Der erste erdgroße Gesteinsplanet
von Stefan Deiters astronews.com
31. Oktober 2013
In den Daten des Weltraumteleskops Kepler haben
Astronomen nun erstmals einen Gesteinsplaneten entdeckt, der ähnlich groß wie
die Erde ist. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten zwischen Kepler-78b und
unserer Heimatwelt auch schon auf: Der ferne Planet ist seiner Sonne so nah,
dass er für eine Umrundung nur 8,5 Stunden benötigt. Nun rätseln die Astronomen,
wie der Planet auf diese Bahn gelangt ist.
Der Planet Kepler-78b umkreist seine Sonne in
äußerst geringem Abstand.
Bild: David A. Aguilar (CfA) |
Es ist mit Sicherheit nicht der Fund, auf den alle gewartet hatten: Bis heute
suchen Astronomen nämlich noch fieberhaft nach einem Planeten um einen anderen
Stern, der nicht nur eine ähnliche Größe und Masse wie die Erde hat, sondern
auch noch im richtigen Abstand um seine Sonne kreist, so dass dort theoretisch
flüssiges Wasser und damit eventuell auch Leben existieren könnte.
In zwei Fachartikeln in der Zeitschrift Nature beschreiben
Wissenschaftler nun mit Kepler-78b eine Welt, die zumindest zwei Kriterien
erfüllt: Sie hat in etwa die Größe der Erde und es ist vermutlich ein
Gesteinsplanet. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Kepler-78b
umrundet seine Sonne nämlich auf einer so engen Bahn, dass der Planet gerade
einmal 8,5 Stunden benötigt, um seinen Stern zu umkreisen.
"Die Neuigkeit erreichte uns sehr stilvoll durch die Nachricht: Kepler-10b
hat einen kleinen Bruder", erinnert sich Natalie Batalha,
Missionswissenschaftlerin für Kepler am Ames Research Center
der NASA. Batalha gehörte zu einem Team, das mit Kepler-10b den ersten
Gesteinsplaneten mit Kepler entdeckt hatte, der allerdings deutlich
größer als die Erde ist (astronews.com berichtete).
"Diese Nachricht zeugt von der Freude, dass die Kepler-Familie der
extrasolaren Planeten weiter anwächst", so die Astronomin. "Es zeigt auch,
welche Fortschritte wir machen: Den Doppler-Teams gelingen immer genauere
Messungen und können so die Massen immer kleinerer Planeten bestimmen. Damit
sind wir auf gutem Weg, um eines Tages auch Beweise für Leben jenseits der Erde
zu finden."
Kepler-78b wurde in den Daten des Weltraumteleskops Kepler
aufgespürt, das mehr als vier Jahre über 150.000 Sterne anvisiert und nach
Transits von Planeten gesucht hat. Bei einem Transit, also dem Vorüberziehen
eines Planeten vor einem Stern, sollte sich die Helligkeit einer fernen Sonne
kurzzeitig auf charakteristische Weise verringern.
Um sich aber sicher zu sein, dass tatsächlich ein vorüberziehender Planet für
diese minimalen Helligkeitsschwankungen verantwortlich ist, müssen weitere
Beobachtungen gemacht werden. Zum Einsatz kommt dabei die sogenannte
Radialgeschwindigkeitsmethode, bei der nach einem leichten Wackeln des
Zentralsterns gesucht wird, das ein umlaufender Planet verursacht.
Entsprechende Beobachtungen für Kepler-78b führten zwei unabhängige Teams am
Keck Observatory auf Hawaii und am Observatorio del Roque de los
Muchachos auf der Kanareninsel La Palma durch. Auf La Palma kam dabei das
neue Instrument HARPS-North zum Einsatz, ein "Zwilling" des schon
berühmten HARPS-Spektrographen, der an einem Teleskop des Observatoriums im
chilenischen La Silla montiert ist (astronews.com
berichtete).
Mit den Kepler-Daten zusammen ließ sich Kepler-78b recht genau
charakterisieren: Kepler lieferte die Größe des Planeten, die
erdgebundenen Beobachtungen die Masse. Kepler-78b ist damit der erste Planet von
Erdgröße, bei dem sowohl Größe als auch Masse und damit auch seine Dichte
bestimmt werden konnten. Diese wiederum erlaubt Rückschlüsse auf die
Zusammensetzung.
Kepler-78b hat die 1,2-fache Größe der Erde und die 1,7-fache Masse. Für die
Dichte ergibt sich damit ein erdähnlicher Wert. Die Forscher vermuten, dass
Kepler-78b hauptsächlich aus Gestein und Eisen besteht. Sein Zentralstern ist
etwas masseärmer als unsere Sonne und befindet sich in einer Entfernung von rund
400 Lichtjahren im Sternbild Schwan. Wegen seiner extrem engen Umlaufbahn dürfte
der Planet aber kaum eine Ähnlichkeit mit der Erde haben. Die hohen Temperaturen
auf seiner Oberfläche sollten jegliches Leben wie wir es kennen, unmöglich
machen.
Die Umlaufbahn von Kepler-78b stellt die Astronomen zudem vor ein Rätsel:
"Dieser Planet ist ein Mysterium", so David Latham vom Harvard-Smithsonian
Center for Astrophysics im amerikanischen Cambridge. "Wir wissen nicht, wie
er entstanden ist und wie er dorthin kam, wo wir ihn jetzt sehen. Was wir wissen
ist, dass er nicht dauerhaft überleben wird." Das bestätigt auch sein Kollege
Dimitar Sasselov: "Kepler-78b wird, auf astronomischen Zeitskalen, sehr bald in
seinem Stern enden."
Bei seiner Entstehung sollte der junge Stern größer gewesen sein als heute,
so dass die Bahn von Kepler-78b innerhalb des Sterns gelegen hätte. "Der Planet
kann nicht dort entstanden sein, wo wir ihn jetzt sehen, da sich innerhalb eines
Sterns keine Planeten bilden", so Sasselov. "Er konnte auch nicht weiter außen
entstanden und dann ins Innere gewandert sein, denn dann wäre er bis in den
Stern hinein gewandert. Dieser Planet ist ein großes Rätsel."
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