Der Spin von Schwarzen Löchern
von Stefan Deiters astronews.com
30. Juli 2013
Astronomen haben ein neues Verfahren ausprobiert, um den
Spin von supermassereichen Schwarzen Löchern zu bestimmen. Die Methode basiert
auf der Messung der Entfernung der Akkretionsscheibe vom Schwarzen Loch. Von den
Ergebnissen erhoffen sich die Wissenschaftler ein besseres Verständnis über die
Wechselwirkungen zwischen zentralen Schwarzen Löchern und ihren Wirtsgalaxien.

Künstlerische Darstellung eines
supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum
einer Galaxie.
Bild:
NASA/JPL-Caltech |
Die Astronomen der Durham University beobachteten für ihre Untersuchung ein
supermassereiches Schwarzes Loch mit der zehnmillionenfachen Masse unserer Sonne
im Zentrum einer rund 500 Millionen Lichtjahre entfernten Spiralgalaxie. Bei dem
System handelte es sich um eine aktive Galaxie, das supermassereiche Schwarze
Loch verschlingt also gerade mit einer vergleichsweise hohen Rate Material und
wächst dadurch weiter an.
Bevor das Material jedoch auf Nimmerwiedersehen in dem Schwarzen Loch
verschwindet, sammelt es sich in einer rotierenden Scheibe um das Loch, der
sogenannten Akkretionsscheibe. Das
Material der Scheibe heizt sich auf extreme Temperaturen auf und sendet deshalb
eine intensive Strahlung aus, unter anderem im Röntgenbereich. Die Beobachtungen
mit dem Röntgen-Weltraumteleskop XMM-Newton der europäischen Weltraumagentur ESA
erlaubten den Astronomen jetzt, den Abstand der Scheibe vom Schwarzen Loch zu
bestimmen.
Eigentlich waren die Forscher jedoch am Spin des Schwarzen Loch interessiert,
also an der Drehung des Objekts um die eigene Achse. Der Abstand der Scheibe
aber, so die Astronomen, hänge genau von diesem Spin ab - je schneller sich das
Schwarze Loch dreht, desto näher würde es die Scheibe an sich heranziehen. Die
Messung der Entfernung der Scheibe zum Schwarzen Loch ermöglicht somit eine
Abschätzung des Spins.
Die Forscher hoffen, dass sie durch diese Messung auch ein besseres
Verständnis dafür bekommen, wie das Wachstum Schwarzer Löcher und das Wachstum
ihrer Wirtsgalaxien sich gegenseitig beeinflussen. Durch intensive
Partikelströme, die aus unmittelbarer Umgebung von aktiven supermassereichen
Schwarzen Löchern in die umgebende Galaxie schießen, kann nämlich ein Abkühlen
von Gas in der Galaxie verhindert und damit die Entstehung von Sternen unmöglich gemacht werden
- und dies auch noch in großer Entfernung vom Zentrum.
Wie genau diese gebündelten Teilchenströme, sogenannte kosmische Jets,
entstehen, wissen die Astronomen nicht. Man vermutet aber, dass der Spin des
supermassereichen Schwarzen Lochs bei ihrer Entstehung eine Rolle spielt. Nur ist
dieser sehr schwer zu messen, da er nur einen Einfluss auf Material in
unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs ausübt. Das neue Verfahren, das jetzt bei
einem bestimmten Typ von aktiver Galaxie erfolgreich erprobt wurde, könnte helfen, ein wenig
mehr über Schwarze Löcher und ihren Spin zu erfahren.
"Wir wissen, dass es eine Verbindung der Schwarzen Löcher im Zentrum von
jeder Galaxie und der gesamten Galaxie gibt, was eigentlich sehr eigenartig ist,
weil Schwarze Löcher im Vergleich zur Ausdehnung der Galaxie winzig sind", so
Professor Chris Done von der Durham University. "Das ist ähnlich
wie
ein Felsenbrocken mit einem Durchmesser von zehn Metern, der etwas beeinflusst, was so groß wie die Erde ist."
Das Verständnis, welche Verbindung es zwischen den Sternen einer Galaxie und
dem Wachstum des Schwarzen Lochs im Zentrum gibt, sei der Schlüssel zum
Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Galaxien im Verlauf der Geschichte des
Universums, so die Astronomin.
"Wenn sich ein Schwarzes Loch dreht, zerrt es auch Raum und Zeit mit
sich und
zieht so die Akkretionsscheibe, die das Futter für das Schwarze Loch enthält,
näher an sich heran. Dadurch dreht sich das Schwarze Loch schneller - ein wenig
wie ein Eiskunstläufer, der eine Pirouette macht", erklärt Done. "Durch die
Messung des Abstands zwischen Schwarzem Loch und Akkretionsscheibe glauben wir,
den Spin von Schwarzen Löchern besser messen zu können." Es seien allerdings
noch weitere Untersuchungen nötig, um den Einfluss einer ungenauen
Massenbestimmung des Schwarzen Lochs
auf die Ergebnisse besser einschätzen zu können.
Über ihre Untersuchungen berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erscheint.
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