergen könnte und dies vielleicht sogar tut. Entsprechende
Beobachtungsprogramme und Methoden werden dazu an verschiedenen Stellen
entwickelt. Doch leicht ist diese Aufgabe nicht: "Die Frage, ob ein sogenannter
Exoplanet bewohnbar ist oder nicht, ist sehr komplex, da nicht alle dafür
notwendigen Bedingungen bekannt sind", erklärt Yann Alibert vom Center for
Space and Habitability (CSH) der Universität Bern.
Darum ging der Forscher für seine Studie nun den umgekehrten Weg: Anhand der
Masse und des Radius eines Planeten ermittelte er Kriterien, welche die Existenz
von Leben, wie wir es kennen, garantiert ausschließen. Daten über die Masse
eines Exoplaneten liefert etwa der von den Universitäten Genf und Bern mit
weiteren Partnern entwickelte HARPS-Spektrograph in Chile. Und ab 2017 wird auch
das ESA-Weltraumteleskop CHEOPS, welches unter der Federführung des CSH
entwickelt und gebaut wird, den Radius ausgewählter Planeten gezielt bestimmen
können.
Dank der Methode von Alibert kann unter anderem aus den Daten von HARPS und
CHEOPS geschlossen werden, welche Planeten die Grundbedingungen für Leben nicht
erfüllen. "Dieses Ausschlussverfahren wird den Astronomen helfen, sich bei
künftigen Suchen nach erdähnlichen Welten auf die aussichtsreichsten Kandidaten
zu konzentrieren", erläutert Alibert.
Die Grundlage für das Ausschlussverfahren bilden zwei Bedingungen, ohne die
bekanntermaßen kein irdisches Leben möglich ist: Auf dem Planeten muss es
flüssiges Wasser geben sowie einen sogenannten Kohlenstoff- oder C-Zyklus (Carbon-Zyklus).
Als C-Zyklus wird der geologische Prozess bezeichnet, mit dem der CO2-Haushalt
der Atmosphäre und damit die Temperatur auf der Planetenoberfläche reguliert
wird: In Ozeanen gelöstes Kohlendioxid geht chemische Verbindungen ein und wird
in die heißen Tiefen des Erdmantels transportiert. Dort wird es infolge der
enormen Hitze wieder freigesetzt. Bei Vulkanausbrüchen wird das Gas an die
Planetenoberfläche geschleudert und gelangt damit erneut in die Atmosphäre und
in das Wasser.
Wenn aber ein Planet mit einer gegebenen Masse einen sehr großen Radius
aufweist, hat er eine geringe Dichte. Infolgedessen gibt es keinen C-Zyklus oder
kein flüssiges Wasser. Der Grund: Eine geringe Dichte bedeutet, dass der
Himmelskörper aus viel Gas oder/und Wasser besteht. Weist der Planet viel Gas
auf, steigt der atmosphärische Druck auf der Oberfläche unter Umständen so stark
an, dass das Wasser nicht flüssig sein kann.
Decken hingegen enorme Wassermengen den Planeten, steigt der Druck am Grund
des Ozeans so stark an, dass Wasser dort in Form von "Eis VII" vorkommt. Dieser
exotische Zustand von Eis existiert auf der Erde nicht. Es hat eine derart hohe
Dichte, dass es sich auf dem Meeresboden ablagert. Dort bildet es eine Barriere
zwischen dem Gestein am Meeresgrund und dem Wasser darüber - und unterbindet so
den C-Zyklus. "Unsere Studie zeigt, dass auf einem Planeten, der aus viel Gas
oder viel Wasser besteht, Leben nicht existieren kann", so Alibert.
Der größte Radius, bei dem ein C-Zyklus und flüssiges Wasser noch vorhanden
sein können, hängt von der Masse des Planeten ab: Ein Planet, der die gleiche
Masse hat wie die Erde, darf bis zu 1,7 Erdradien groß sein; Gas- und
Wasserhülle inklusive. Und eine Super-Erde mit einer 12-fachen Erdmasse darf
einen bis zu 2,2 fachen Erdradius aufweisen. Bisher wurden, so Alibert, jedoch
hauptsächlich noch größere Exoplaneten entdeckt. Dank der hohen Empfindlichkeit
von CHEOPS hoffen die Astronomen, dass bald auch kleinere, vielversprechendere
Planeten angepeilt werden können.
Über seine Resultate berichtet Alibert in der Fachzeitschrift Astronomy &
Astrophysics.
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