Leben wir in einer Hubble-Bubble?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
27. August 2013
Die Hubble-Konstante ist eine der fundamentalen Werte in der
Kosmologie und ein Maß für die Expansion des Universums. Unterschiedliche
Messverfahren ergeben jedoch leicht verschiedene Werte für diese Konstante.
Jetzt liefern theoretische Physiker eine mögliche Erklärung für die Diskrepanz:
Wir leben in einem untypischen Bereich des Universums, in einer Hubble-Bubble.

Ist das Universum in unserer Umgebung typisch
oder Leben wir in einer Hubble-Bubble?
Bild: STScI / NASA |
Der von uns beobachtbare Teil des Universums expandiert seit dem Urknall und
dehnt sich bis heute stetig weiter aus. Dies führt dazu, dass sich Galaxien von
unserer Milchstraße entfernen. Die aktuelle Geschwindigkeit dieses Wachstums
wird durch die Hubble-Konstante beschrieben. Sie zu bestimmen, gehört zu den
Aufgaben der modernen Kosmologie, da sie unter anderem für die Berechnung
grundlegender Eigenschaften des Universums, wie etwa seines Alters, bedeutsam
ist.
Für die Bestimmung der Hubble-Konstante gibt es zwei gebräuchliche
Messmethoden, deren Ergebnisse jedoch nicht deckungsgleich sind. "Dies führt in
der Wissenschaft seit langem zu intensiven und anhaltenden Diskussionen", so Dr.
Valerio Marra vom Institut für Theoretische Physik der Universität Heidelberg.
Ein Weg, die Hubble-Konstante und damit die Expansionsrate des Universums zu
bestimmen, beruht darauf, die als kosmischer Mikrowellenhintergrund bekannte
Strahlung im Weltall zu messen. Diese wurde rund 400.000 Jahre nach dem Urknall
freigesetzt und durchzieht das gesamte Universum. Messergebnisse aus dieser
uralten Strahlung ermittelte vor wenigen Monaten das Weltraumteleskop Planck
der ESA (astronews.com berichtet). Im Vergleich dazu lässt sich die
Hubble-Konstante ebenfalls aus der - größtenteils auf die Expansion des
Universums zurückgehenden - Bewegung von Galaxien in der Nachbarschaft der
Milchstraße ableiten.
"Vergleicht man die Messwerte beider Methoden, ergibt sich eine Abweichung
von rund neun Prozent", so Marra. Auf der Suche nach einer Erklärung dieses
Unterschieds der Daten gingen die Heidelberger Forscher davon aus, dass es sich
nicht um einen bisher unerkannten Messfehler handelt, sondern die Abweichungen
auf einen physikalischen Effekt zurückgehen. Eine Ursache dafür könnte nach
Ansicht Marras die Existenz von Hubble-Bubbles, also Hubble-Blasen sein. Hiermit
werden Regionen im Universum bezeichnet, in denen die Dichte der Materie unter
dem kosmischen Mittelwert liegt.
"Die Kenntnis unserer kosmischen Nachbarschaft ist bisher zu ungenau, um
feststellen zu können, ob wir uns in solch einer Blase befinden", so Marra.
"Nehmen wir jedoch einmal an, dass unsere Milchstraße in einer Hubble-Bubble
liegt. Dann würde die Materie außerhalb der Blase die Galaxien in unserer
Nachbarschaft stark anziehen, so dass sich diese überdurchschnittlich stark
bewegen. In diesem Fall würden wir eine erhöhte Hubble-Konstante messen, die
zwar für unsere kosmologische Nachbarschaft gilt, nicht jedoch für das Universum
als Ganzes."
Dies könnte, so Marra, die unterschiedlichen Messergebnisse erklären: Bei der
vom Planck-Satelliten gemessenen Hubble-Konstante handele es sich dann
um einen räumlichen Mittelwert, der für das Universum als Ganzes gelte. Die
anhand der Galaxienbewegung bestimmte Hubble-Konstante gälte dann jedoch nur in
der Umgebung der Milchstraße.
"Wer erwartet, dass die Messungen aus unserer kosmischen Nachbarschaft
dieselben Ergebnisse wie die der Mikrowellenstrahlung ergeben, der nimmt dabei
implizit an, dass wir in einer typischen Region des Kosmos leben. Das muss
jedoch nicht sein", verdeutlicht Marras Kollege Prof. Luca Amendola, dessen
Arbeitsgruppe sich seit vielen Jahren mit der Expansion des Kosmos beschäftigt.
Mit ihrem Forschungsansatz können die Wissenschaftler bislang rund ein Viertel
der Abweichung zwischen den beiden Hubble-Konstanten begründen. Von einer
detaillierteren Analyse erwarten Marra und seine Kollegen, dass sich die
Diskrepanz noch weiter reduzieren lässt.
"Bisher arbeiten wir in unserem Modell mit einer kugelförmigen Hubble-Bubble.
Aber es ist viel wahrscheinlicher, dass eine solche Blase eine asymmetrische
Form aufweist, wodurch sich die abweichenden Messwerte wahrscheinlich noch
besser erklären lassen", sagt Dr. Ignacy Sawicki, der ebenfalls am Institut für
Theoretische Physik der Universität Heidelberg forscht. "Sollte sich der
Unterschied der Daten stattdessen manifestieren, wäre dies ein wichtiger Hinweis
darauf, dass in der bisherigen naturwissenschaftlichen Vorstellung des Kosmos
noch eine Zutat fehlt.
Über ihre Untersuchungen berichten die Physiker
in einem Fachartikel in der Zeitschrift Physical Review Letters.
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