Erster Blick in die Sonnenatmosphäre
von Stefan Deiters astronews.com
29. Juli 2013
Ende Juni startete die NASA mit dem Interface Region
Imaging Spectrograph (IRIS) ein kleines Sonnenteleskop, das insbesondere
die unteren Schichten der Atmosphäre unseres Zentralsterns untersuchen soll.
Mitte Juli wurde das Teleskop erstmals geöffnet. Die ersten Bilder, die IRIS
anschließend zur Erde funkte, begeisterten die Astronomen.
Blick in die Übergangsregion der Sonne mit
IRIS (Bild oben). Unten im Vergleich dazu eine
Aufnahme der gleichen Region mit dem Solar
Dynamics Observatory.
Bild: NASA / SDO / IRIS |
Es ist wohl einer der spannendsten Momente bei der Entwicklung und
Inbetriebnahme eines neuen Teleskops, wenn nach jahrelangen Vorarbeiten erstmals
Beobachtungen gemacht werden sollen. Für das Team des Interface Region
Imaging Spectrograph (IRIS), eines kleinen Weltraumteleskops zur
Beobachtung der unteren Atmosphärenschichten der Sonne, war es Mitte Juli
soweit: Die Abdeckung des Teleskops wurde geöffnet, IRIS warf einen ersten Blick
auf die Sonne und die Wissenschaftler waren begeistert.
"Diese wunderschönen Bilder von IRIS werden uns helfen, die Vorgänge in der
unteren Atmosphäre der Sonne, die für viele energiereiche Ereignisse rund um die
Sonne verantwortlich sind, besser zu verstehen", freute sich Adrian Daw, der
Missionswissenschaftler für IRIS am Goddard Space Flight Center der
NASA. "Jedes Mal, wenn man sich etwas noch detaillierter anschauen kann als
zuvor, öffnet sich eine Tür zu einem besseren Verständnis. Und möglicherweise
gibt es dabei auch einige Überraschungen."
Die ersten Bilder, die nach Öffnen des Teleskops am 17. Juli 2013 zur Erde
gefunkt wurden, zeigten eine Vielzahl von dünnen faserähnlichen Strukturen, die
man zuvor noch nie gesehen hatte. Gleichzeitig waren gewaltige Unterschiede in
Dichte und Temperatur in der beobachteten Region zu erkennen, sogar zwischen
Bögen, die nur einige Hundert Kilometer voneinander entfernt waren. Auch
Bereiche, die nur kurzzeitig aufleuchteten, waren zu sehen. Sie könnten etwas
darüber verraten, wie Energie in dieser Region transportiert und absorbiert
wird.
Die feinen Strukturen in dieser Region sind vor allem deswegen interessant,
weil sie den Wissenschaftlern etwas über die Vorgänge bei der Aufheizung der
Sonnenatmosphäre verraten dürften. Die Energie, die diesen von IRIS beobachteten
Bereich durchläuft, sollte für die gewaltigen Temperaturen in der oberen
Sonnenatmosphäre, der Korona, verantwortlich sein, die über Tausend Mal heißer
ist als die sichtbare Sonnenoberfläche.
IRIS ist eine Small-Explorer-Mission der amerikanischen
Raumfahrtbehörde NASA und wurde am 28. Juni 2013 gestartet. Im Rahmen solcher
Missionen sollen mit einem relativ geringen finanziellen Aufwand sehr
spezifische wissenschaftliche Fragestellungen untersucht werden. So ist auch
IRIS speziell auf die Untersuchung der sogenannten Übergangsregion zwischen
Chromosphäre, also der sichtbaren Sonnenoberfläche, und der Korona ausgelegt.
IRIS verfügt über nur ein Instrument, mit dem diese Übergangsregion jedoch
gründlicher untersucht werden kann, als jemals zuvor. Es besteht aus einem
Ultraviolett-Teleskop und einem Spektrographen, der den Forschern mehr über
Geschwindigkeit, Temperatur und Dichte des dortigen Plasmas verrät. Mit dem
Teleskop kann jeweils rund ein Prozent der Sonnenoberfläche beobachtet werden.
Erkennbar sind dabei bereits Strukturen ab einem Durchmesser von etwa 240
Kilometern.
"Die Qualität der Bilder und Spektren, die wir von IRIS empfangen, ist
wirklich begeisternd", meint auch Alan Title vom Lockheed Martin Advanced
Technology Center Solar and Astrophysics Laboratory, der verantwortliche
Wissenschaftler für IRIS. "Das ist genau das, was wir uns erhofft hatten. Wir
haben nun jede Menge Arbeit vor uns, um das zu verstehen, was wir sehen, doch
die Qualität der Daten wird uns genau das ermöglichen."
Die IRIS-Mission, von der sich die Wissenschaftler auch neue Erkenntnisse
über die Entstehung des sogenannten Weltraumwetters erhoffen, ist auf zwei Jahre
ausgelegt. Das Teleskop umrundet die Erde in einem Abstand von 620 bis 670
Kilometern auf einer Bahn, die es fast direkt über die Pole führt. Von hier aus
lässt sich die Sonne acht Monate pro Jahr ununterbrochen beobachten.
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