Wie häufig sind bewohnbare Welten?
von Stefan Deiters astronews.com
5. November 2013
Am Ames Research Center der NASA treffen sich in
dieser Woche Astronomen aus der ganzen Welt, um während der zweiten Kepler
Science Conference die jüngsten Ergebnisse der Weltraummission
auszutauschen. Unter anderem wurden 833 neue Planetenkandidaten präsentiert und
eine Studie vorgestellt, die sich mit der Frage befasst, wie häufig bewohnbare
Planeten eigentlich sind.
Das
Weltraumteleskop Kepler der NASA.
Bild: NASA / Kepler Mission / Wendy
Stenzel |
Seit einigen Monaten zeichnet das Weltraumteleskop Kepler zwar keine
Daten mehr auf, doch mit der Auswertung der schon aufgenommenen Daten sind die
Astronomen noch immer beschäftigt. Kepler hatte mehr als vier Jahre
lang über 150.000 Sterne anvisiert und nach Transits von Planeten gesucht.
Bei einem Transit, also dem Vorüberziehen eines Planeten vor einem Stern, sollte
sich die Helligkeit einer fernen Sonne kurzzeitig auf charakteristische Weise
verringern.
Doch bis aus den unzähligen Helligkeitsmessungen ein Hinweis auf einen potentiellen
Planeten und aus einem Planetenkandidaten ein tatsächlich bestätigter
extrasolarer Planet wird, können oft viele Monate vergehen. So präsentieren die
Astronomen, die sich in dieser Woche am Ames Research Center der NASA
im kalifornischen Moffett Field zur zweiten Kepler Science Conference
treffen, noch allerlei Neuigkeiten.
Dazu zählt beispielsweise die Bekanntgabe von 833 neuen Planetenkandidaten,
von denen zehn potentielle Planeten weniger als die doppelte Größe der Erde
haben und ihre Sonne zudem in der jeweiligen habitablen Zone umrunden. Die
Existenz von Wasser in flüssiger Form könnte auf diesen Welten also theoretisch
möglich sein. Dies ist ein beachtlicher Fortschritt, wenn man bedenkt, dass auf
der ersten Konferenz dieser Art vor zwei Jahren mit Kepler-22b erst der erste
bestätigte Planet in einer habitablen Zone vorgestellt wurde. Inzwischen wurden
noch vier weitere bestätigt.
"Welchen Einfluss die Ergebnisse der Kepler-Mission auf die
Erforschung von extrasolaren Planeten und die stellare Astrophysik haben, zeigt
sich schon daran, dass an dieser Konferenz fast 400 Wissenschaftler aus 30
verschiedenen Ländern teilnehmen", so William Borucki, der verantwortliche
Wissenschaftler für Kepler am Ames Research Center. "Wir haben
uns hier alle versammelt, um unseren gemeinsamen Erfolg beim Eröffnen einer ganz
neuen Ära der Astronomie zu feiern und weiter voranzubringen."
In den Daten aus den ersten drei Jahren der Kepler-Mission wurden
inzwischen insgesamt über 3.500 potentielle Planeten entdeckt. Seit Januar sind
29 Prozent dazugekommen. Bei den Planeten mit etwa Erdgröße war der Zuwachs
dabei anteilsmäßig am größten: Hier sind seit Januar 2013 beachtliche 78 Prozent
neu aufgespürt worden.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Erik Petigura, Doktorand an der
University of California in Berkeley, versuchte mit einer statistischen
Analyse von Kepler-Daten aus fast vier Jahren eine Frage zu
beantworten, die wohl alle brennend interessiert: Wie viele bewohnbare Planeten
gibt es in unserer Heimatgalaxie? Die Antwort: Offenbar kreist um jeden fünften
sonnenähnlichen Stern ein Planet von ungefähr Erdgröße in einem Abstand um seine
Sonne, die "lebensfreundliche" Verhältnisse auf dem Planeten erlauben könnten.
Geht man davon aus, dass rund 20 Prozent aller Sterne in der Milchstraße
sonnenähnlich sind, würde dies bedeuten, dass es in unserer Heimatgalaxie viele
Milliarden bewohnbarer Planeten geben könnte. "Wenn man sich die Tausende von
Sternen am Nachthimmel anschaut, ist der nächste sonnenähnliche Stern mit einem
erdgroßen Planeten in seiner habitablen Zone möglicherweise nur zwölf Lichtjahre
entfernt und kann mit bloßem Auge beobachtet werden. Das ist doch
beeindruckend", so Petigura.
Allerdings müssen, so das Team, erdgroße Planeten in einer habitablen Zone um
ihren Stern nicht unbedingt lebensfreundlich sein: "Einige könnten dicke
Atmosphären haben, so dass es auf der Oberfläche so heiß ist, dass DNA-ähnliche
Moleküle nicht existieren könnten", erklärt Geoffrey Marcy von der
University of California in Berkeley, der auch zum Team gehörte. "Andere
könnten aber eine steinige Oberfläche mit flüssigen Wasser haben und somit
lebensfreundlich sein. Wir wissen nicht, welche Bandbreite von Planetentypen und
Umweltbedingungen Leben erlauben."
Die Kepler-Daten wurden und werden aber nicht nur von
"Planetenjägern" unter die Lupe genommen, sondern auch von Astronomen, die sich
mit der sogenannten Asteroseismologie beschäftigen. So erlauben
bestimmte Helligkeitsvariationen Rückschlüssen auf Schallwellen im Inneren des
Sterns, die wiederum etwas über den Aufbau der fernen Sonne verraten.
"Sterne sind die Grundbausteine einer Galaxie, sie bestimmen ihre Entwicklung
und beherbergen Planeten", erklärt William Chaplin von der University of
Birmingham in Großbritannien. "Kepler hat die Asteroseismologie
revolutioniert und uns Beobachtungen mit einer unvergleichlichen Qualität für
Tausende von Sternen geliefert. Von solchen Daten konnten wir vor einigen Jahren
nur träumen."
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