Auch Galaxien haben Jahresringe
von Stefan Deiters astronews.com
1. November 2013
Galaxien haben sich über viele Milliarden Jahre zu dem
entwickelt, was sie heute sind. Astronomen ist es also unmöglich, ihr Wachstum
direkt zu beobachten. Die Auswertung von Daten der Teleskope WISE und GALEX hat
nun aber gezeigt, dass die inneren und äußeren Bereiche der Scheibe einer
Galaxie einiges über ihre Entwicklung verraten - ganz ähnlich wie die
Jahresringe bei Bäumen.

Die Galaxie NGC 3377 in einem Bild, das aus
Daten von WISE und GALEX erstellt wurde. Die
WISE-Daten sind rot, die GALEX-Daten grün und
blau dargestellt.
Bild: NASA/JPL-Caltech |
Mithilfe von Daten des Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE)
und des Galaxy Evolution Explorer (GALEX) haben Astronomen jetzt neue
Hinweise darauf gefunden, dass Galaxien von innen nach außen wachsen. Die
Sternentstehung beginnt danach im Zentralbereich der Galaxie und setzt sich ein
bis zwei Milliarden Jahre später in den äußeren Regionen fort.
"Zu Beginn entsteht die Masse im Zentrum der Galaxie durch eine heftige
Sternentstehungsphase", erklärt Sara Petty von der Virginia Tech in
Blacksbury, die auch Erstautorin eines Fachartikels über die Untersuchung ist,
die in der Zeitschrift The Astronomical Journal publiziert wurde. "Später
folgt dann eine Sternentstehungsphase in den äußeren Bereichen. Irgendwann hört
die Galaxie dann ganz auf Sterne zu erzeugen. Die zweite Sternentstehungsphase
wird eventuell durch Verschmelzungen mit kleineren gasreichen Nachbargalaxien
ausgelöst, die den Grundstoff für neue Sterne geliefert haben."
Die neue Untersuchung könnte zudem helfen, eine überraschende Beobachtung bei
alten und rötlichen Galaxien zu erklären, in denen nahezu keine neuen Sterne
mehr entstehen. Es zeigte sich nämlich, dass in ihren äußeren Regionen eine
unerwartet hohe Menge an ultravioletter Strahlung zu beobachten ist. Solche
Strahlung wird in der Regel mit heißen jungen Sternen in Verbindung gebracht,
die es in diesen Galaxien nicht mehr in großer Zahl geben sollte.
Petty und ihre Kollegen nutzten für ihre Untersuchung Beobachtungen in zwei
sehr unterschiedlichen Wellenlängenbereichen: Der Galaxy Evolution Explorer
lieferte Daten im Ultravioletten, der Wide-Field Infrared Survey Explorer
im Infraroten und konnte so das Licht von älteren Sternen detektieren. Auf diese
Weise stellten die Astronomen fest, dass das mysteriöse ultraviolette Licht
offenbar von alten Sternen in einer späten Phase ihres nuklearen Lebens stammt,
in der sie ihre äußeren Hüllen ins All abstoßen und sich aufheizen.
"Durch das Zusammenspiel von GALEX und WISE haben wir sehr empfindliche
Messungen darüber erhalten, wo es heiße und ältere Sterne in diesen roten
Galaxien ohne Sternentstehung gibt", erläutert Teammitglied Don Neill vom
California Institute of Technology in Pasadena. "Auf diese Weise lässt sich
das Fortschreiten der Sternentstehung in jeder Galaxie kartieren."
Der Galaxy Evolution Explorer der NASA wurde im Sommer dieses Jahres
abgeschaltet. Das Ultraviolett-Weltraumteleskop hatte zehn Jahre lang
Beobachtungen von unzähligen Galaxien gemacht und damit wichtige Daten zur
Galaxienentwicklung geliefert. Auch die Mission des Wide-field Infrared
Survey Explorer war eigentlich schon beendet. Im August entschied man sich
aber, das Instrument wieder in Betrieb zu nehmen und fortan für die Suche nach
Asteroiden zu nutzen (astronews.com berichtete).
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