Wie extreme Magnetfelder entstehen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
6. August 2013
Astronomen ist es erstmals gelungen, mithilfe numerischer
Simulationen eine Instabilität im Inneren von Neutronensternen nachzuweisen, die
zu extrem starken Magnetfeldern führen kann. Diese Magnetfelder könnten bei der Entstehung von sogenannten Gammastrahlenblitzen
eine Rolle spielen, die zu den gewaltigsten Explosionen im All zählen

Eine Instabilität im Innern eines hypermassiven
Neutronensterns kann enorme Magnetfeldstärken
hervorrufen, bevor der Stern zu einem Schwarzen
Loch kollabiert.
Bild: Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik / D. Siegel [Großansicht] |
Wenn zwei Neutronensterne in einem Doppelsternsystem miteinander
verschmelzen, entsteht zunächst ein ultradichter oder "hypermassiver"
Neutronenstern. Sein kurzes Leben endet mit einem dramatischen Kollaps zu einem
Schwarzen Loch. Dabei wird möglicherweise ein kurzer Gammablitz erzeugt, eine
der gewaltigsten Explosionen, die wir im All beobachten können. Solche kurzen
Gammastrahlenblitze, wie sie von Satelliten wie XMM Newton, Fermi
oder Swift beobachtet werden, strahlen in einer Sekunde so viel Energie
ab wie unsere gesamte Galaxie in einem Jahr.
Seit langem vermutet man, dass enorm starke Magnetfelder in der Umgebung des
sich bildenden Schwarzen Lochs eine Schlüsselrolle für die Erklärung solcher
Gammastrahlen-Blitze spielen. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) konnten jetzt erstmals einen
Mechanismus nachweisen, der solche enormen Magnetfeldstärken hervorbringen kann
bevor sich das Schwarze Loch bildet.
Lange Zeit hatten Astronomen gerätselt, wie derart riesige Magnetfelder, die
die Stärke des Erdmagnetfeldes um das zehn bis hundert Billiardenfache
übertreffen, aus den ursprünglich deutlich kleineren Magnetfeldern der
Neutronensterne entstehen können. Ursache dafür ist offenbar ein Phänomen, das
bei einem unterschiedlich schnell rotierenden Plasma in Gegenwart magnetischer
Felder auftreten kann: Benachbarte Plasmaschichten "reiben" aneinander und
werden in Turbulenz versetzt. Durch diese sogenannte
Magnetorotationsinstabilität können bereits vorhandene Magnetfelder enorm
verstärkt werden.
Aus anderen astrophysikalischen Systemen – wie etwa Akkretionsscheiben und
Kernkollaps-Supernovae – ist dieser Mechanismus wohl bekannt. Bereits seit
längerer Zeit wird darüber spekuliert, dass magnetohydrodynamische
Instabilitäten, die im Innern des hypermassiven Neutronensterns entstehen, für
die nötige Verstärkung der Magnetfelder sorgen, der tatsächliche Nachweis gelang
jedoch erst mit den jetzt veröffentlichten numerischen Simulationen.
Die Wissenschaftler aus der Gruppe "Gravitationswellenmodellierung" am AEI
simulierten dabei einen hypermassiven Neutronenstern mit einem anfangs
geordneten Magnetfeld, dessen Struktur durch die Rotation des Sterns nach und
nach immer komplexer wird. Da der Stern dynamisch instabil ist, kollabiert er
schließlich zu einem Schwarzen Loch, das zunächst von einer Materiewolke umgeben
ist, bis diese ins Schwarze Loch hineingesogen wird.
Die Simulationen zeigen eindeutig einen exponentiell schnellen
Verstärkungsmechanismus im Innern des Sterns - die Magnetorotationsinstabilität.
Unter den extremen Bedingungen ultrastarker Gravitation, wie sie im Innern eines
hypermassiven Neutronensterns zu finden sind, war es bislang nicht gelungen
diesen Mechanismus zweifelsfrei nachzuweisen. Das hängt damit zusammen, dass die
Simulation der physikalischen Gegebenheiten im Innern dieser Sterne extrem
anspruchsvoll ist.
Die Entdeckung ist aus mindestens zwei Gründen interessant: zum einen konnte
zum ersten Mal eindeutig die Entwicklung der Magnetorotationsinstabilität im
Geltungsbereich von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie gezeigt werden.
Bislang gibt es keine analytische Theorie, die darüber Vorhersagen macht. Zum
anderen kann dieses Ergebnis wichtige Auswirkungen auf die Astrophysik haben,
denn dadurch wird die These gestützt, dass ultrastarke Magnetfelder eine
Schlüsselrolle spielen, wenn man verstehen will, woher die Riesenmengen Energie
bei kurzen Gammastrahlblitzen kommen.
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