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ALMA
Die Schneelinie in einem jungen Planetensystem
von Stefan Deiters
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22. Juli 2013

Astronomen ist es mithilfe des Radioteleskopverbunds ALMA erstmals gelungen, die sogenannte Schneelinie in einem jungen entfernten Planetensystem zu bestimmen. Sie erhoffen sich davon neue Erkenntnisse über die Entstehung und Entwicklung von Planeten. Die Schneelinie bezeichnet die Grenze um einen Stern, ab der Eis vorkommen kann.

TW Hydrae

Die Schneelinie für Kohlenmonoxid um den Stern TW Hydrae ist in dieser Grafik durch den Übergang von Blau zu Grün dargestellt. Bild: B. Saxton & A. Angelich / NRAO / AUI /NSF/ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

Die sogenannte Schneelinie spielt für die Entstehung und Entwicklung von Planeten und anderen Objekten um junge Sterne und auch für deren Zusammensetzung eine bedeutende Rolle. Die Linie beschreibt nämlich die Grenze, ab der es in dem System Eis geben kann. In unmittelbarer Nähe um den jungen Stern ist es dafür zu heiß. Je weiter man sich jedoch vom Zentralstern entfernt, desto kühler wird es, so dass sich erst Eis aus Wasser und in größerem Abstand auch Eis aus Kohlendioxid, Methan oder Kohlenmonoxid bilden kann.

Dieses Eis überzieht die Staubkörner in diesen Regionen, so dass die Partikel bei Kollisionen nicht mehr so schnell auseinanderbrechen, sondern eher zusammenkleben. Sie können so langsam zu Planetenkeimen oder Kometenkernen heranwachsen. Das Eis sorgt auch für einen höheren Anteil an festem Material, was zu einer dramatischen Beschleunigung des Planetenbildungsprozesses führen kann.

Die Schneelinien der verschiedenen Eistypen könnten mit der Entstehung unterschiedlicher Planetenarten in Verbindung stehen. Im Sonnensystem liegt die Schneelinie für Wasser zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter, die für Kohlenmonoxid-Eis in etwa in der Region der Neptunbahn.

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Mithilfe des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) ist es Astronomen nun erstmals gelungen, die Schneelinie für Kohlenmonoxid-Eis um TW Hydrae zu bestimmen, einem jungen Stern in rund 175 Lichtjahren Entfernung. Dieses junge Sternsystem dürfte nach Ansicht der Astronomen in etwa der Situation in unserem Sonnensystem in den ersten Millionen Jahren nach seiner Entstehung entsprechen.

"Dank ALMA haben wir jetzt das erste echte Bild einer Schneelinie um einen jungen Stern", freut sich Chunhua "Charlie" Qi vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen Cambridge. "Das ist sehr aufregend, weil es uns einen Einblick in die sehr frühe Phase unseres Sonnensystems bietet. Wir können nun zuvor nicht sichtbare Details  der gefrorenen äußeren Bereiche eines anderen Planetensystems beobachten, das dem unsrigen gleicht."

Die Kohlenmonoxid-Schneelinie könnte aber nicht nur für die Planetenentstehung von Bedeutung sein. Kohlenmonoxid wird nämlich auch für die Bildung von Methanol benötigt, das wiederum ein Baustein für die Entstehung komplexerer organischer Moleküle ist, die als unerlässlich für die Entstehung von Leben gelten. Kometen könnten diese Moleküle dann ins Innere des jungen Sonnensystems transportieren und den sich dort gerade bildenden erdähnlichen Planeten auf diese Weise die Zutaten für die Entstehung von Leben liefern.

Die Entdeckung von Schneelinien um junge Sonnen ist gar nicht einfach, da sie sich nur in der dünnen protoplanetaren Scheibe rund um die Sterne ausbilden. Auch diesmal gelang der Fund nur dank eines Tricks. Die Astronomen suchten nämlich mit ALMA nach einem als Diazenyl (N2H+) bekannten Molekül, das sich bei Beobachtungen im Millimeterbereich des Spektrums deutlich bemerkbar macht. Es wird durch vorhandenes Kohlenmonoxidgas schnell zerstört, sollte sich also erst in Regionen nachweisen lassen, in denen dieses Gas bereits gefroren ist.

Den Astronomen gelang es auf diese Weise die Schneelinie für Kohlenmonoxid auf eine Entfernung von rund 30 Astronomischen Einheiten (entsprechend der 30-fachen Entfernung der Erde von der Sonne) zu bestimmen. Dies stimmt gut mit den theoretischen Vorhersagen überein.

"Für die Beobachtungen haben wir nur 26 der 66 Antennen verwendet", so Michiel Hogerheijde von der Sternwarte im niederländischen Leiden. "Es gibt inzwischen schon Hinweise auf Schneelinien um andere Sterne und wir sind uns sicher, dass bei Verwendung des gesamten Verbundes viele weitere entdeckt werden, womit wir zusätzliche faszinierende Einblicke in die Entstehung und Entwicklung von Planeten bekommen. Wir müssen nur abwarten."

Über ihre Beobachtungen berichteten die Astronomen Ende der vergangenen Woche in Science Express.  

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siehe auch
Hubble: Ein entstehender Planet um TW Hydrae? - 14. Juni 2013
Herschel: Planetenentstehung noch später als gedacht? - 31. Januar 2013
Herschel: Große Wassermengen in protoplanetarer Scheibe - 21. Oktober 2011
Extrasolare Planeten: Jüngster Exoplanet entdeckt - 3. Januar 2008
Ferne Welten - die astronews.com Berichterstattung über die Suche nach extrasolaren Planeten
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