Seltsame Ausrichtung von Planetarischen Nebeln
von Stefan Deiters astronews.com
5. September 2013
Astronomen haben mithilfe des New Technology Telescope
und des Weltraumteleskops Hubble über 100 Planetarische Nebel im
Zentralbereich der Milchstraße untersucht und dabei eine überraschende
Entdeckung gemacht: Einige scheinen am Himmel auf eine seltsame Art ausgerichtet
zu sein. Nun rätseln die Forscher, wie es dazu kommen konnte.

Bipolare Planetarische Nebel, hier als
Beispiel der Nebel Hubble 12, sind im Bulge der
Milchstraße offenbar auf bestimmte Weise
ausgerichtet.
Bild: NASA, ESA, Josh Barrington [Großansicht] |
Planetarische Nebel stellen die vorletzte Phase im "Leben" eines
sonnenähnlichen Sterns dar. Hat ein solcher Stern seinen nuklearen Brennstoff
verbraucht, stößt er seine äußeren Hüllen ins All ab. Die intensive Strahlung
seines noch heißen Kerns bringt dann dieses Gas zum Leuchten und es entstehen
Objekte, die wohl zu den farbenprächtigsten und schönsten Gebilden im Universum
zählen. Im Zentrum dieser Planetarischen Nebel bleibt dann ein Weißer Zwergstern
zurück.
Planetarischen Nebel können ganz unterschiedliche Formen haben. Dies beweist
schon ein Blick in unser
Album, in dem wir alle Aufnahmen Planetarischer Nebel zusammengestellt
haben, die schon einmal als ein Bild des Tages zu sehen waren. Einige Nebel
ähneln einer Eieruhr oder einem Schmetterling. Sie werden von den Astronomen als
"bipolare Nebel" bezeichnet.
Astronomen der University of Manchester haben nun eine überraschende
Gemeinsamkeit der verschiedenen von ihnen beobachteten bipolaren Planetarischen
Nebeln entdeckt: Viele von ihnen sind am Himmel offenbar auf eine sehr ähnliche
Art und Weise ausgerichtet. "Das ist wirklich eine überraschende Entdeckung und
wenn sie sich bestätigen sollte, eine sehr wichtige", urteilt Bryan Rees von der
University of Manchester. "Bei vielen dieser geisterhaften
Schmetterlinge scheint ihre Längsachse entlang der Ebene unserer Milchstraße
ausgerichtet zu sein. Durch die Verwendung von Bildern sowohl von Hubble
als auch des NTT konnten wir diese Objekte sehr gut sehen und sie detailliert
untersuchen."
Für ihre Studie beobachteten die Forscher 130 Planetarische Nebel im
Bulge genannten Zentralbereich unserer Galaxie. Sie teilten die Objekte
nach ihrem Aussehen in drei verschiedene Typklassen ein und untersuchten sie
detailliert. Dazu verwendeten sie Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble
und des New Technology Telescope der europäischen Südsternwarte ESO,
das Teil des Observatoriums in La Silla in Chile ist.
"Während die Ausrichtung von zwei Typklassen der Nebel am Himmel - wie
erwartet - vollkommen zufällig war, bemerkten wir, dass die dritte Klasse, die
bipolaren Nebel, eine bestimmte bevorzugte Ausrichtung zu haben scheinen",
erläutert Albert Zijlstra, ein Kollege von Rees. "Jede Ausrichtung ist hier
schon eine Überraschung, eine solche Ausrichtung aber gerade in der dicht
bevölkerten Zentralregion der Galaxie zu finden, ist noch überraschender."
Die Form Planetarischer Nebel wird nach Ansicht der Astronomen durch die
Rotation des Sternsystems bestimmt, aus dem der Nebel entsteht. So kann
beispielsweise die sich bildende Hülle aus Gas rund um ein Doppelsternsystem
oder um einen Stern mit zahlreichen Planeten anders aussehen, als um eine
einzelne Sonne. Bipolare Nebel könnten durch gebündelte Teilchenstrahlen
entstehen, die senkrecht zur Orbitalebene eines Doppelsternsystems ins All
geblasen werden.
"Die Ausrichtung, die wir bei diesen bipolaren Nebeln beobachtet haben,
deutet auf eine Besonderheit dieser Sternsysteme im zentralen Bulge
hin", so Rees. "Um die festgestellte Ausrichtung zu erklären, müssten die
Sternsysteme, aus denen diese Nebel entstanden sind, senkrecht zu den
interstellaren Wolken rotiert haben, aus denen sie entstanden sind, was sehr
merkwürdig ist."
Die neue Studie deutet nach Ansicht der Forscher darauf hin, dass nicht nur
die Eigenschaften des Sternsystems Aussehen und Ausrichtung der Planetarischen
Nebel beeinflussen, sondern offenbar auch noch ein weiterer mysteriöserer
Faktor, wie etwa die Rotation des zentralen Bulge um das Zentrum der
Milchstraße. Dieser Bulge könnte durch sein Magnetfeld einen weitaus
größeren Einfluss auf die gesamte Galaxie ausüben, als man bislang angenommen
hatte.
Die Astronomen halten es für möglich, dass die seltsame Anordnung der
Planetarischen Nebel durch starke Magnetfelder verursacht worden sein könnte,
die bei der Entstehung des Bulge vorhanden waren. Da man in unserer
näheren Umgebung die jetzt entdeckte Anordnung der Planetarischen Nebel nicht
beobachtet, müssen diese Magnetfelder deutlich stärker gewesen sein, als wir sie
heute in unserer Umgebung messen können.
"Wir können von der Untersuchung dieser Objekte jede Menge lernen", so
Zijlstra. "Wenn sie sich wirklich auf so unerwartete Weise verhalten, hat das
nicht nur Auswirkungen für die Vergangenheit von individuellen Sternen, sondern
auch für die Vergangenheit unserer gesamten Galaxie."
Die Astronomen berichten über ihre Untersuchung in einem Fachartikel in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
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