Gelungener Start zur ISS
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
6. Juni 2013
Der vierte europäische Raumfrachter, das ATV Albert
Einstein, ist gestern am späten Abend an Bord einer Trägerrakete vom Typ
Ariane 5 zur Internationalen Raumstation ISS gestartet und soll am
Samstag kommender Woche automatisch an die ISS andocken. Mit einem speziellen
Kamerasystem haben Techniker des DLR versucht, kritische Phasen des Starts in 3D
aufzuzeichnen.

Start des ATV-4
Albert Einstein gestern Abend in Kourou.
Foto: Thilo Kranz / DLR |
Acht Tage nach dem Start der Mission "Volare" mit dem ESA-Astronauten Luca
Parmitano hat die europäische Weltraumagentur ESA ihr viertes
ATV-Versorgungsraumschiff auf den Weg zur Internationalen Raumstation gebracht:
Gestern um 23.52 Uhr MESZ ist das ATV-4 "Albert Einstein" an Bord einer
Ariane-5ES-Trägerrakete vom ESA-Raumfahrtzentrum in Französisch-Guayana zur
ISS gestartet. Der Raumtransporter wurde in Deutschland gebaut, genau wie ein
3D-Kamerasystem, das erstmals seit 2006 den Start einer Ariane 5 und
die Separation des ATV von Bord der Rakete aus dokumentieren soll.
Verborgen unter der Verkleidung der Ariane 5 befindet sich der wohl
wichtigste Teil von Sterex (Stereo-Experiment): die beiden
Videokameras, die die Separation von ATV-4 im Stereomodus aufnehmen und damit
zum ersten Mal 3D-Bilder vom Aussetzen einer Nutzlast im Weltraum aufzeichnen
sollen. Die an Bord der Trägerrakete gespeicherten Videodaten werden zur
Bodenstation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Weilheim
gesendet.
"Rund acht Stunden nach dem Start wollen wir diese Daten so aufbereitet
haben, dass sie zunächst in einem 2D-Video, später dann auch in 3D zu sehen
sind", berichtet Thomas Ruwwe, Sterex-Projektleiter im DLR
Raumfahrtmanagement in Bonn. Den ATV-4-Start und den Einsatz des Kamerasystems
verfolgt der Ingenieur vom Raumfahrtzentrum der ESA in Kourou aus. Alle Tests
sind gut verlaufen, trotzdem liegt bei so einer Premiere bis zuletzt Spannung in
der Luft. Denn die Erwartungen sind hoch: "Wir versprechen uns von den Bildern
aus dieser neuen Perspektive, die dynamischen Abläufe bis zur Trennung des ATV
von der Ariane noch besser zu verstehen und analysieren zu können",
erklärt Ruwwe.
Die dritte der insgesamt vier Sterex-Kameras nimmt einen neuartigen
Separationsmechanismus auf, der beim ATV-4-Start erstmals eingesetzt worden ist.
Die vierte Kamera ist an der Außenwand der Ariane 5 angebracht. "Diese
soll den Start, die Separation der Booster und der Hauptstufe sowie das Zünden
der Oberstufe aufnehmen", sagt Ruwwe. Sterex ist ein vom DLR
Raumfahrtmanagement und der europäischen Raumfahrtagentur ESA gefördertes
Projekt, das für den Mitflug an Bord verschiedener Trägerraketen entwickelt
wurde und beim ATV-4-Start zum ersten Mal im Einsatz ist.
Ein Beschleunigungssensor aktiviert das System, die Aufnahmen, die
Speicherung und die Datenübertragung werden automatisch gesteuert. Die Kamera
hat eine maximale Auflösung von 720 mal 576 Pixel (entsprechend der
PAL-Fernsehbilder) und liefert maximal 25 Bilder pro Sekunde. Es sind seit 2006
die ersten Video-Aufnahmen eines Ariane-Starts, die an Bord der Rakete
selbst aufgenommen werden.
Seit 2008 hat sich die ESA mit drei eigenen Raumtransportern - Jules
Verne im Jahr 2008, Johannes Kepler 2011 und Edoardo Amaldi
im vergangenen Jahr - an Versorgungsflügen zur Internationalen Raumstation ISS
beteiligt: Die Automated Transfer Vehicle (ATV) dienen als Frachter,
Lager und Antriebssystem für das 400 Kilometer über der Erde kreisende größte
Forschungslabor im All. "Das nach dem Schweizer Nobelpreisträger benannte ATV-4
soll am 15. Juni die Raumstation erreichen und automatisch am russischen
Swesda-Modul andocken", berichtet Volker Schmid, Leiter der ISS-Fachgruppe
im DLR Raumfahrtmanagement und Koordinator der deutschen ATV-Beiträge.
Diese waren vor allem in der Entwicklungsphase und bei der
Produktionsvorbereitung beachtlich: "Der Anteil deutscher Firmen und
Forschungseinrichtungen, darunter auch das DLR, beträgt bei der Produktion etwa
50 Prozent. An der Entwicklungsphase hat sich Deutschland mit etwa 24 Prozent
der Kosten beteiligt", berichtet der Ingenieur. 30 Unternehmen aus zehn
europäischen Ländern sowie acht Firmen aus Russland und den USA liefern Bauteile
und Komponenten für das mit knapp zehn Metern und gut 20 Tonnen längste,
schwerste und leistungsfähigste Raumfahrzeug, das bislang in Europa gebaut
worden ist.
Vor ATV hat kein Raumfahrzeug dieser Größe und Masse vollautomatisch an die
ISS angedockt. ATV-4 Albert Einstein befördert dabei mehr Trockenfracht
als seine Vorgänger: 2,5 Tonnen Experimente, Ersatzteile, Lebensmittel und
Kleidung für die Besatzung der ISS. "Hinzu kommen insgesamt 4,1 Tonnen
Flüssigkeiten, darunter 100 Kilogramm Sauerstoff, Stickstoff und Luft, 570 Liter
Trinkwasser, etwa 2,6 Tonnen Treibstoff für Bahnkorrekturen der ISS und 870
Kilogramm Treibstoff zum Nachtanken des Swesda-Moduls", ergänzt
DLR-Experte Schmid.
Update (6. Juni 2013, 17.45 Uhr MESZ): Die Premiere von
Sterex ist gelungen. Erste Filmaufnahmen wurden inzwischen auf der Webseite
des DLR veröffentlicht (siehe:
Premiere gelungen - Sterex-Video zeigt Raumtransporter ATV-4 im All auf der
Seite des DLR).
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