Planetentransit im Röntgenlicht beobachtet
von Stefan Deiters astronews.com
30. Juli 2013
Astronomen ist es erstmals gelungen, den Transit eines
extrasolaren Planeten im Röntgenbereich zu beobachten. Die Weltraumteleskope
Chandra und XMM-Newton konnten verfolgen, wie die Röntgenabstrahlung des Sterns
HD 189733 kurzzeitig zurückging, als ein heißer Jupiter vor der Scheibe des
Sterns vorüberzog. Von den Beobachtungen erhoffen sich die Forscher neue
Informationen über die ferne Welt.
Der Planet HD 189733b vor seinem
Zentralstern in einer künstlerischen Darstellung. Oben rechts die
Röntgenbeobachtungen von Chandra: Zu sehen sind
HD 189733 (Mitte) und unten rechts sein stellarer
Begleiter. Die Quelle unten gehört nicht zum
System.
Bild:
NASA / CXC / SAO / K. Poppenhaeger et al. (Chandra),
NASA / CXC / M. Weiss (Illustration) [Großansicht] |
Extrasolare Planeten kennt man schon seit vielen Jahren und seit der
erfolgreichen Mission des Weltraumteleskops Kepler sind auch unzählige Transits von fernen
Welten vor ihrer Sonne bekannt. Bei einem Transit wandert der Planet - von der
Erde aus betrachtet - direkt vor seinem Stern vorüber und sorgt dadurch für
einen kurzzeitigen Rückgang von dessen Helligkeit. Bislang wurden solche
Transits nur im sichtbaren Bereich des Lichts beobachtet. Nun ist Astronomen
dies erstmals auch im Röntgenbereich gelungen.
Den beiden Röntgen-Weltraumteleskopen Chandra der amerikanischen
Weltraumbehörde NASA und XMM-Newton der europäischen Weltraumagentur ESA
gelangen jetzt entsprechende Beobachtungen beim Planeten HD 189733b. Zu sehen
war, wie die Intensität der Röntgenstrahlung des Sterns ein wenig zurückging,
als der Planet vor dem Stern vorüberzog.
HD 189733b ist nur 63 Lichtjahre von der Erde entfernt und damit der uns am nächsten
gelegene extrasolare Planet, bei dem sich ein Transit beobachten lässt. Die
ferne Welt war daher schon wiederholt Ziel von Beobachtungskampagnen (astronews.com
berichtete). Erst Mitte dieses Monats wurde eine auf Beobachtungen des
Weltraumteleskops Hubble basierende Analyse über die Farbe des Planeten
veröffentlicht.
"Die Transits von Tausenden von Planetenkandidaten wurden schon im sichtbaren
Bereich des Lichts beobachtet", so Katja Poppenhaeger vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen Cambridge,
die die Untersuchung leitete. "Jetzt einen Transit auch im Röntgenbereich
untersuchen zu können ist wichtig, weil man auf diese Weise neue Informationen
über den Exoplaneten erhält." Mit Chandra wurden insgesamt sechs Transits
beobachtet, mit XMM-Newton einer.
HD 189733b ist ein sogenannter heißer Jupiter. Er dürfte also von Größe und
Zusammensetzung dem Gasriesen Jupiter in unserem Sonnensystem ähneln, befindet
sich jedoch in einer sehr engen Umlaufbahn um seine Sonne. HD 189733b ist seinem
Stern rund zwanzig Mal näher als die Erde der Sonne. Für einen Umlauf benötigt
HD 189733b 2,2 Tage.
Die Röntgenbeobachtungen liefern nun neue Hinweise auf die Ausdehnung der
Atmosphäre des Planeten. Die Wissenschaftler konnte nämlich feststellen, dass
der Rückgang der Helligkeit im Röntgenbereich während des Transits etwa drei Mal
stärker war als der im sichtbaren Bereich des Lichts. "Die Röntgendaten deuten
darauf hin, dass es eine äußere Atmosphärenschicht des Planeten gibt, die für
Licht durchsichtig ist, aber nicht für Röntgenstrahlen", erklärt Teammitglied
Jürgen Schmitt von der Hamburger Sternwarte. "Wir benötigen allerdings noch mehr
Daten, um wirklich sicher sein zu können."
Außerdem interessierten sich die Astronomen für die Wechselwirkungen zwischen
Stern und Planet: So sollte intensive Strahlung des nahen Sterns die Atmosphäre
von HD 189733b allmählich verdampfen. Die Wissenschaftler schätzen, dass dem
Planeten auf diese Weise in jeder Sekunde zwischen 100 Millionen und 600
Millionen Kilogramm an Masse verlorengehen.
Die Atmosphäre scheint sich um 25 bis
65 Prozent schneller aufzulösen, als es mit einer kompakteren Atmosphäre zu
erwarten gewesen wäre. "Die ausgedehnte Atmosphäre bietet der hochenergetischen
Strahlung des Sterns eine größere Angriffsfläche, dadurch verdampft mehr",
erklärt Teammitglied Scott Wolk vom Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics.
Der Zentralstern HD 189733 verfügt noch über einen stellaren Begleiter, der
mit Chandra erstmals im Röntgenbereich beobachtet werden konnte. Beide Sterne
dürften etwa zur gleichen Zeit entstanden sein, doch wirkt HD 189733 etwa drei
bis dreieinhalb Milliarden Jahre jünger als sein Geschwisterstern: Er rotiert
schneller, ist magnetisch deutlich aktiver und hat eine 30-fach höhere
Röntgenhelligkeit.
"Dieser Stern verhält sich nicht seinem Alter entsprechend", urteilt auch
Poppenhaeger. "Eine Erklärung dafür könnte der große Planet in unmittelbarer
Nähe sein. Es wäre möglich, dass der heiße Jupiter durch seine Gezeitenkräfte
die Rotation und magnetische Aktivität des Sterns auf einem höheren Niveau hält,
so dass sich der Stern wie ein deutlich jüngerer Stern gibt."
Die Astronomen berichten über ihre Beobachtungen in einem Fachartikel in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal, der Mitte August erscheinen wird.
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