Dunkle Nachbarn unserer Sonne
von Stefan Deiters astronews.com
10. September 2013
Im Rahmen der Himmelsdurchmusterung des
Infrarot-Weltraumteleskops WISE spürten Astronomen vor zwei Jahren die
vielleicht kältesten stellaren Objekte auf. Neue Beobachtungen mit dem
Weltraumteleskop Spitzer zeigen nun, dass diese Braunen Zwerge
lediglich 20 bis 50 Lichtjahre von der Sonne entfernt sind. Sie sind allerdings
etwas wärmer als zunächst angenommen.

So könnten die dunklen Nachbarn unserer Sonne
aussehen.
Bild: NASA / JPL-Caltech |
Dank einer umfangreichen Himmelsdurchmusterung im Infraroten, die mit dem
Wide-Field Infrared Survey Explorer (WISE) der NASA durchgeführt wurde,
entdeckten Astronomen im Jahr 2011 eine neue Klasse von extrem kühlen stellaren
Objekten. Es handelte sich dabei um sogenannte Braune Zwerge, also Objekte, die
nach Ansicht der Astronomen wie ein Stern entstanden sind, jedoch nicht über
ausreichend Masse verfügen, um die nuklearen Fusionsprozesse in ihrem Inneren
dauerhaft zu zünden. Wie kalt diese Braunen Zwerge allerdings sind, wusste man
nicht genau. Manche hielten es für möglich, dass einige Objekte praktisch nur
Zimmertemperatur besitzen.
Eine neue Untersuchung mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer der
NASA hat nun gezeigt, dass es sich bei diesen kalten Braunen Zwergen zwar
tatsächlich um die bislang kältesten stellaren Objekte handelt, sie allerdings
wärmer sind als ursprünglich gedacht. Ihre Oberflächentemperatur liegt zwischen
125 und 175 Grad Celsius. Zum Vergleich: Unsere Sonne hat eine
Oberflächentemperatur von etwa 5.730 Grad Celsius.
Um allerdings diese Temperaturen nach mehreren Milliarden Jahren Abkühlzeit
zu erreichen, dürften diese Objekte Massen haben, die lediglich der fünf- bis
20-fachen Masse des Jupiter entsprechen. Braune Zwerge können nur durch ihre
Kontraktion Energie erzeugen. Vom Studium dieser Objekte, die kaum massereicher
als ein großer Gasplanet sind, erhoffen sich Astronomen neue Erkenntnisse über
die Entstehung von Sternen und Planeten.
"Sollte man ein solches Objekt entdecken, das um einen normalen Stern kreist,
gibt es eine gute Chance, dass man es Planet nennen würde", meint Trent Dupuy
vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. Da die Objekte aber
sehr wahrscheinlich alleine entstanden sind und nicht innerhalb einer Scheibe
aus Gas und Staub um einen massereicheren Stern, bezeichnen die Astronomen sie
als Braune Zwerge, obwohl sie nur eine planetenähnliche Masse aufweisen.
Die Untersuchung dieser kalten Braunen Zwerge ist allerdings alles andere als
leicht: Sie senden den größten Teil ihres Lichts in infraroten Wellenlängen aus
und sind aufgrund ihrer geringen Größe und Temperatur nur sehr lichtschwach. Um
ihre Temperaturen genauer bestimmen zu können, benötigten die Wissenschaftler
zunächst ihre Entfernung. "Wir wollten herausfinden, ob sie kälter,
lichtschwächer und uns näher waren, oder aber wärmer, heller und weiter
entfernt", erklärt Dupuy.
Mithilfe des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer konnten die
Astronomen jetzt ermitteln, dass diese Braunen Zwerge zwischen 20 und 50
Lichtjahre von uns entfernt sind. Dies gelang durch Messung ihrer Parallaxe,
also ihrer scheinbaren Positionsänderung in Bezug auf weiter entferntere Sterne,
wenn man die Objekte von verschiedenen Standorten aus betrachtet. In der Regel
nutzt man dabei aus, dass sich die Erde um die Sonne bewegt und sich dadurch im
Laufe eines Jahres andere Beobachtungspositionen ergeben.
Doch auch für diese vergleichsweise nahen Objekte ist die Parallaxe relativ
gering: "Um die präzise Entfernung bestimmen zu können, mussten unsere Messungen
eine Genauigkeit erreichen, die vergleichbar ist mit der Positionsbestimmung
eines Glühwürmchens auf 2,5 Zentimeter genau aus einer Entfernung von 320
Kilometern", vergleicht Adam Kraus von der University of Texas in
Austin.
Die in der vergangenen Woche in der Wissenschaftszeitschrift Science
vorgestellte Studie befasst sich lediglich mit den ersten von WISE entdeckten
sehr kühlen Braunen Zwergen. Spätere Entdeckungen von ähnlichen Objekten müssen
noch detaillierter untersucht werden und könnten noch etwas mehr Licht auf diese
dunklen Nachbarn unserer Sonne werfen.
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