Die Wolken um NGC 3572
von Stefan Deiters astronews.com
13. November 2013
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute die bislang
beste Aufnahme der eigentümlichen Wolken rund um den Sternhaufen NGC 3572
veröffentlicht. Das Bild zeigt eindrucksvoll, wie die stellaren Winde junger
Sonnen das Gas und den Staub in der Region zu faszinierenden Strukturen formen.
Die hellsten Sterne des Haufens dürften schon bald als Supernova enden.

Die Wolken rund um den Sternhaufen NGC 3572.
Foto: ESO/G. Beccari [Großansicht] |
Sterne entstehen in der Regel nicht allein, sondern in größeren Ansammlungen:
Eine gewaltige Gaswolke beginnt zu kollabieren, fragmentiert und aus den
einzelnen sich weiter zusammenziehenden Bereichen werden schließlich neue Sonnen.
Auf diese Weise bilden sich Sternhaufen, deren Mitglieder alle aus derselben
Wolke aus Gas und Staub entstanden sind und alle in etwa das gleiche Alter
haben.
Ein solcher Sternhaufen ist auch NGC 3572 im Sternbild Kiel des Schiffs. In
ihm finden sich unzählige junge und heiße bläulich-weiße Sterne, die eine
intensive Strahlung aussenden und ihre Umgebung zudem durch einen intensiven
Sternenwind beeinflussen. Das noch in dem Sternhaufen vorhandene Gas wird so
verteilt und oft zu eigentümlichen Strukturen geformt. Genau dies ist auf einer
neuen Aufnahme von NGC 3572 zu sehen, die die europäische Südsternwarte ESO
heute veröffentlichte.
Im unteren Bildbereich sind noch Teile der Molekülwolke auszumachen, aus der
sich die jungen Sterne gebildet haben. Sie wurde durch die Strahlung der neu
geborenen Sonnen schon arg in Mitleidenschaft gezogen und leuchtet in einem
charakteristischen rötlichen Farbton. Außerdem sind in dem Gas und dem Staub
faszinierende Formen wie Blasen, Bögen und dunkle Säulen entstanden. Letztere
werden,
besonders im englischen Sprachraum, auch als "Elefantenrüssel" oder "elephant
trunks" bezeichnet. Das bekannteste Beispiel für einen solchen
"Elefantenrüssel" sind die berühmten "Säulen der Schöpfung" im Adlernebel (siehe
etwa unser
Bild
des Tages vom 22. Juli 2009).
Eine Struktur auf dem Bild können sich die Astronomen bislang nicht richtig
erklären: Etwas oberhalb der Bildmitte findet sich eine kleine ringförmige
nebelartige Struktur. Dabei könnte es sich um einen Überrest einer dichten
Region der Molekülwolke handeln, aus der sich der Haufen einst gebildet hat, oder
aber um eine Blase um einen heißen Stern. Einige halten das Objekt auch für
einen eigentümlich geformten Planetarischen Nebel, also für einen sterbenden
Stern, der gerade seine äußeren Hüllen ins All abstößt und dieses Material dann
durch seine Strahlung zum Leuchten anregt.
Sternhaufen stellen für Astronomen ein ideales Laboratorium zum Studium der
Sternentwicklung dar: Da die Mitglieder eines Haufens alle in etwa zur gleichen
Zeit entstanden sind, allerdings sehr unterschiedliche Massen haben, finden sich
in Sternhaufen Sonnen in ganz unterschiedlichen Entwicklungsphasen: Wie schnell
sich ein Stern entwickelt, hängt nämlich stark von seiner anfänglichen Masse ab,
so dass sich die masseärmsten Vertreter des Haufens kaum entwickelt haben
dürften, während die massereichen Sonnen den größten Teil ihres stellaren Lebens
schon hinter sich haben und vermutlich bald als Supernova explodieren werden.
Sternhaufen wie NGC 3572 sind selbst relativ kurzlebige Gebilde. Durch
gravitative Wechselwirkungen zwischen ihren Mitgliedern und andere Einflüsse,
wie etwa die Supernova-Explosionen der massereichen Sterne, lösen sie sich im
Verlauf von einigen zehn bis zu einigen hundert Millionen Jahren langsam auf. So
kann es sein, dass ein heute als Einzelstern erscheinender Stern sein stellares
Leben auch in einem Sternhaufen begonnen hat, der aber inzwischen längst
verschwunden ist.
Die jetzt veröffentlichte Aufnahme entstand aus Daten, die mit dem MPG/ESO
2,2-Meter-Teleskop des La-Silla-Observatoriums der europäischen Südsternwarte
ESO in Chile gewonnen wurden.
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