Stammt unser Gold von kollidierenden Sternen?
von Stefan Deiters astronews.com
31. Juli 2013
Anfang Juni beobachteten Astronomen einen kurzen
Gammastrahlenblitz, der sehr wahrscheinlich durch die Kollision zweier
Neutronensterne ausgelöst wurde. Dabei entstanden schwere Elemente, die sich
nicht auf normalem Wege im Inneren von Sternen bilden, darunter auch Gold. Die
Untersuchung ergab sogar, dass das gesamte Gold im Universum durch solche
Kollisionen entstanden sein könnte.

So stellt sich ein Künstler die Kollision von
zwei Neutronensternen vor.
Bild:
Dana Berry, SkyWorks
Digital, Inc. |
Gold ist bis heute ein Element, das mit Reichtum und Wohlstand in Verbindung
gebracht wird. Es ist auf der Erde vergleichsweise selten und auch im Universum
nicht häufig anzutreffen. Im Gegensatz zu Elementen wie Kohlenstoff oder Eisen
kann Gold nicht im Inneren von Sternen entstehen, sondern bildet sich bei
deutlich energiereicheren Ereignissen, wie etwa bei der Explosion von Sternen.
Die Folgen einer solchen Explosion konnten Astronomen Anfang Juni in Form
eines plötzlichen kurzen Ausbruchs von Gammastrahlung, eines sogenannten
Gamma-ray Bursts beobachten. Dieser entstand, das ergab die anschließende
Analyse der Daten, durch die Kollision zweier Neutronensterne. Neutronensterne
sind die kompakten Reste, die von massereichen Sternen nach einer
Supernova-Explosion zurückbleiben können.
Ein eigentümliches Leuchten, dass noch Tage nach der Beobachtung des
Bursts an dessen Ort zu sehen war, könnte zudem darauf hindeuten, dass bei
der Kollision größere Mengen an schwereren Elementen entstanden, darunter auch
Gold. "Wir schätzen, dass bei der Verschmelzung der beiden Neutronensterne Gold
mit etwa der zehnfachen Masse unseres Mondes produziert und ins All
geschleudert wurde", erläutert Edo Berger vom Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics. "Das ist ganz schön viel funkelndes Zeug."
Die Ursache von Gamma-ray Bursts, die man überall am Himmel
beobachtet, war den Astronomen lange Zeit ein Rätsel. Inzwischen glaubt man,
dass es sich um extrem energiereiche Explosionen in meist sehr großer Entfernung
handelt. Man unterscheidet, je nach Dauer des Bursts, zwischen kurzen
und langen Gamma-ray Bursts.
Der von Berger und seinem Team beobachtete Burst wurde mit dem
NASA-Satelliten Swift am 3. Juni 2013 registriert. Dieser Burst
mit der Bezeichnung GRB 130603B dauerte weniger als zwei Zehntel einer Sekunde
und zählt damit zu den kurzen Bursts. Mit einer geschätzten Entfernung von 3,9
Milliarden Lichtjahren ist er zudem einer der uns am nächsten gelegenen
Gamma-ray Bursts.
Am Ort des Brusts war nach dem Ereignis vor allem im Infraroten eine Art
Nachglühen zu beobachten, das nur allmählich schwächer wurde. Es sah anders aus
als das Nachglühen, das normalerweise nach Gamma-ray Bursts zu sehen
ist und das durch einen Strom von Partikeln entsteht, der mit hoher
Geschwindigkeit auf Material in der Umgebung trifft.
Das Nachglühen von GRB 130603B erinnerte eher an das Glimmen exotischer
radioaktiver Elemente. Und genau solche Elemente könnten in dem neutronenreichen
Material auch entstehen, das durch eine Kollision zweier Neutronensterne ins All
geschleudert werden sollte. Bei diesen Elementen würde es dann zu einem
radioaktiven Zerfall kommen, dessen Leuchten vor allem im Infraroten zu
beobachten wäre - es sähe also genau so aus wie nach GRB 130603B.
"Wir haben nach einem schlagenden Beweis gesucht, um kurze Gamma-ray
Bursts mit der Kollision von Neutronensternen in Verbindung zu bringen", so
Wen-fai Fong vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. "Das
radioaktive Leuchten von GRB 130603B könnte genau dieser Beweis sein."
Die Astronomen haben berechnet, dass während des Bursts etwa eine Masse, die
einem Hundertsten Teil der Masse unserer Sonne entspricht, ins All geschleudert
wurde, darunter auch Gold. Sie schätzten dann die Menge an Gold ab, die bei
einem einzelnen kurzen Gamma-ray Burst entsteht und multiplizierten
diesen Wert mit der vermuteten Anzahl aller derartiger Gamma-ray Bursts,
die sich in der gesamten Geschichte des Universums ereignet haben. Das Ergebnis
war verblüffend: Das gesamte Gold im Weltall könnte allein von solchen
Gamma-ray
Bursts stammen.
"Um es mit Carl Sagan zu sagen: Wir sind alle aus Sternenstaub gemacht - und
unser Schmuck aus dem Staub kollidierender Sterne", so Berger. Der Astronom
hatte die Resultate, die auch zur Veröffentlichung in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal eingereicht wurden, Mitte Juli auf einer
Pressekonferenz am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics
vorgestellt.
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