Die Bewegung des Jets von M87
von Stefan Deiters astronews.com
23. August 2013
Aus dem Zentrum der elliptischen Riesengalaxie M87 schießt
ein enggebündelter Partikelstrahl mit hoher Geschwindigkeit ins All. Hubble-Beobachtungen
über eine Zeitraum von mehr als 13 Jahren lassen nun erkennen, wie sich das
Material in diesem Jet bewegt. Die Daten könnten mehr über die Wechselwirkungen
zwischen supermassereichen Schwarzen Löchern und ihren Galaxien verraten.

Die Bewegung des Jets von M87 über 13 Jahre.
Bild: NASA, ESA, E. Meyer, W. Sparks, J.
Biretta, J. Anderson, S.T. Sohn und R. van der
Marel (STScI), C. Norman (Johns Hopkins
University) und M. Nakamura (Academia Sinica) [vergrößerte
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Die elliptische Riesengalaxie M87 liegt im Zentrum des Virgo-Galaxienhaufens,
der aus rund 2.000 Galaxien besteht und etwa 50 Millionen Lichtjahre von uns
entfernt ist. Im Zentrum von M87 befindet sich ein supermassereiches Schwarzes
Loch, dessen Masse viele Milliarden Mal größer ist als die unserer Sonne.
Material, das von diesem Giganten angezogen wird, sammelt sich zum
überwiegenden Teil zunächst in einer scheibenförmigen Region um das Schwarze
Loch, in der sogenannten Akkretionsscheibe. Magnetfelder, so zumindest die
Theorie der Astromomen, können dann dafür sorgen, dass ionisiertes Gas von hier
aus mit großer Geschwindigkeit in eng gebündelten Strahlen ins All geschleudert
wird.
Auch M87 verfügt über einen dieser Jets und Beobachtungen mit dem
Weltraumteleskop Hubble über einen Zeitraum von mehr als 13 Jahren
haben den Astronomen nun ermöglicht, die Bewegung des Gases in diesem etwa 5.000
Lichtjahre langen Jet zu verfolgen. Von den Daten erhoffen sich die
Wissenschaftler neue Hinweise darauf, wie aktive supermassereiche Schwarze
Löcher ihre Wirtsgalaxien beeinflussen können.
"Zentrale supermassereiche Schwarze Löcher sind die Schlüsselkomponente aller
großen Galaxien", erläutert Eileen T. Meyer vom Space Telescope Science
Institute (STScI) in Baltimore, die die Untersuchungen leitete. "Von den
meisten dieser aktiven Schwarzen Löcher nimmt man an, dass sie einmal eine
aktive Phase durchlaufen haben und die durch das Schwarze Loch in seiner aktiven
Phase erzeugten Jets spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der
Galaxie. Durch die Untersuchung dieses Phänomens in der uns am nächsten
gelegenen Galaxie mit einem im Optischen sichtbaren Jet hoffen wir mehr über die
Galaxienentstehung und die Physik Schwarzer Löcher im Allgemeinen zu lernen."
Auf der Bildfolge von Hubble ist erstmals zu erkennen, dass sich das
Plasma in dem Jet spiralförmig bewegt - vermutlich entlang von magnetischen
Feldlinien, die wie eine Helix verdreht sind. Das Magnetfeld dürfte in der
rotierenden Akkretionsscheibe entstehen. Obwohl man es nicht direkt sehen kann,
spricht doch die starke Bündelung des Jets für seine Existenz.
"Wir haben Hubble-Daten eines relativ nahe gelegenen Jets aus
mehreren Jahren ausgewählt, wodurch wir sehr viele Details erkennen konnten", so
Meyer. "Der einzige Grund, warum man die Bewegung in diesem entfernten Jet schon
über einen Zeitraum von wenigen Jahren erkennen kann, ist, dass er sich sehr
schnell bewegt."
Meyer entdeckte Hinweise auf eine helixartige Struktur des Magnetfelds in
verschiedenen Bereichen des Jets. So schien sich ein heller Klumpen in dem Jet
beispielsweise zickzackförmig zu bewegen, als ob er einer spiralförmigen Bahn
folgt. Auch andere Klumpen scheinen sich um eine unsichtbare Struktur zu
bewegen. "Auf früheren Beobachtungen von Jets von Schwarzen Löchern konnte man
die verschiedenen Bewegungskomponenten nicht unterscheiden, so dass sich daraus
keine detaillierten Informationen über die Bewegung des Jets ableiten ließen."
Die Astronomen interessierten sich auch für die Frage, warum der Jet aus
einer Aneinanderreihung von Klumpen besteht, die immer wieder heller und dunkler
werden. "Der Jet hat eine sehr klumpige Struktur. Handelt es sich dabei um einen
ballistischen Effekt, ähnlich wie Kanonenkugeln, die nacheinander von einer
Kanone abgefeuert werden? Oder ist ein interessantes physikalisches Phänomen
dafür verantwortlich, wie etwa eine Stoßwelle, die durch das Magnetfeld
entsteht?", skizziert Meyer die Überlegungen der Forscher.
Für beide Szenarien gibt es Hinweise: "Wir fanden Dinge, die sich sehr
schnell bewegten, wir fanden Dinge die sich langsam bewegten und sogar einige,
die stationär waren. Diese Untersuchung hat uns gezeigt, dass diese Klumpen sehr
dynamische Quellen sind", so Meyer.
Das Team hat acht Monate lang 400 Beobachtungen von M87 mit dem
Weltraumteleskop Hubble ausgewertet, die zwischen 1995 und 2008
entstanden waren. So wurde es möglich, die geringe Bewegung des Jets am Himmel
über diese 13 Jahre nachzuweisen. Es gelang ihnen auch, Strukturen im heißen
Plasma zu vermessen, die lediglich einen Durchmesser von 20 Lichtjahren hatten.
Doch verhalten sich alle Jets so wie der von M87? Für eine Antwort ist es
noch zu früh: "Es ist immer gefährlich nur ein Beispiel zu haben, weil das
gerade der merkwürdige Abweichler sein könnte", so Meyer. "Das Schwarze Loch von
M87 ist aber Grund genug, sich nun weitere Jets anzuschauen." Drei Objekte für
neue Hubble-Beobachtungen haben die Astronomen schon im Blick. Über
ihre aktuellen Ergebnisse berichten sie in der Fachzeitschrift The
Astrophysical Journal Letters.
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