Gezeitenkräfte stoppen Wanderung
von Stefan Deiters astronews.com
10. Juni 2013
Heiße Jupiter gehören zu den exotischsten Planeten, die man
bislang um andere Sterne entdeckt hat. Diese Gasriesen umkreisen ihre Sonnen in
einem äußerst geringem Abstand, dürften allerdings in deutlich größerer
Entfernung entstanden sein. Trotzdem konnten sie ihre Wanderung ins Innere des
Systems stoppen, bevor sie in ihre Sonne stürzten. Eine neue Studie
zeigt jetzt warum.

Eine Analyse von Kepler-Daten zeigte nun, was
die Wanderung von Gasriesen ins Innere ihres
Systems stoppt. Bild:
NASA/JPL-Caltech |
"Alle heißen Jupiter nähern sich immer weiter an ihren Stern an, doch in
unserer Studie konnten wir zeigen, dass dieser Prozess zum Stillstand kommt,
bevor die Planeten sich zu weit annähern", erklärt Peter Plavchan vom Exoplanet
Science Institute der NASA am California Institute of Technology. "Die Planeten
stabilisieren sich weitgehend, sobald sie einen kreisförmigen Orbit erreicht
haben. Sie umkreisen ihren Stern dann alle paar Tage."
Mit ihrer Untersuchung, die unlängst in der Fachzeitschrift The Astrophysical
Journal veröffentlicht wurde, konnten die Astronomen erstmals zeigen, wie die
ständige Annäherung der heißen Jupiter an ihren Stern gestoppt wird: Durch die
Gezeitenkräfte zwischen Stern und Planet wird die Umlaufbahn des Gasriesen immer
kreisförmiger. Ist dann ein kreisförmiger Orbit erreicht, stoppt die
Wanderung der Planeten ins Innere des Systems.
Die Existenz von Gasriesen, die in äußerst geringer Entfernung um ihre Sonne
kreisen, ist den Astronomen erst seit der Entdeckung von Planeten um andere
Sterne bekannt. Diese Planeten gehörten nämlich anfangs zu den am häufigsten
entdeckten extrasolaren Welten. Das muss nicht bedeuten, dass sie tatsächlich
so zahlreich sind. Sie ließen sich nur aufgrund ihrer Masse und ihrer engen
Umlaufbahn besonders gut mit dem zur Planetensuche verwendeten Verfahren
aufspüren.
Bei heißen Jupitern handelt es sich um Gasplaneten, die eine ähnlich große Masse haben wie
Jupiter oder gar noch massereicher sind. Ihren Zentralstern umrunden sie aber auf einer Bahn, die in unserem Sonnensystem noch weit innerhalb der Merkurbahn liegen
würde. Allerdings müssen diese heißen Jupiter in deutlich größerem Abstand von
ihrer Sonne entstanden und anschließend ins Innere des Systems gewandert sein.
"Als nur einige wenige heiße Jupiter bekannt waren, konnten ganz verschiedene
Modelle die Beobachtungen erklären", erläutert Jack Lissauer,
Kepler-Wissenschaftler am Ames Research Center der NASA, der
an der Studie
nicht beteiligt war. "Durch das Erkennen von Trends in verschiedenen
Populationen dieser Planeten wird nun deutlich, dass Gezeitenkräfte, zusammen mit
dem gravitativen Einfluss von oft unsichtbaren anderen Planeten oder Sternen,
diese Riesenplaneten sehr nahe an ihren Stern bringen können."
Die neue Studie zeigt, wieso die Wandung eines Gasriesen ins Innere des
Systems plötzlich zum Halten kommt. Zuvor hatten die Astronomen ganz
unterschiedliche Prozesse dafür verantwortlich gemacht. So hatte man beispielsweise das Magnetfeld
des Zentralsterns in Verdacht oder vermutete, dass das Erreichen des Rands des
staubigen Bereichs der Scheibe aus Material rund um die gerade entstandene Sonne
ein Rolle spielen könnte. Als korrekt erwies sich dann aber das Modell,
nach dem die Wanderung in dem Moment aufhört, in dem die Bahnen der heißen
Jupiter durch die Gezeitenkräfte exakt kreisförmig geworden sind.
Um herauszufinden, welche der diskutierten Theorien nun tatsächlich zutreffend
ist, schauten sich die Astronomen 126 bestätigte Planeten und über 2.300
Planetenkandidaten an, wobei die meisten der Kandidaten mithilfe des
Weltraumteleskopes Kepler aufgespürt wurden. Von besonderem Interesse dabei war
für die Forscher, wie sich die durchschnittliche Entfernung der heißen Jupiter in Bezug auf die Masse
des Zentralsterns verhielt. Über diesen Sachverhalt machten nämlich die
verschiedenen Theorien ganz unterschiedliche Aussagen.
So sagte beispielsweise das Gezeitenkräfte-Modell voraus, dass heiße Jupiter
um massereichere Sterne in der Regel in weiteren Bahnen um ihre Sonnen kreisen
sollten - eine Vorhersage, die die Astronomen in den Daten tatsächlich auch
erkennen konnten. So ist zumindest ein Teil des Rätsels um die Wanderung der
Gasriesen gelöst. Allerdings bleibt das Thema spannend: So dürften nämlich die
Riesenplaneten auf dem Weg ins Innere ihres Systems häufig kleinere Planeten aus
ihrer Bahn werfen und damit eventuell verhindern, dass sich auf diesen,
möglicherweise zunächst erdähnlichen Welten, Leben entwickeln kann.
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