Die komplizierte Bewegung der Milchstraße
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam astronews.com
30. Oktober 2013
Die Bewegung unserer Milchstraße ist offenbar deutlich
komplexer als angenommen. Dank des Radial Velocity Experiment (RAVE)
gelang es Astronomen nun erstmals, präzise Bewegungsmuster der Sterne in der
Umgebung unserer Sonne in drei Dimensionen zu erstellen. Das überraschende
Ergebnis: Unsere Milchstraße scheint zu "flattern".
Aufnahme eines Geschwindigkeitsfelds durch RAVE.
Der Ausschnitt zeigt eine Fläche senkrecht zur
Ebene der Milchstraße. Die Pfeile markieren die
Bewegungsrichtung der Sterne. Die Farben
signalisieren verschiedene Geschwindigkeiten.
Bild: AIP [Großansicht] |
Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, "flattert". Dies hat ein Team von
Astronomen um Mary Williams vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP)
nun festgestellt. Die Wissenschaftler entdeckten diesen Effekt mit Daten des
RAdial Velocity Experiments (RAVE), in dessen Rahmen Informationen über
rund eine halbe Millionen Sterne im Umkreis der Sonne gesammelt wurden. Die Milchstraße
rotiert demnach nicht nur, sondern bewegt sich auch senkrecht zur galaktischen
Scheibe.
Dass sich unsere Heimatgalaxie in permanenter Bewegung befindet, ist seit
langem bekannt. Als Balkenspiralgalaxie rotiert sie um das galaktische Zentrum.
Doch die Bewegungen der Sterne sind offenbar deutlich komplizierter: Im Rahmen
ihrer Untersuchung entdeckten die Astronomen auch eine Bewegung aus der
galaktischen Scheibe hinaus - sie vergleichen dies mit dem Flattern einer Flagge
im Wind.
Die Kräfte, die diese Bewegungen anstoßen, kommen aus unterschiedlichen
Richtungen und lösen so dieses "Flattern" aus. Der genaue Ursprung dieser Kräfte
konnte noch nicht geklärt werden, die Astronomen vermuten aber, dass unter
anderem der Durchgang kleinerer Galaxien durch die Milchstraße ein Grund sein
könnte.
Für die in diesem Monat in einem Fachartikel in der Zeitschrift Monthly Notices
of the Royal Astronomical Society veröffentlichte Studie nutzten die
Astronomen die Sterne des
RAdial Velocity Experiments, um so mehr über die Geschwindigkeiten von
Sternen im Umkreis unserer Sonne in allen Dimensionen zu erfahren. Das auf diese
Weise
untersuchte Gebiet erstreckt sich 6.500 Lichtjahre ober- und unterhalb der Sonne
und deckt ein Viertel des Weges bis zum galaktischen Zentrum ab.
Um die Entfernung der Sterne zu bestimmen nutzten die Wissenschaftler
sogenannte Red Clump Stars, also "Rote-Klumpen-Sterne". Es handelt sich
um Sterne in einer ganz bestimmten Entwicklungsphase, die sich dadurch auszeicht, dass die Sterne hier alle in etwa die gleiche Leuchtkraft haben, so
dass sie sich gut für die astronomische Entfernungsmessung eignen.
Durch die Verbindung der RAVE-Daten mit anderen Daten war es schließlich
möglich, erstmals präzise Bewegungsmuster der Sterne in drei Dimensionen zu
erstellen. Die Muster, die so sichtbar wurden, erwiesen sich als hoch komplex.
Um die Muster zu entwirren und zu verstehen, legte das Forscherteam seinen Fokus
auf die Untersuchung der unterschiedlichen Bewegungsmustern, wie sie über- und
unterhalb der galaktischen Scheibe gefunden werden können.
Es stellte sich heraus, dass die Bewegungen und Geschwindigkeiten innerhalb
der Milchstraße vielfältiger sind als gedacht. Den vertikalen Bewegungen liegt
beispielsweise ein wellenförmiges Muster zugrunde aus dem einzelne Sterne quasi
rausgeschossen werden. Mit den neuen Ergebnissen wird es zukünftig möglich sein,
wesentlich präzisere 3D-Modelle unserer Galaxie zu erstellen. Allerdings dürfte
die jetzt entdeckte komplexe Struktur der Bewegungen der Sterne an künftige
Modelle der Milchstraße auch ganz neue Herausforderungen stellen, so die
Wissenschaftler in ihrem Fachartikel.
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